BRAK, Mitteilung vom 26.09.2024
Eine Anwältin berief sich darauf, im Homeoffice keine Fristen kontrollieren zu können – diese Entschuldigung half ihr aber nicht.
Bei Erstellung eines fristgebundenen Schriftsatzes müssen Rechtsanwältinnen und -anwälte die von ihren Mitarbeitenden zuvor vorgenommene Fristberechnung auch dann überprüfen, wenn sie im Homeoffice tätig sind und die papiergebundene Handakte dort nicht vorliegt. Dies hat das OLG Dresden klargestellt und einen Antrag auf Wiedereinsetzung wegen des Verschuldens der Anwältin abgelehnt (Beschluss vom 12.08.2024, Az. 4 U 862/24 – Direkte Verlinkung leider nicht möglich. Bitte geben Sie das Aktenzeichen in das Suchformular auf der verlinkten Seite ein.).
Das OLG hat die Berufung eines Klägers gegen eine Berufsunfähigkeitsversicherung (der Streitwert lag bei über 100.000 Euro) wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt, weil die Anwältin das Fristversäumnis zu verschulden habe. Diese hatte sich darauf berufen, dass ihre ansonsten immer zuverlässige Kanzleikraft einen Fehler bei der Fristberechnung gemacht hätte. Den Fehler habe sie nicht bemerkt, da sie im Homeoffice „mit elektronischen Dokumenten“ arbeite, das Empfangsbekenntnis zu dem in Papierform übersandten Urteil des Landgerichts sich jedoch „in der Papierakte“ befunden habe.
Im Homeoffice haben Anwälte dieselben Pflichten wie in der Kanzlei
Diese Entschuldigung half ihr vor dem OLG Dresden nicht. Zwar könne die Anwältin laut ständiger Rechtsprechung die Fristberechnung einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft übertragen. Dies aber nur, sofern sie durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherstellt, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert würden.
Im konkreten Fall hatte die Anwältin die Berechnung unstrittig nicht kontrolliert. Das hätte sie aber tun müssen – auch aus dem Homeoffice. Das OLG führt hierzu aus: Anwältinnen und Anwälte hätten in diesen Fällen dafür Sorge zu tragen, dass ihnen dabei entweder die Papierhandakte vorliegt oder diese in eine elektronische Form übertragen wird, auf die sie auch von auswärts zugreifen können. „Die an den Rechtsanwalt zu stellenden Sorgfaltsanforderungen werden durch die mit dem mobilen Arbeiten verbundene Ortsunabhängigkeit indes in keiner Weise eingeschränkt.“
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer