Der Blick richtet sich in die Zukunft. Ziel eines Kanzlei-Controllings ist es, die Kanzlei wirtschaftlich erfolgreich weiterzuentwickeln. Auch wenn dazu manchmal Kontrolle notwendig ist, hat es damit wenig bis gar nichts zu tun.
In der Schule haben die False Friends, wie sie im Englisch-Unterricht genannt wurden, noch für manchen Lacher gesorgt. Worte, die gleich lauten und eine vermeintlich gleiche Bedeutung vermuten lassen, führen bei fehlender Kenntnis, und daraus resultierend falscher Übersetzung, durchaus zu peinlichen Situationen. Einem US-Amerikaner, dem Sie ein Public Viewing als vergnügliches Miteinander anpreisen, wird sie sicherlich für pietätlos halten und künftig meiden; bedeutet doch dieser Begriff im amerikanischen Sprachraum öffentliche Aufbahrung. Weniger gravierend, doch nicht weniger falsch ist es daher auch, das Controlling ausschließlich im Sinne von „Kontrolle“ zu verstehen. Besser beraten ist man mit Planung und Steuerung.
Kanzlei sicher in die Zukunft lenken
„Wer nicht weiß, wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz woanders ankommt.“ Diesem Marc Twain zugeschriebenen Zitat nach sollte erstmal ein konkretes Ziel vor dem geistigen Auge zu sehen. Auch als Kanzleiinhaber ist zunächst eine Vorstellung davon, wo Ihre Kanzlei mittel- und langfristig stehen soll, die Basis jeder weiteren Entscheidung. Der Weg dorthin und die erforderlichen Alternativen sollten Sie nicht dem Zufall überlassen. Zu meinen, es wird irgendwie alles gut laufen, und sich ausschließlich auf sein Bauchgefühl zu verlassen, kann schnell in die Irre führen.
Steuerungsrelevante Schlüsselkennzahlen stellen hier das entsprechende Grundwerkzeug. Diese dienen einerseits sowohl der Standortbestimmung Ihrer Kanzlei als auch als ein Frühwarnsystem, mit dem Sie Fehlentwicklungen erkennen und gegensteuern können, bevor sie sich auswirken. Andererseits lassen sich Chancen früher erkennen und nutzen. Die gewonnenen Erkenntnisse helfen, Entscheidungen zu treffen, um mit dem Ruder Ihre Kanzlei in die richtige Richtung zu lenken.
Controlling ist nicht gleich Controlling
Bevor nun operative Maßnahmen ergriffen werden können, muss sich das strategische Controlling mit Trends und Prognosen beschäftigen, die in der Zukunft zu erwarten sind. Die sich laufend ändernden Bedingungen des Umfelds oder aufkommende Megatrends, die für die Zukunft der Kanzlei von Bedeutung sind, müssen zuerst identifiziert werden. Auf Basis dieser Informationen können dazu passende Strategien entworfen und konkrete Maßnahmen ableitet werden.
Das strategische Kanzlei-Controlling lässt sich in vier Schritten beschreiben:
- Schritt: Identifizieren der Megatrends im Steuerberatermarkt und wie die Zukunft des steuerberatenden Berufes aussehen könnte.
- Schritt: Analysieren der Situation mit der SWOT-Methode, indem die Stärken (Strengths) und Schwächen (Weaknesses) der Kanzlei im Vergleich zum Wettbewerb mit den Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats) abgeglichen werden.
- Schritt: Konzipieren der Kanzleistrategie
- Schritt: Herunterbrechen der Strategie auf kurzfristige Ziele und konkrete Maßnahmen mit konkreten Messgrößen.
Während im Mittelpunkt des strategischen Controllings die langfristige Existenzsicherung der Kanzlei steht, wird durch das operative Controlling die Umsetzung der daraus kurzfristigen Ziele verfolgt. Zudem stellt das operative Controlling die Wirtschaftlichkeit der Kanzlei sicher. Die bestehende Situation wird mit den kurzfristigen Erfolgszielen abgeglichen und der Kurs bei Notwendigkeit neu justiert. Im Vordergrund steht die Steuerung des wirtschaftlichen Erfolgs der Kanzlei.
Tipp 1
Die Kanzlei steuern bedeutet, deren aktuelle wirtschaftliche Situation zu kennen und zu wissen,
- wo die Verbesserungspotenziale liegen,
- wo und wie man Kosten vermeiden bzw. senken kann,
- wie sich Umsätze erhöhen lassen und
- wie es um den Deckungsbeitrag steht, den z. B. die einzelnen Aufträge oder Geschäftsfelder erwirtschaften.
Machen Sie sich Gedanken, welche Kennzahlen Sie zur Steuerung Ihrer Kanzlei regelmäßig betrachten wollen. Häufig genutzte Kennzahlen sind:
- Liquidität
- Umsatz pro Mitarbeiter
- Umsatzrendite
- Deckungsbeitrag pro Auftrag
- Deckungsbeitrag pro Mandant
- Bearbeitungsstände von Aufträgen
Tipp 2
Wenn Sie die Ist- mit den Soll-Werten vergleichen, ist es zwar notwendig, eine relevante (negative) Abweichung zu erkennen. Ebenso wichtig ist es aber, die Ursache dafür zu finden. Erst dann wissen Sie, an welcher Stellschraube Sie drehen müssen um damit wirksame Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Ein Beispiel: Erstellen Sie eine ABC-Analyse Ihrer Mandate. Schauen Sie sich die Gruppe der C-Mandate an. Vielleicht ist der Deckungsbeitrag deshalb negativ, weil der Mandant seine Buchhaltungsunterlagen ungeordnet bringt und der zuständige Mitarbeiter Zeit für Sortierarbeiten aufwenden muss, die nicht geplant bzw. nicht kalkuliert ist. Sprechen Sie mit dem Mandanten über die konkrete Situation und vereinbaren Sie, dass er entweder Ihnen künftig die Unterlagen sortiert bringt oder Sie ihm die anfallende Zeit berechnen werden. Entwickeln Sie auf diese Weise Ihre C-Mandate zu B-Mandaten.