EU-Recht - 6. Oktober 2022

Anpassung der Haftungsvorschriften an das digitale Zeitalter

DATEV Informationsbüro Brüssel, Mitteilung vom 05.10.2022

Am 28.09.2022 hat die EU-Kommission zwei Vorschläge zur Anpassung der Haftungsvorschriften an das digitale Zeitalter präsentiert, zum einen die Novellierung der Produkthaftungsrichtlinie (Richtlinie 85/374 EWG / PLD) und zum anderen eine Richtlinie über Haftung in Bezug auf Künstliche Intelligenz.

Produkthaftungsrichtlinie

Die Novellierung der Produkthaftungsrichtlinie legt gemeinsame Regeln für die Haftung von Herstellern für Schäden fest, die natürlichen Personen durch fehlerhafte Produkte entstehen. Die neue Produkthaftungsrichtlinie wurde im Anwendungsbereich deutlich erweitert und umfasst nun auch Software als Produkt, mit der Ausnahme von Open Source Software. Darüber hinaus können Verbraucher nun zusätzlich zu den bereits bestehenden Schadensersatzansprüchen bei Tod, Körperverletzung oder Sachbeschädigung auch Schadensersatz für den Verlust oder die Beschädigung von Daten verlangen. Der Vorschlag befasst sich jedoch nicht mit anderen Arten von Schäden, wie z. B. dem Schutz der Privatsphäre oder Diskriminierung. Schließlich wird die Beweislast in komplexen Fällen stärker zwischen Geschädigten und Herstellern geteilt. Es gibt jedoch keine Umkehr der Beweislast, da dies die Hersteller deutlich höheren Haftungsrisiken aussetzen würde und Innovationen behindern könnte. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Richtlinie innerhalb von 12 Monaten nach Inkrafttreten umsetzen.

KI-Haftungsrichtlinie

Die Richtlinie legt einheitliche Anforderungen für bestimmte Aspekte der außervertraglichen zivilrechtlichen Haftung für Schäden fest, die durch den Einsatz von KI-Systemen verursacht werden. Der Vorschlag sieht eine Erleichterung der Beweislast durch Offenlegung und Kausalitätsvermutung vor. Die Mitgliedstaaten sollen die Richtlinie innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten umsetzen.

Kausalitätsvermutung: Das Verschulden des Beklagten muss vom Kläger nach den geltenden unionsrechtlichen oder nationalen Vorschriften nachgewiesen werden. Ein solches Verschulden kann z. B. bei der Nichteinhaltung einer Sorgfaltspflicht nach dem AI Act festgestellt werden. Es kann auch vom Gericht vermutet werden, wenn eine gerichtliche Anordnung zur Offenlegung oder Sicherung von Beweisen nicht befolgt wurde.

Zugang zu einschlägigen Beweismitteln: Opfer können bei Gericht beantragen, die Offenlegung von Informationen über Hochrisiko-KI-Systeme anzuordnen. Ausgenommen sind sensibler Informationen wie Geschäftsgeheimnisse.

Nächste Schritte

Der Gesetzgebungsprozess befindet sich bei beiden Richtlinien noch ganz am Anfang. Nun müssen die beiden Mitgesetzgeber, das EU-Parlament und der Rat der EU, jeweils zu einer Position kommen, bevor sie in den sogenannten Trilogverhandlungen einen finalen Kompromiss erarbeiten. Dieser Prozess dauert im Durchschnitt 19 Monate. Mit Änderungen am Kommissionsentwurf ist im Laufe des Prozesses zu rechnen.

Quelle: DATEV eG Informationsbüro Brüssel