In Unternehmen läuft nicht immer alles glatt. Missstände bleiben oft verborgen. Ein Gesetz soll jetzt diejenigen vor Repressalien schützen, die Licht ins Dunkel bringen – die Whistleblower.
Eine der bekanntesten Whistleblowerinnen des vergangenen Jahrhunderts bekommt in diesen Tagen viel Aufmerksamkeit. Vor rund 50 Jahren deckte Martha Mitchell den Watergate-Skandal mit auf. Ein Ereignis, dem Hollywood nun mit Gaslit sogar eine ganze Serie widmet. Worum geht es: Der vom republikanischen Präsidenten Richard Nixon ernannte Justizminister John Mitchell, gespielt von Sean Penn, heuert Kriminelle für Einbrüche im demokratischen Hauptquartier an. Die finden kein belastendes Material und lassen sich erwischen. Dennoch verlieren die Demokraten die Wahl. Seine Frau Martha Mitchell, gespielt von Julia Roberts, weiß zu viel und liefert ihren Mann ans Messer. Die beiden Reporter Bob Woodward und Carl Bernstein tragen wesentlich zur Aufklärung der Affäre bei. Höhepunkt ist dann 1974 der Rücktritt Richard Nixons von seinem Amt. Das ist eine sehr verkürzte und vereinfachte Darstellung des Watergate-Skandals, der in den USA eine gesellschaftliche Vertrauenskrise gegenüber Politikerinnen und Politikern auslöste und schließlich zu einer schweren Verfassungskrise führte.
Zugegeben, die Watergate-Affäre ist ein sehr drastisches Beispiel und mit einem etablierten Compliance-System, das Whistleblower vor Repressalien schützt, wäre es vermutlich erst gar nicht so weit gekommen. Worauf ich hinaus will: Es braucht Hinweisgebersysteme und vor allem Hinweisgeberrichtlinien. Diese gibt es bereits seit 2019 – die EU-Whistleblower-Richtlinie.
Es existieren viele Belege dafür, was in Unternehmen nicht richtig laufen kann. Darunter fallen zum Beispiel mangelnde oder fahrlässige Qualitätskontrollen, Datenklau oder -missbrauch oder gar Mobbing. Selten werden derlei Missstände offenkundig. Whistleblower können Ermittlungsbehörden auf Missstände in Unternehmen aufmerksam machen. Damit den Hinweisgebern keine Repressalien drohen, müssen sie geschützt werden. Und dafür ist die EU-Whistleblower-Richtlinie da, die bereits seit 2019 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Schon die vergangene Regierungskoalition hätte bereits handeln müssen. Die aktuelle Ampelkoalition verfolgte die Umsetzung zunächst nicht mit höchster Priorität, sodass es Ende Januar sogar zu einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland kam, eingeleitet durch die EU.
Doch das Thema ist heikel und komplex. Zwar liegt die Notwendigkeit eines solchen Systems auf der Hand. Gleichzeitig möchte man kein weiteres Bürokratiemonster schaffen, Denunziantentum fördern oder Fehlentwicklungen und Missbräuche, die in Großkonzernstrukturen schneller gedeihen, den kleinen Unternehmen anlasten. Eigentlich sind Unternehmen ab 250 Beschäftigten bereits jetzt schon rechtlich dazu verpflichtet, ein solches Compliance-System vorzuhalten. Die Politik tut sich offenkundig schwer damit, die Hinweisgebersysteme aus diesen Gründen in der Praxis zu implementieren. Das sieht man daran, dass erst Mitte April ein Referentenentwurf dazu veröffentlicht wurde. Für eine Umsetzung in den Unternehmen, Behörden und Kommunen werden bis dahin noch einige Hürden zu nehmen sein. Denn der prozessuale Aufwand für ein solches Hinweisgebersystem ist nicht zu unterschätzen.
Unternehmensstrafrecht
Die Regierungskoalition hat zudem das Thema Unternehmensstrafrecht, das Verbandssanktionengesetz, nun wieder auf die politische Agenda gebracht und den Fokus auf die Regelungen interner Untersuchungen gelegt. Wie schwer man sich tut, Compliance-Vorschriften in der Praxis umzusetzen, wird daran deutlich, dass seit Jahren an der Regelung des Unternehmensstrafrechts gefeilt wird. Die Herausforderung: einen allgemeinen Maßnahmenkatalog zu schaffen, der allen Unternehmensstrukturen gerecht wird.
Daher sind die Unternehmen im Vorteil, die bereits jetzt schon Compliance-Strukturen umgesetzt haben und damit ihre potenziell hinweisgebenden Mitarbeiter vor Sanktionen und Repressalien schützen. Wichtig dabei: Es geht nicht darum, mit dem Hinweisgebersystem eine Spielwiese für Denunzianten zu implementieren. Doch es sollte klar sein: Wenn relevante Verstöße unter dem Deckel gehalten werden, ist das aus ethischer und betriebswirtschaftlicher Sicht problematisch.
Compliance ist wichtig
Compliance-Vorschriften und Verhaltenskodizes gibt es, um Gesetze, Regularien und Vorschriften einzuhalten und auch dem eigenen ethisch-moralischen Anspruch gerecht zu werden. Sie unterstützen Unternehmen dabei, zum Beispiel Antikorruption und das Kartellrecht zu beachten oder Geldwäsche zu erkennen. Alles mit dem Ziel, Strafen, Bußgelder und vor allem Imageschäden zu vermeiden.
Dabei geht es nicht nur darum, Compliance-Regeln technisch und rechtlich umzusetzen, sondern auch die eigenen Mitarbeiter von der Notwendigkeit zu überzeugen und dafür zu gewinnen, Compliance im Unternehmen zu leben.
Code of Business Conduct
Auch unsere Genossenschaft hält sich strikt an Compliance- Regeln. Um diese Regeln durchzusetzen und Schäden von DATEV abzuwehren, haben wir bereits vor Jahren ein Compliance-System aufgebaut. Herzstück ist der Code of Business Conduct. Dieser Verhaltenskodex definiert den rechtlichen Handlungsrahmen. Er fordert gegenseitige Wertschätzung und verantwortliches Miteinander unseren Mitgliedern und Kunden gegenüber. Das gilt auch für unsere Geschäfts- und Vertragspartner und Mitarbeiter. Bei ausländischen Beteiligungen ist darüber hinaus das jeweilige nationale Recht zu beachten. Auch von den Geschäftspartnern erwartet DATEV ein rechtskonformes Verhalten, inklusive der Unterauftragnehmer.
Klare und verständliche Richtlinien sorgen für Handlungssicherheit bei allen beteiligten Akteuren. Der DATEV-Verhaltens-kodex fasst das grundlegende Wertekonzept des Unternehmens zusammen. Die Genossenschaft bekennt sich ohne jede Einschränkung zu gesetzmäßigem Handeln.
Für unsere Mitglieder und den Berufsstand
Doch Compliance-Regeln dienen nicht nur dem Unternehmen DATEV, sondern vor allem unseren Mitgliedern. Unser erklärtes Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Mitglieder nachhaltig zu fördern. Nachhaltigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass wir partnerschaftlich agieren und gesetzliche wie moralische Spielregeln einhalten. Schaden von der Genossenschaft abzuwenden, ist eine entscheidende Handlungsmaxime. Darauf können unsere Mitglieder vertrauen. Compliance ist für uns Pflicht, keine Option.