Arbeitsrecht - 28. April 2021

Antrag auf Zustimmungsersetzung zur außerordentlichen Kündigung zweier Betriebsratsmitglieder sowie die Auflösung des Betriebsrats

ArbG Bremen-Bremerhaven, Pressemitteilung vom 27.04.2021 zu den Beschlüssen 12 BV 1201/21 und 12 BV 1202/21 vom 27.04.2021

Das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat am 27.04.2021 in Bremen in zwei Beschlussverfahren über die Frage entschieden, ob die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung zweier Betriebsratsmitglieder zu ersetzen ist. Zudem ging es um die Frage, ob die beiden Betriebsratsmitglieder aus dem Betriebsrat auszuschließen sind bzw. der Betriebsrat aufzulösen ist.

Beteiligte der Beschlussverfahren waren der Betreiber eines Seniorenwohnheims in Bremen, der in diesem Betrieb gebildete Betriebsrat und die beiden betroffenen Betriebsratsmitglieder.

Die Arbeitgeberin wirft dem Betriebsrat und konkret den beiden betroffenen Betriebsratsmitgliedern vor, in anderen vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht Bremen geführten Verfahren (versuchten) Prozessbetrug im Zusammenhang mit erforderlichen Betriebsratsbeschlüssen zur Verfahrenseinleitung begangen zu haben. Weitere Vorwürfe lauten u. a. auf Arbeitszeitbetrug und unzulässige Gewerkschaftswerbung.

Die erkennende Kammer des Arbeitsgerichts hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Sie hat entschieden, dass die Arbeitgeberin die dem Betriebsrat und den betroffenen Betriebsratsmitgliedern gegenüber erhobenen Vorwürfe nicht ausreichend begründen konnte, um die Zustimmung des Betriebsrats zu den beabsichtigten außerordentlichen Kündigungen gem. § 103 Abs. 1 und 2 BetrVG zu ersetzen. Ein wichtiger Grund gem.

§ 626 Abs. 1 BGB für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigungen war nicht erkennbar. Ebenso vermochte es die Arbeitgeberin nicht, einen groben Verstoß des Betriebsrats bzw. der Betriebsratsmitglieder gegen die Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz gem. § 23 Abs. 1 BetrVG zu begründen. Dieser wäre für den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder aus dem Betriebsrat bzw. für eine Auflösung des Betriebsrats erforderlich gewesen.

Gegen diese Beschlüsse ist das Rechtsmittel der Beschwerde für die Arbeitgeberin zulässig.

Hinweis zur Rechtslage

§ 23 Abs. 1 BetrVG lautet

„Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.“

§ 103 BetrVG lautet auszugsweise

„(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.

(2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.“

§ 626 BGB lautet auszugsweise

„(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Quelle: ArbG Bremen-Bremerhaven