Digital Gap - 20. März 2020

Digitalisierung: Mind the Gap

Die digitale Transformation stellt Kanzleien vor völlig neue Aufgaben. Gepaart mit den Folgen des demografischen Wandels tun sich weitere Herausforderungen auf. Hier gilt es, die digitale Kluft zu überwinden, Berührungsängste zu beseitigen und auf Know-how zu setzen.

Als Digital Native kann ich mich nicht bezeichnen, allein aufgrund meines Alters falle ich nicht in diese Kategorie. Jedoch bestimmt der digitale Wandel auch meinen Alltag: Mein Smartphone ist mein Büro und die Digitalisierung erleichtert mir viele Routinen, die der Beruf mit sich bringt. Digital Immigrants wie ich haben die digitale Welt erst im Erwachsenenalter kennengelernt. Manchmal ist das ein Problem.
Nicht nur in Deutschland, auch in vielen anderen Industriestaaten ist das sogenannte Digital Gap groß. Diese digitale Kluft beschreibt die Unterschiede im Zugang zu und der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien – nicht nur zwischen Volkswirtschaften, sondern auch zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufgrund technischer und sozioökonomischer Faktoren.

Digital Gap: auch eine Einstellungssache

Dieser Riss geht auch durch Deutschland. Das hängt in erster Linie mit der Altersstruktur unserer Bevölkerung zusammen. Es gibt hierzulande aufgrund des demografischen Wandels relativ gesehen wenige Digital Natives, welche die Älteren mitziehen könnten. Der Generationenunterschied manifestiert sich in der Nutzung von Smartphone und Internet, in der Offenheit gegenüber neuen Technologien und in den Kenntnissen, diese praktisch anzuwenden. Das allerdings ist nicht nur eine Frage des Alters, sondern auch eine der Einstellung.

Das gilt gleichermaßen für Kanzleien: Auch hier sind älter werdende Berufsträger und Mitarbeiter konfrontiert mit der Digitalisierung der Arbeitswelt – und mit der Frage, wie die digitale Kluft überwunden werden kann. Studien belegen, dass ältere Menschen häufig Berührungsängste mit der digitalen Welt haben. Wo Digital Natives unbekümmert neue Technologien ausprobieren, regieren in Teilen der älteren Generation Zweifel und Zurückhaltung. Die Angst, etwas falsch zu machen, ist groß. Das soll nicht heißen, dass sie digitale Technik prinzipiell ablehnen. Eher fehlt es an den richtigen Kompetenzen, um die anstehenden Veränderungen zu meistern. Und manchmal auch an einem ausreichenden Verständnis darüber, welche Vorteile sich aus dem digitalen Wandel für die eigene Kanzlei ergeben.

Digital gut ausgebildete Belegschaft entscheidend

Unabhängig vom Alter sind digital gut ausgebildete Mitarbeiter entscheidend, um als exzellenter Dienstleister und Partner seiner Mandanten zu agieren. Die Tatsache, dass nicht jeder Inhaber und nicht jeder Mitarbeiter gleichermaßen digital unterwegs ist, ist eine zentrale Herausforderung für Kanzleien. Gleich, welche Branche sie betreuen, unabhängig davon, wie alt die Mitarbeiter sind und welche Präferenzen die Mandantschaft hat.

Gehen Sie also den Weg und schließen Sie das Digital Gap – mit wenigen, aber entscheidenden Schritten: Ermitteln Sie den Status und den Bedarf an digitalem Know-how, beispielsweise anhand der vorhandenen digitalen Kompetenzen in Ihrer Kanzlei. Setzen Sie dann digitale Qualifikationsstandards für jeden Bereich. Und bestimmen Sie die digitale Weiterbildung, die Sie brauchen. Stellen Sie sich die Frage, wie Sie für Ihre Kanzlei am besten Theorie und Praxis verbinden können.

Digitaler Umgang im Arbeitsalltag

Praxis ist auch das richtige Stichwort für den nächsten Schritt. Denn Sie sollten den digitalen Umgang im Arbeitsalltag fördern. Zum Beispiel, indem Sie ein digitales Wissensmanagement aufbauen. Letztlich ist vor allem eines wichtig: Es geht um echte digitale Kompetenz, nicht darum, einem Trend hinterherzulaufen. Und es geht darum, sich und Ihren Mitarbeitern klarzumachen, was Digitalisierung im eigenen Arbeitsbereich bedeutet, welche Vorteile und Konsequenzen sie hat.

Damit niemand in die digitale Kluft fällt, sollten Sie auf Qualifikation setzen – und auf Offenheit und Transparenz. Denn für die digitale Transformation braucht es Köpfchen. Und es braucht die konstruktive Zusammenarbeit von Digital Natives und Digital Immigrants, um das Beste beider Welten zu vereinen.

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Zum Autor

Prof. Dr. Robert Mayr

Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
CEO der DATEV eG; Die Genossenschaft gehört zu den größten Softwarehäusern und IT-Dienstleistern in Deutschland.
Seine Themen: #DigitaleTransformation, #DigitalLeadership, #Plattformökonomie und #BusinessDevelopment.
Seine These: „Die digitale Transformation ist keine Frage des Könnens, sondern des Wollens“

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