BRAK, Mitteilung vom 09.03.2023
Die EU-Verbandsklagerichtlinie verpflichtet Deutschland, eine auf Schadensersatz oder sonstige Abhilfe gerichtete Verbandsklage einzuführen. Zur Umsetzung soll unter anderem das neue Instrument der Abhilfeklage für Verbraucherinnen und Verbraucher geschaffen werden. Die BRAK befürwortet dies, äußert in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf aber auch Kritik.
Die EU-Richtlinie (EU) 2020/1828 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine auf Schadensersatz oder sonstige Abhilfe gerichtete Verbandsklage einzuführen. Durch die Richtlinie sollen Verbraucherinnen und Verbraucher, die durch dieselbe unerlaubte Geschäftspraktik geschädigt wurden, ein kollektives Instrument zur Abhilfe erhalten. Dies soll zugleich Unternehmen von unerlaubten Praktiken abschrecken und den Schaden auf Verbraucherseite verringern helfen. Die Richtlinie sieht vor, dass Verbraucherverbände im eigenen Namen auf Unterlassung klagen können sollen und dass Verbraucherrechte auch im Wege von Abhilfeklagen durchgesetzt werden können.
Die Frist für die Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie endete im Dezember 2022. Die entsprechenden Vorschriften müssen nach der Richtlinie bis zum 25.06.2023 in Kraft treten. Die EU-Kommission hat Ende Januar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland sowie gegen weitere Mitgliedstaaten eingeleitet, die ebenfalls die Richtlinie nicht fristgemäß umgesetzt hatten.
Das Bundesministerium der Justiz hat Mitte Februar den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie vorgelegt. Kernstück ist das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG). Es bündelt die bisher in der Zivilprozessordnung enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage mit den Regelungen zur Einführung der Abhilfeklage, die es bislang in deutschen Recht nicht gab. Darüber können Verbraucherinnen und Verbraucher, ähnlich wie mit der Musterfeststellungsklage, mithilfe bestimmter qualifizierter inländischer Verbraucherverbände ihre Ansprüche einklagen. Der Entwurf befand sich bereits seit September 2022 in der Ressortabstimmung und ist innerhalb der Bundesregierung umstritten.
Die BRAK begrüßt den Referentenentwurf. Aus ihrer Sicht ist eine Verbandsklage für Verbraucherinnen und Verbraucher mit der Möglichkeit einer Leistungsklage grundsätzlich das geeignetere Instrument gegenüber einer „Sammelklage“ durch Inkassodienstleister nach § 2 II RDG. Der Gesetzentwurf enthält nach Auffassung der BRAK allerdings einige verbesserungsfähige bzw. ergänzungsbedürftige Regelungen. Sie kritisiert insbesondere, dass eine klare Abgrenzung zum Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) fehlt und dass unklar ist, ob ein KapMuG- und ein Abhilfeverfahren in einer Sache nebeneinander laufen können.
Die BRAK weist zudem auf Unstimmigkeiten in Bezug auf die Regelungen hin, die eine Finanzierung durch gewerbliche Prozessfinanzierer und die Erstattung für die hierdurch entstandenen Kosten betreffen. Hier sei aktuelle Rechtsprechung des BGH ebenso zu beachten wie vorhandene Missbrauchsrisiken. In ihrer Stellungnahme setzt die BRAK sich ferner auch mit weiteren Details des Gesetzentwurfs kritisch auseinander.
- Stellungnahme Nr. 15/2023
- Referentenentwurf
Quelle: BRAK, Nachrichten aus Berlin Ausgabe 5/2023