Ein 7-Punkte-Programm zur Kanzlei­wert­steigerung - 27. Februar 2015

Rechtzeitig an den Endspurt denken

Etwa 1.500 Steuer­be­ratungs­kanzleien werden jährlich ver­äußert. Tendenz steigend. Der Verkauf berührt exis­ten­zielle Fragen, schließlich geht es um das Lebens­werk. Viele Kanzlei­in­haber schieben den Prozess auf die lange Bank – meistens zu lange. Der Kanzlei­wert kann jedoch in den Jahren vor der Über­gabe ge­stei­gert werden.

Laut Berufsstatistik 2013 der Bundessteuerberaterkammer liegt das Durchschnittsalter der Steuerberater aktuell bei 51,3 Jahren. Allein in den nächsten fünf Jahren steht bei circa 6.000 Kanzleien der Verkauf oder die Übergabe an einen bereits gefundenen Nachfolger oder an einen neuen Partner an. Doch viele schieben die Kanzleinachfolge oder -übergabe vor sich her. Keiner beschäftigt sich gerne mit der Abgabe seiner Praxis und damit mit der Aufgabe seines Lebenswerkes.

Um den Kanzleiwert zu steigern, sollten sich Inhaber spätestens fünf Jahre vor dem geplanten Verkaufstermin damit befassen.

Wer sich allerdings frühzeitig mit der Kanzlei­über­gabe be­schäf­tigt, kann einen höheren Kanz­lei­wert erzielen. Hier gilt eine Faust­regel für aus­reichenden Hand­lungs­spiel­raum: Spätestens fünf Jahre vor dem frühest­mög­lichen Austritt sollten Kanzlei­in­haber mit der Vorbereitung der Übergabe und Nachfolge beginnen. Dabei ist die Erst­analyse des Kanzlei­wertes der Aus­gangs­punkt aller weiteren Maßnahmen. Ziel ist fast immer ein möglichst hoher Verkaufs­preis, da in vielen Fällen der Erlös einen ent­scheidenden Anteil der Alters­vor­sorge darstellt. Doch wie lässt sich der aktuelle Kanzleiwert überhaupt noch beeinflussen? Welche Maßnahmen können Steuerberater in der Vorbereitung auf eine Übergabe ergreifen, um den Kanzleiwert zu steigern? Ein 7-Punkte-Programm kann helfen, den Kanzleiwert kurz vor der Veräußerung noch zu beeinflussen.

1 UMSATZENTWICKLUNG UND -STRUKTUR

Bei Kanzleibewertung denken die meisten vermutlich direkt an den Umsatz und erhoffen sich einen Verkaufswert von 140 Prozent und mehr. Zwar ist diese Entwicklung der vergangenen drei Jahre zur Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Umsatzes eine wesentliche Größe, doch sollte sie nicht isoliert betrachtet werden. Beispielsweise spielt die Umsatzstruktur eine sehr große Rolle. Berät die Kanzlei überdurchschnittlich zu Schwerpunkten, etwa Insolvenz­beratung, inter­na­tio­nales Recht oder Gesundheitswesen, steigert dies den Praxiswert nachhaltig. Somit können Spezialisierungen oder frühzeitig entwickelte Angebote zur betriebswirtschaftlichen Beratung den Kanzleiwert positiv beeinflussen.

2 ATTRAKTIVES KANZLEIANGEBOT

Durch konkrete Angebote, auch in den Kerngeschäftsfeldern, sollten Dienstleistungen klar strukturiert und transparent für alle Mitarbeiter, Mandanten und Kaufinteressenten aufbereitet sein. Im ersten Schritt ist die Entwicklung eines Dienstleistungskataloges empfehlenswert. Damit erübrigen sich in einigen Fällen auch Honorardiskussionen, die im schlimmsten Fall zum Verlust eines Mandats führen.

3 HONORARSTRUKTUR

Auch die über die Jahre entwickelte Honorarstruktur beeinflusst den Kanzleiwert. Wurden allerdings regelmäßige Anpassungen versäumt, wird die Kanzlei für einen potenziellen Käufer deutlich unattraktiver. Der zu erwartende Unternehmerlohn steht dann nicht mehr im Verhältnis zu dem Kaufrisiko beziehungsweise zum Gehalt als angestellter Berater. Deshalb sollte die Honorarstruktur bereits vor Übergabe der Kanzlei auf ein zeitgemäßes Niveau und einen ausreichenden Deckungsbeitrag angepasst werden.

4 ALTERSSTRUKTUR DER MANDANTEN

In vielen Steuerberatungskanzleien haben sich die Mandanten gemeinsam mit dem Berater entwickelt und sind von Anbeginn dabei. Das Durchschnittsalter der Mandanten unterscheidet sich oft nicht sehr vom Alter des Steuerberaters. Diese Konstellation birgt für einen Käufer ein hohes Risiko, den mitgewachsenen Mandantenstamm in den folgenden Jahren sukzessive zu verlieren. Daher sollten sich Steuerberater schon Jahre vor der Übergabe intensiv darum bemühen, jüngere Mandanten zu gewinnen. Nur so sind die Umsätze langfristig gesichert und bleibt der Kanzleiwert beständig. Parallel vollzieht sich der Generationenwandel. Die Erwartungshaltung der jungen Mandanten, der sogenannten Generation Y oder der Digital Natives, stellt neue Herausforderungen an Kommunikation und Arbeitsprozesse. Mit digitalem Belegaustausch im Rahmen der Finanzbuchführung sowie der digitalen Bereitstellung von Lohnauswertungen können die Dienstleistungen entsprechend angepasst werden. Wenn die Außendarstellung der Kanzlei analog dazu korrespondiert, fühlen sich nicht nur Mandanten angesprochen, sondern auch Kanzleinachwuchs und potenzielle Bewerber aus dieser Generation werden auf Arbeits­plätze aufmerksam.

5 MANDANTENZUFRIEDENHEIT

Weitere Faktoren sind Kundenzufriedenheit und die Zahlungsmoral der Mandanten. Um die Kundenzufriedenheit, auch einem potenziellen Käufer gegenüber, transparent zu machen, empfiehlt es sich, in regelmäßigen Abständen schriftliche Kundenbefragungen durchzuführen. Somit lassen sich mögliche Schwachstellen und bisher noch unerfüllte Wünsche der Mandanten schnell erkennen und rechtzeitig angehen. Betrachtet man die Höhe der durchschnittlichen Außenstände und der Forderungsverluste, leitet sich daraus leicht ein Bild über die Zahlungsmoral des Honorars ab. Mögliche Maßnahmen zur Senkung hoher Außenstände sind zum Beispiel ein konsequentes Mahnwesen und die Umstellung auf schriftliche Steuerberatungsverträge und Lastschriftverfahren – auch mit langjährigen Mandanten.

6 MITARBEITERENTWICKLUNG

Nicht nur die Mandantenstruktur, sondern auch die der Mitarbeiter hat großen Einfluss auf den Kanzleiwert. Wie sieht der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter aus? Konnten regelmäßig jüngere Kräfte gewonnen werden, oder ist eine deutliche Fluktuation festzustellen? Der Steuer­be­ra­tungs­markt ist weiterhin durch einen großen Fachkräftemangel geprägt, wodurch sich die Nach­wuchs­ge­winnung immer schwieriger gestaltet. Das Kanzleimarketing sollte auf die aktuelle Situation ausgerichtet sein. Zudem ist es wichtig, die bestehenden Mitarbeiter an die Kanzlei zu binden. Wirklich gute Mitarbeiter wollen sich mit ihrem Arbeitsplatz und ihrer Beschäftigung identi­fi­zieren, und das in einem harmonischen und dynamischen Umfeld. Um eine realistische und ehrliche Einschätzung über den Status quo zu erhalten, hilft eine Mit­ar­bei­ter­be­fragung. Aus deren Ergebnissen ergeben sich in den meisten Fällen konkrete Ver­bes­se­rungs­maß­nahmen. Faktoren für die Mitarbeiterzufriedenheit sind zum Beispiel flexible Arbeitszeit­modelle, nicht nur monetäre Anerkennung der erbrachten Leistungen, regelmäßige Fortbildungen, Angebote zur persönlichen Qualifizierung etwa zum Steuerfachwirt oder gar Steuerberater, erfolgsorientierte Vergütungen, regelmäßige Mitarbeitergespräche und Kanzleibesprechungen, eine moderne technische Ausstattung und modern gestaltete Räumlichkeiten in der gesamten Kanzlei sowie ein an­ge­nehmes Arbeitsumfeld.

7 EFFIZIENZ DER ARBEITSPROZESSE

Auch die Produktivität der Mitarbeiter ist entscheidend. Im Rahmen einer Kanzleibewertung wird beispielsweise ein Anteil nicht abrechenbarer Stunden von unter 20 Prozent als Mittelwert betrachtet. Wichtigste Grundlage zur Ermittlung der nicht abrechenbaren Stunden ist eine konsequente und vollständige Zeiterfassung aller Mitarbeiter und Inhaber der Kanzlei. Die wird häufig nicht so genau genommen. Liegt der Anteil der nicht abrechenbaren Stunden über dem Branchendurchschnitt, verdienen die Kanzleiprozesse ein genaues Augenmerk. Durch verbesserte Kanzleiabläufe, explizite Arbeitsanweisungen, einheitliche Vorlagen und Arbeitspapiere und eine umfangreiche Nutzung der Software kann der Anteil abrechenbarer Stunden und somit die Rendite der Kanzlei gesteigert werden. Zudem trägt ein funktionierendes Qualitätsmanagement zur Fehlervermeidung bei und schafft gegebenenfalls notwendige Freiräume für die Unter­­nehmens­führung und neue Dienst­leistungen. Wird ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt und auch zertifiziert, rückt es die Kanzlei gegenüber dem möglichen Nachfolger und auch gegenüber den bestehenden Mandanten in ein gutes Licht. Grundsätzlich ist es sehr wichtig, alle Mitarbeiter bereits in einer frühen Phase vor der Kanzleiübergabe in solche Veränderungsprozesse einzubinden. Nur wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, kann sich die Kanzlei langfristig weiterentwickeln und der Kanzleiwert nicht nur stabil gehalten, sondern noch vor Übergabe deutlich gesteigert werden.

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