Die neue Bundesregierung steht vor einer großen Aufgabe: den deutschen Mittelstand zu stärken und zukunftsfähig zu machen. Die aktuellen politischen Entwicklungen und die Ergebnisse des DATEV Mittelstandsindex zeigen, dass dringend Maßnahmen nötig sind. Ob Digitalisierung, Bürokratieabbau oder Fachkräftesicherung – wir brauchen klare Prioritäten und gezielte Unterstützung. Ein Anforderungskatalog.
Neues Jahr, neues Glück! Privat habe ich mir für 2025 einiges vorgenommen – mehr Sport, weniger Süßigkeiten. Beruflich wollen wir die Transformation und Portfolioentwicklung bei DATEV voranbringen und unsere E-Rechnungsplattform weiterentwickeln. Auch die Politik muss im neuen Jahr liefern. Die aktuellen politischen Entwicklungen bringen viel Unsicherheit – nicht zuletzt für den Mittelstand, der das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellt. Angesichts der bevorstehenden Regierungsbildung braucht es jetzt entschlossenes Handeln. Der DATEV Mittelstandsindex zeigte 2024 eine deutliche Verschlechterung der Umsatzentwicklung sowie Personalabbau bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Im Dezember 2024 sank der Umsatz um 1,3 Punkte auf 90,3 Punkte – das bedeutet ein Minus von 6,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch der Beschäftigungsindex bestätigt, dass die Unternehmen immer mehr unter Druck geraten.
Ich bin der Meinung – und ich vermute, damit bin ich im Berufsstand nicht allein: Es ist an der Zeit, dass die kommende Bundesregierung den Mittelstand in den Mittelpunkt ihrer politischen Agenda stellt. Was braucht es, um KMU wieder zu stärken und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern? Ich habe einen konkreten Anforderungskatalog:
1. Bürokratie abbauen
Bürokratische Hürden zählen nach wie vor zu den größten Herausforderungen für den Mittelstand. Unser aktuelles DATEV-Branchenbarometer zeigt deutlich, dass Steuerberaterinnen und Steuerberater eine überbordende Bürokratie als eines der zentralen Hemmnisse für ihre Mandanten identifizieren. Besonders kleine und mittlere Unternehmen kämpfen mit dieser Belastung, die nicht nur Ressourcen bindet, sondern auch Wachstumspotenziale blockiert. Eine neue Regierung muss entschlossen daran arbeiten, diese abzubauen. Besonders das Steuerrecht ist oft zu komplex und belastend. Ein einfacheres System für Lohnbuchhaltung und steuerliche Förderungen würde Zeit und Kosten sparen sowie Raum für Innovation schaffen. Es braucht schlankere Prozesse, klare Prioritäten und weniger Dokumentationsaufwand, damit der Mittelstand sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren kann. Und auch unser Berufsstand darf nicht mit zusätzlichem Bürokratieaufwand belastet werden. Überlegungen, die bereits eingeführte Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auf nationale Steuergestaltungen auszuweiten, erteile ich eine klare Absage, nicht zuletzt, weil die Wirksamkeit beim Kampf gegen Steuerhinterziehung nicht gegeben ist.
2. Digitalisierung vorantreiben
Die Digitalisierung ist der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit des Mittelstands. Dazu braucht es die konsequente Umsetzung der Digitalstrategie: Flächendeckender Glasfaserausbau, digitale Verwaltungsleistungen und die DeutschlandID sind gute Ansätze. Doch das allein reicht nicht. Spezielle Förderprogramme für KMU müssen helfen, digitale Lösungen einzuführen, Mitarbeiter zu schulen und IT-Sicherheit zu gewährleisten. Der Mittelstand braucht passgenaue Lösungsangebote, damit Digitalisierung nicht zur Bürde, sondern zum Vorteil wird.
Ein Blick ins Ausland zeigt, wie es gelingen kann. In Belgien wurde mit der Einführung der elektronischen Identitätskarte (eID) ein wichtiger Schritt unternommen, um Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und den Zugang zu staatlichen Dienstleistungen zu erleichtern. Seit 2004 erhalten alle belgischen Bürger eine eID, die für die digitale Interaktion mit Behörden genutzt werden kann. Zahlreiche Verwaltungsdienstleistungen können online abgewickelt werden, was den Aufwand reduziert und die Effizienz steigert.
3. Finanzielle Unterstützung sichern
In wirtschaftlich unsicheren Zeiten sind Investitionen in Wachstum und Innovation riskant – hier muss die Politik mit Unterstützung eingreifen. Existierende Förderprogramme müssen einfacher zu beantragen sein, der Zugang zu Krediten muss erleichtert werden. Steuerliche Entlastungen könnten zusätzliche Anreize schaffen. Besonders energieintensive Betriebe brauchen verlässliche Rahmenbedingungen. Eine stabile und bezahlbare Energieversorgung ist für ihre Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich.
4. Stärkere Einbindung in europäische/internationale Märkte
Viele starke mittelständische Unternehmen haben auf europäischen Märkten Wachstumspotenzial. Hier müssen Hemmnisse abgebaut und neue Chancen geschaffen werden. Internationale Handelsabkommen und gezielte Exportförderungsinitiativen könnten KMU unterstützen, ihre Produkte und Dienstleistungen international erfolgreich zu platzieren. Partnerschaften mit europäischen Institutionen sind hierbei wichtige Bausteine.
5. Fachkräftemangel bekämpfen
Ohne qualifizierte Fachkräfte bleibt auch der innovativste Mittelständler auf der Strecke. Offensiven wie die Fachkräfteinitiative von DATEV, der Bundessteuerberaterkammer und dem Deutschen Steuerberaterverband zeigen, dass gezielte Maßnahmen notwendig sind, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Es gilt, mehr Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen, die Attraktivität von Ausbildungsberufen zu erhöhen und gezielte Weiterbildungsangebote zu schaffen. Zudem müssen Fachkräfte aus dem Ausland gewonnen werden. Hier braucht es weniger bürokratische Hürden und mehr Anreize zur Integration.
Jetzt die richtigen Weichen stellen
Die neue Bundesregierung steht vor einer großen Aufgabe. Der deutsche Mittelstand braucht klare Rahmenbedingungen und gezielte Unterstützung, um seine Rolle als Rückgrat der Wirtschaft zu erfüllen. Digitalisierung, Bürokratieabbau, Fachkräftesicherung, finanzielle Unterstützung, Nachhaltigkeit, internationale Vernetzung und Energiesicherheit müssen gefördert werden. Nur durch entschlossenes Handeln kann der Mittelstand die Chancen des digitalen Wandels nutzen und Deutschland zu einem Vorreiter der Innovation machen.
Der Mittelstand hat es verdient, das erhoffte Glück in Form einer neuen Regierung zu finden, die entschlossen handelt und die richtigen Rahmenbedingungen schafft.