Digitalsteuer - 15. April 2019

Schritte zum richtigen Ziel?

Das Konzept der Digital­steuer hört sich nach mehr Steuer­ge­rech­tig­keit an. Ent­schei­dend ist aber, im Sinne aller digital tätigen Unter­nehmen eine nach­haltige Lösung zu finden.

Es ist so eine Sache mit der gerechten Sache. Google, Facebook und andere internationale Internet­kon­zerne erzielen mit ihren Geschäften in Deutschland Gewinne. Besteuert werden diese Gewinne aber hierzulande kaum. Aus steuer­recht­licher Sicht ist das bislang auch in Ordnung. Denn nach international abgestimmten und anerkannten Regeln dürfen Gewinne aus­län­discher Unter­nehmen grund­sätz­lich nur dann im Inland besteuert werden, wenn diese dort eine Betriebsstätte unterhalten. Und das gilt natürlich auch für Internet­firmen, die ihre Produkte grenzüberschreitend und ohne physische Präsenz im Inland anbieten.

Vorschlag aus Frankreich und Deutschland

Trotzdem fühlt es sich für viele nach einer un­ge­rech­ten Behandlung an, nach einem Steuerschlupfloch, das gestopft werden muss. Aus diesem Grund kursieren seit Längerem Entwürfe für eine Digital­steuer, deren Befürworter eine internationale Lösung für das ausgemachte Problem bevorzugen. Die Gegner einer solchen Abgabe befürchten dagegen neue Handels­kon­flikte, könne doch das Prinzip der Umsatzbesteuerung auf andere Branchen aus­ge­weitet werden.
Und so ist es wenig verwunderlich, dass die euro­pä­ischen ­Finanzminister sich nicht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zur Digitalsteuer einigen konnten. Auch ein Kompromiss, den Deutschland und Frankreich daraufhin vorlegten, scheiterte Mitte März. Diese Digitalsteuer light sah vor, den Umsatz mit Online-Werbeeinahmen mit einem Steuersatz in Höhe von drei Prozent zu belegen. Dieser Kom­pro­miss­vor­schlag ist nun – womöglich endgültig – vom Tisch. Denn in Steuerfragen muss auf EU-Ebene immer noch einstimmig entschieden werden.

Digitalsteuer mit potenziellen Nebenwirkungen

Wie immer im Steuerrecht ist es mit der gerechten Sache also nicht so einfach. Denn zum einen könnte eine solche Digital­steuer, die hauptsächlich auf US-Konzerne ausgerichtet ist, ganz praktische Aus­wir­kun­gen auf das deutsche Exportgeschäft haben. So könnte beispielsweise die deutsche Autoindustrie von steuerlichen Gegenreaktionen aus den USA und China getroffen werden. Zum anderen könnte die Digitalsteuer für betroffene inländische Konzerne zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen. Außerdem lebt das Steuerrecht von allgemeingültigen Regeln – branchen- oder wirtschaftszweigspezifische Lösungen holen den Gesetzgeber schnell wieder ein. Das Gleiche dürfte für nationale Alleingänge in einer international verflochtenen Wirtschaft gelten, wie sie verschiedene ­EU-Staaten nun planen.

Wichtiger wäre, eine übergeordnete Lösung zur Besteuerung von Unternehmensgewinnen zu finden. Denn die wahrgenommene Gerechtigkeitslücke bei der internationalen Unter­neh­mens­be­steue­rung erstreckt sich keineswegs nur auf Internetkonzerne. Dass die euro­pä­ischen Finanz­minister jetzt versuchen wollen, eine gemeinsame Position für eine weit­rei­chen­de Steuer­reform zu finden, ist dafür mög­licher­weise ein erster Ansatz.

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Fotos: Hendrik Schmahl // TarikVision / Getty Images

Zum Autor

Prof. Dr. Robert Mayr

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
CEO der DATEV eG; Die Genossenschaft gehört zu den größten Softwarehäusern und IT-Dienstleistern in Deutschland.
Seine Themen: #DigitaleTransformation, #DigitalLeadership, #Plattformökonomie und #BusinessDevelopment.
Seine These: „Die digitale Transformation ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens“

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