Verbraucherschutz - 14. Dezember 2020

Algorithmusbasierte Vergleiche ohne Produktprüfung dürfen nicht als Test bezeichnet werden

vzbv, Pressemitteilung vom 14.12.2020 zum Urteil 6 U 136/19 des OLG Köln vom 20.10.2020 (nrkr)

Irreführung der Verbraucher auf test.net

  • vzbv klagt erfolgreich gegen den Betreiber der Seite test.net.
  • Testurteile wurden ohne Produktprüfung auf Basis einer statistischen Auswertung der Hersteller- und Händlerangaben vergeben.
  • OLG Köln beanstandet Irreführung der Verbraucher.

Das Oberlandesgericht Köln hat der test.net GmbH untersagt, auf seiner Internetseite angebotene Produktvergleiche als Tests auszugeben, wenn die bewerteten Produkte gar nicht einzeln geprüft wurden. Das Gericht verbot dem Unternehmen außerdem, die Domain test.net für solche algorithmusbasierten Produktvergleiche zu verwenden. Damit gaben die Richter einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) im Wesentlichen statt.

„Produktvergleiche mit wenig Substanz werden im Internet zunehmend als Test getarnt – auch wenn kein einziges der bewerteten Produkte wirklich geprüft wurde“, sagt Kerstin Hoppe, Rechtsreferentin beim vzbv. „Bei den Vergleichen auf test.net handelt es sich nicht um Warentests, sondern im Kern nur um eine statistische Auswertung der Herstellerangaben.“

Bewertung ohne technische Prüfung

Das beklagte Unternehmen hatte unter der Domain test.net Produkttests angeboten, darunter einen Vergleich von Akkuschraubern. Hinter den Bewertungen von „sehr gut“ bis „ausreichend“ steckte allerdings keine aufwendige Prüfung der Geräte, wie man es etwa von der Stiftung Warentest gewohnt ist. Aus den Informationen auf der Internetseite ging vielmehr hervor, dass die Akkuschrauber weder im Labor auf ihre Tauglichkeit getestet noch von Experten unter die Lupe genommen wurden. Stattdessen erfolgte die Bewertung nach einem nur vage erläuterten „test.net Algorithmus“. Dieser basierte offenbar auf Hersteller- und Händlerangaben etwa zum maximalen Bohrdurchmesser, zur Motorleistung oder den Abmessungen des Geräts.

Irreführende Bezeichnung als Test

Das Oberlandesgericht Köln schloss sich der Auffassung des vzbv an, dass die Bezeichnung „Test“ für solche Produktvergleiche irreführend ist. Verbraucher erwarteten von einem Warentest nicht nur eine statistische Auswertung der publizierten Produktinformationen und des Verbraucherechos, sondern eine unmittelbare Prüfung des Produktes selbst. Ein solcher Warentest finde auf test.net aber nicht statt. Deshalb sei auch die Verwendung der Domain test.net für die Veröffentlichung solcher Produktvergleiche irreführend.

Widersprüchliche Angaben des Betreibers

Über das Zustandekommen seiner Bewertungen machte das Unternehmen vor Gericht nur vage und widersprüchliche Angaben. Zunächst hatte der Betreiber eingeräumt, dass er keine Labortests ausführe, sondern lediglich algorithmusbasierte Vergleiche anstelle – so wie es auf seiner eigenen Internetseite stand. Erst nach einem kritischen Hinweis des Gerichts hieß es plötzlich, es werde manchmal doch getestet. Am Ende behauptete das Unternehmen, es habe im Vergleich der Akkuschrauber sogar alle Produkte geprüft. Diese Aussagen bewertete das Gericht als derart vage und widersprüchlich, dass sie unbeachtlich seien. Voraussetzung für einen Warentest sei ein konkretes Untersuchungsprogramm, das unter anderem die zu testenden Eigenschaften, die standardisierten Prüfverfahren und die für die Notenvergabe erforderlichen Testergebnisse vorab festlege. Bei test.net gab es das offenbar nicht.

Einen Teil der Verfahrenskosten hat das Gericht dem vzbv aus prozessualen Gründen auferlegt.

Quelle: vzbv