Sozialversicherungsrecht - 2. September 2022

An mittelgradiger Schwerhörigkeit beidseits leidender Versicherter hat gegen Krankenkasse keinen Anspruch auf Versorgung mit Lichtsignalanlage

SG Stuttgart, Mitteilung vom August 2022 zum Gerichtsbescheid S 23 KR 4943/20/20 vom 12.04.2022 (rkr)

Ein an einer mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits leidender Versicherter hat gegen seine Krankenkasse keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Lichtsignalanlage (Klingelleuchte für Telefon und Haustür) als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung. So entschied das SG Stuttgart (Gerichtsbescheid vom 12.04.2022 – S 23 KR 4943/20/20, rechtskräftig).

Die Klägerin leidet an einer mittelgradigen Schwerhörigkeit beidseits und ist mit Hörgeräten versorgt. Sie beantragte bei der Beklagten unter Vorlage einer Verordnung ihres Hals-Nasen-Ohrenarztes sowie eines Tonaudiogrammes die Kostenübernahme für eine optische Signalanlage für Telefon, Haustürklingel und Wecker. Die Beklagte lehnte den Antrag ab: Kosten für Lichtsignalanlagen könnten nur bei Taubheit, an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder im begründeten Einzelfall bei hochgradiger Schwerhörigkeit auf dem besseren Ohr übernommen werden. Dies sei nach dem vorgelegten Tonaudiogramm bei der Klägerin nicht der Fall.

Das Gericht hat die Klage nach Befragung des die Klägerin behandelnden Hals-Nasen-Ohrenarztes abgewiesen. Zwar seien Lichtsignalanlagen grundsätzlich zum Ausgleich einer Behinderung geeignet, könne Hörgeschädigten hierdurch doch das selbstständige Wohnen sowie Kommunikation ermöglicht werden; vorliegend fehle es dem Anspruch jedoch an der Erforderlichkeit im Einzelfall.

Gemäß dem Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung könnten die Kosten für Lichtsignalanlagen von der gesetzlichen Krankenversicherung bei Taubheit, an Taubheit grenzender grenzende Schwerhörigkeit sowie im begründeten Einzelfall bei hochgradiger Schwerhörigkeit übernommen werden, wenn akustische Signale (z. B. Türklingel, Babyschreie) nicht ausreichend wahrgenommen werden könnten. Nach Auswertung der vorliegenden Tonaudiogramme bestehe bei der Klägerin indes (lediglich) eine mittelgradige Schwerhörigkeit beidseits, so dass die Indikation für die begehrte Lichtsignalanlage nach dem Hilfsmittelverzeichnis nicht vorliege. Zwar stelle das Verzeichnis der Spitzenverbände für die Gerichte nur eine unverbindliche Auslegungshilfe dar, andererseits biete das Hilfsmittelverzeichnis Anhaltspunkte für eine gleichmäßige Behandlung aller Versicherten und diene daher der Orientierung auch der Gerichte bei ihrer Entscheidungsfindung. Davon, dass die Lichtsignalanlage im vorliegenden Einzelfall trotz deutlich besseren Hörvermögens als im Regelfall ihrer Verordnung erforderlich sein solle, habe sich die Kammer nicht zu überzeugen vermocht.

Quelle: SG Stuttgart