Mittwochabend, 20:45 Uhr. Übertragung der UEFA Champions League im Fernsehen. Auf dem Bildschirm erscheint das Wort „Respect“ als Bandenwerbung. Ein Wort mit Signalwirkung. Ist Respekt eine Voraussetzung für Höchstleistung? Stellt er einen zentralen Wert dar?
Betrachten wir das Phänomen Respekt genauer – und zwar aus Sicht der Mitarbeiterführung. Auch dabei geht es wie beim hochklassigen Fußball um Leistung, um die Einhaltung von grundlegenden Werten und Regeln sowie um Geld.
Ein respektvoller Führungsstil ist eine grundlegende Voraussetzung für langfristig motivierte und loyale Mitarbeiter. Nur wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, respektiert zu werden, lassen sie sich voll und ganz auf ihre Sachaufgaben in der Kanzlei ein und ziehen kollegial an einem Strang. Doch was macht den Respekt zu solch einem mächtigen Faktor in der Führung? Dafür sind im Wesentlichen zwei Punkte verantwortlich: Zum einen heißt Respekt, die Bedürfnisse des Mitarbeiters zu erkennen und zu akzeptieren, und zum anderen, ihn damit als einzigartiges Individuum zu betrachten und wertzuschätzen. Das eine ist eine Folge des anderen. Und an dieser Stelle sei gleich einem möglichen Missverständnis vorgebeugt: Die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu akzeptieren, ist nicht gleichbedeutend damit, alle Bedürfnisse der Mitarbeiter stets befriedigen zu müssen oder zu wollen.
Ein Beispiel aus dem Führungsalltag vieler Kanzleien: Ein Mitarbeiter belagert den Chef, damit dieser ihm fachliche Sicherheit gibt und kleinste Entscheidungen bei der Erstellung des Jahresabschlusses für ihn trifft. Und das nicht nur in besonders anspruchsvollen Fällen, sondern in der täglichen Routine. Dies raubt dem Chef die Zeit. Er wiegelt ab und macht dem Mitarbeiter – vermeintlich – Mut: „Das schaffen Sie schon. Ich verlasse mich ganz auf Sie.“ Die Reaktion der Führungskraft ist vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsanforderungen im Alltag verständlich. Sie führt aber weder zu einer Lösung des Problems – der Mitarbeiter wird in zwei Stunden höchstwahrscheinlich wieder auf der Matte stehen –, noch ist sie für den Mitarbeiter respektvoll und damit motivierend. Was ist in solch einer Situation geboten? Hinter dem Verhalten des Mitarbeiters stehen Bedürfnisse. Respektvolles Verhalten zeichnet sich in einer solchen Situation dadurch aus, dass sich die Führungskraft darum bemüht, diese Bedürfnisse zu erkennen und angemessen zu berücksichtigen. Respektvoll würde der Chef dann führen, wenn er mit dem Mitarbeiter dazu ins Gespräch kommt und fragt: „Ich sehe, Sie kommen immer wieder zu mir, um Unterstützung zu erfahren. Was ist Ihnen dabei wichtig? Wie ergeht es Ihnen, wenn Sie fachliche Entscheidungen alleine treffen müssen?“ So signalisiert die Führungskraft, dass sie die Bedürfnisse des Mitarbeiters interessieren.
Die so offengelegten Bedürfnisse gilt es zu akzeptieren – einfach aufgrund der Tatsache, dass sie da sind. Eine ganz andere Frage ist, ob der Chef die so offengelegten Bedürfnisse des Mitarbeiters in der Gestaltung der (Zusammen-)Arbeit immer in vollem Umfang befriedigen kann oder muss. Das ist natürlich nicht immer möglich und auch nicht notwendig. Wenn der Mitarbeiter das Gefühl hat, dass sich die Führungskraft für seine Bedürfnisse interessiert und sie akzeptiert, wird er akzeptieren können, dass sein Chef diese nicht immer erfüllen kann. So kann im vorliegenden Beispiel die Führungskraft deutlich machen, dass sie selbst ihre Arbeit nicht ständig unterbrechen kann, da damit das Tagespensum und damit letztlich das finanzielle Wohlergehen der Kanzlei gefährdet wäre. Auf der Grundlage dieser Transparenz geht es dann darum, eine praktische Regelung zu finden, die die Bedürfnisse des Mitarbeiters und die vorliegenden Rahmenbedingungen in Einklang bringt. So könnte die Führungskraft mit dem Mitarbeiter beispielsweise täglich 20 Minuten Rücksprache vereinbaren. Vielleicht stellt sich ja eine überraschende Entwicklung ein und die Zeitscheibe kann immer weiter verkürzt werden. Schließlich fällt es dem Mitarbeiter leicht, sich persönlich weiterzuentwickeln, je mehr er das Gefühl hat, dass seine Bedürfnisse akzeptiert sind.
Respekt wird über das konkrete Kommunikationsverhalten im Führungsalltag vermittelt.
Die Vorgehensweise ist zunächst einmal verblüffend einfach. Nur wenn der Chef seine eigenen Bedürfnisse erkennt und akzeptiert, ist er offen für die seiner Mitarbeiter. Wieso sollte er jemandem etwas zugestehen, das er sich selbst nicht gönnt? Nur wer etwas hat, kann etwas geben. Dies spielt sich oft unbewusst ab. Auf der Grundlage einer vorbehaltlosen Akzeptanz der eigenen Bedürfnisse muss sich die Führungskraft fragen, welche sofort gelebt werden können, bei welchen die Voraussetzungen erst noch geschaffen werden müssen und welche nicht umsetzbar sind.
Ein so verstandener Respekt wird über das konkrete Kommunikationsverhalten im Führungsalltag vermittelt. Kritik an der Sache und nicht an der Person, aktiv zuhören und sich für die Sichtweise und Belange des Mitarbeiters interessieren, in angemessener Weise loben, konkrete Situationen besprechen und nicht generalisieren, ausreden lassen und auf die Argumente des Gegenübers eingehen. Das sind die Gebote, wenn es um respektvolles Führen geht. Führungsarbeit ist angewandte Kommunikation. Und schließlich können respektbezogene Werte in die Führungsgrundsätze der Kanzlei aufgenommen werden. Als Anspruch und Ansporn an sich selbst, eine respektvolle Führung in der eigenen Kanzlei umzusetzen. Dies ist wiederum eine gute Voraussetzung dafür, dass der Kanzleiinhaber den Champions-League-Abend in dem Bewusstsein, dass motivierte und loyale Mitarbeiter mit ihm an einem Strang ziehen, in vollen Zügen genießen kann. 1:0 für ihn.
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