Inte­rim­ma­nage­ment - 18. September 2019

Experten aus der Kanzlei

Im Unternehmen steht ein Change-Prozess an, oder ein neues Team muss rasch zu­sam­men­ge­stellt werden? Die Ge­schäfts­füh­rung kann darauf schnell und flexibel re­agie­ren und kurz­fristig kom­pe­tente Hilfe holen – dank der Idee des Inte­rim­ma­nage­ments.

Interimmanagement ist auf dem Vormarsch. Als Interimmanagement wird der befristete Einsatz externer, erfahrener Führungskräfte zur Übernahme von Managementaufgaben bezeichnet. Die Einsätze kommen in Betracht bei Kapazitätsengpässen, bei Fehlen besonderer Kompetenzen oder bei diffizilen, temporären Aufgabenstellungen. Interimmanager sind Selbstständige, die für ein bestimmtes Projekt oder bei einer dringenden Vakanz eine Führungsaufgabe auf Zeit wahrnehmen. Sie werden in der Regel mit Führungspositionen der ersten oder zweiten Ebene betraut, in denen die Vorteile des Einsatzes eines externen Erfahrungsträgers zur Geltung kommen. Vergütet werden sie nach vereinbarten Tagessätzen gegen Rechnungsstellung.
Interimmanagement ist im englischsprachigen Raum und in den Beneluxstaaten schon seit den 1970er-Jahren ein anerkanntes Instrument. In Deutschland entwickelte es sich deutlich später. Ab dem Jahr 2000 nahm es auch hier einen deutlichen Aufschwung; der Wachstumsmarkt hat heute bereits die Marke von zwei Milliarden Euro Umsatz pro Jahr überschritten. Mittlerweile gibt es Agenturen, die sich auf die Vermittlung von Interimmanagern spezialisiert haben. Diese Agenturen verfügen teilweise über mehrere Tausend Kandidaten in ihren Daten-Pools. Darüber hinaus gibt es Sozietäten, Personalberatungen und Online-Portale. Als Branchenverband und Interessenvertretung hat sich die Dachgesellschaft Deutsches Interimmanagement e. V. (DDIM) etabliert.
Vor dem Hintergrund der Globalisierung und Digitalisierung sowie dem daraus resultierenden dynamischen Marktgeschehen in den meisten Branchen entstehen kurzfristig anspruchsvolle Managementaufgaben, die oft mit traditionellen Mitteln nicht schnell genug und kompetent besetzt werden können. Im Zeit- und Innovationswettbewerb benötigen Unternehmen häufiger auf kurzem Wege geeignete strategische Kompetenzen und einen erfahrenen Manager mit einer unvoreingenommenen Sicht auf die Veränderungen. Dies können besondere Unternehmenssituationen sein wie Geschäftsmodellentwicklung, Post-Merger-Integration oder Restrukturierungen, ebenso wie Change-Management-Prozesse oder komplexe IT-Projekte.

Gutes Interimmanagement zeichnet sich durch folgende Stärken aus:

  • Schnelle Verfügbarkeit: Auswahl- und Besetzungsprozesse dauern in der Regel nur ein bis zwei Wochen
  • Erfahrung: Branchen-, situations- und anforderungsspezifische Umsetzungserfahrung, Fach- und Managementexpertise je nach Bedarf des Auftraggebers werden im Kandidatenprofil abgebildet
  • Zielorientierung: Der Interimmanager verfolgt keine Partialinteressen oder persönliche Karriereziele beim Auftraggeber, sondern konzentriert sich auf eine erfolgreiche Auftragserfüllung
  • Kostentransparenz: Die Kosten des extern bezogenen, temporären Einsatzes sind präzise kalkulierbar. Nebenkosten eines Arbeitsverhältnisses wie Sozialabgaben, Dienstwagen etc. fallen nicht an
  • Leadership: Ein Interimmanager kann Menschen motivieren, mit Stakeholdern auf Augenhöhe kommunizieren und Machbares in kurzer Zeit realisieren

Im Gegensatz zu Unternehmensberatern lassen sich Interimmanager am Umsetzungserfolg messen.

In Abhängigkeit von der Aufgabenstellung dauern Interimmandate zwischen sieben und 16 Monaten. In sehr komplexen Projekten werden Interimmanager auch mehr als zwei Jahre gebunden. In der Regel sind sie zwischen 40 und 60 Jahre alt und haben mindestens zehn Jahre Führungserfahrung in Unternehmen gesammelt, bevor sie in die Selbstständigkeit wechseln. Da sie an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Unternehmen unter hohem Erwartungsdruck arbeiten, müssen sie Flexibilität, Belastbarkeit und besondere soziale Fähigkeiten mitbringen. Meist verfügen sie über Erfahrungen in der Bewältigung nicht alltäglicher Probleme. Anders als Unternehmensberater, die strategische Konzepte entwickeln, aber nicht für die Umsetzung sorgen, lassen sich Interimmanager am Umsetzungserfolg messen.
Die Vertragsgestaltung und tatsächliche Gestaltung des Einsatzes eines Interimmanagers muss bestimmten rechtlichen Anforderungen genügen. Rechtliche Risiken entstehen nur dann, wenn eine sogenannte Scheinselbstständigkeit angenommen werden kann oder wenn mit einem Dienst- beziehungsweise Werkvertrag eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) verdeckt wird. Eine Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn eine erwerbstätige Person als selbstständiger Unternehmer auftritt, obwohl sie von der Art ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten zählt. Weisungsabhängigkeit und Einbindung ins operative Tagesgeschäft können als Indizien für eine abhängige Beschäftigung gewertet werden. Für eine Selbstständigkeit spricht dagegen, wenn die eingesetzte Person bereits für mehrere Auftraggeber tätig war und parallel zum gegenwärtigen Einsatz weiterhin werbend als Selbstständiger am Markt auftritt. Es sollte sich um projekthafte Aufgaben handeln, für die das Spezialwissen eines Interimmanagers in einem überschaubaren Zeitraum benötigt wird. Die Annahme von Weisungsabhängigkeit und Einbindung ins operative Tagesgeschäft ist bei dem Einsatz eines Interimmanagers auf der ersten oder zweiten Führungsebene eines Unternehmens auszuschließen. Vergleichbare Tätigkeiten wird es auf diesen Ebenen nicht geben. Auch scheidet hier die Annahme von Zeitarbeit im Sinne einer ANÜ aus.

Fazit

Werden beim Einsatz von Interimmanagern die von Gesetzgeber und Rechtsprechung aufgestellten Abgrenzungskriterien beachtet und die diesbezüglichen Gestaltungshinweise beherzigt, kommen die Vorteile des Instruments ohne Einschränkung zum Tragen. Dafür ist es ratsam, eine professionelle Vermittlungsagentur (Provider) zu nutzen. Aufgrund der zunehmend komplexeren und weniger planbaren Unternehmensrealität in volatilen Märkten sowie den Anforderungen der digitalen Transformation sind kurzfristig verfügbare Experten mit einem im Unternehmen nicht vorhandenen Erfahrungswissen eine effiziente Unterstützung des vorhandenen Managements

Zum Autor

JRP
Jörg Rabe von Pappenheim

Rechtsanwalt und ehemaliger DATEV-Vorstand

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