Der Digitalisierer - 27. August 2020

Beratung für Berater

Wie wir uns drehen und wenden: Am Ende des Tages wird die Technologie unsere Arbeitsprozesse und deren Struktur bestimmen. Daher setzten wir uns offensiv mit den neuen Tools auseinander, die es uns ermöglichen, ortsunabhängig und deutlich effektiver zu arbeiten. Zudem haben sie uns auch ein neues Geschäftsmodell eröffnet.

Spätestens seit der Corona-Krise ist nicht nur unseren Mandanten, sondern auch zahlreichen Kollegen bewusst geworden, dass die Digitalisierung kein „Fun Fact“ ist, sondern – mehr denn je – ein lebensnotwendiger Baustein für jedes Unternehmen beziehungsweise jede Kanzlei zu werden scheint. Viele Steuerbüros sind aber noch nicht so ausgestattet, dass sie problemlos alle Mitarbeiter ins Homeoffice verlagern könnten mit der Folge, dass sie zum einen noch nicht für Krisen und zum anderen noch nicht zukunftsorientiert aufgestellt sind. Dies mag daran liegen, dass

man im Laufe des Geschäftsbetriebs keine Zeit für grundlegende Veränderungen hat. Oder die Fülle an Tools und Möglichkeiten, die es heute schon gibt, erschlägt einen. Diese Aspekte sind nicht von der Hand zu weisen. Man kann den Eindruck bekommen, sich gerade in ein neues Tool eingearbeitet zu haben, um dann wieder mit anderen Programmen konfrontiert zu werden, die mit dem gewohnten Tool nicht oder nicht mehr kompatibel sind. Die ganze Arbeit beginnt wieder von vorne. Auch wir mussten diese Schritte vollziehen, sind dornenreiche Wege zum Teil doppelt gegangen. Und auch wir selbst haben externe Hilfe in Anspruch genommen. Nicht in allen Belangen war das jedoch ausreichend. Mittlerweile aber konnten wird ein Konzept erarbeiten, um auch anderen Kanzleien beziehungsweise Kollegen auf dem Weg in die Digitalisierung zu helfen. Schließlich konnten wir unsere

Kanzlei sowohl intern als auch mit Blick auf externe Kontakte so ausgestalten, dass wir vollkommen ortsunabhängig arbeiten können, wenn wir es wollen.

Ortsunabhängig arbeiten

Unabhängig von der bestehenden Notwendigkeit, sich der Digitalisierung endlich zu öffnen, bietet sie beiläufig gesehen auch eine riesige Chance auf ein Mehr an persönlicher Freiheit, indem man absolut ortsunabhängig arbeiten kann. Ich kann beispielsweise morgens meine Mails sowie meine Post im Park bearbeiten und danach mehrfache Ortswechsel während der Arbeit vollziehen. Davon hätte ich früher niemals zu träumen gewagt. Nun aber kann ich das so ausweiten, dass ich mit meiner Familie in den Urlaub fahre – vielleicht etwas früher, um einem Stau zu entgehen – und die noch nicht erledigte Arbeit einfach irgendwo unterwegs fertigstelle und danach – bereits im Urlaub angekommen – endlich Feierabend machen kann. Zudem verringern automatisierte Prozesse auch die Arbeitsstunden. Es gibt schließlich viele Bereiche in unserer Kanzlei, die mich persönlich mittlerweile nicht mehr tangieren. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ich kann entweder früher Feierabend machen oder meine Arbeitszeit für wertbringendere Tätigkeiten nutzen.

Unterstützung durch DATEV

Fester Bestandteil unserer Prozesse ist DATEV Unternehmen online. Alle Mandanten, die mit uns digital kommunizieren, benutzen diese Drehscheibe für Informationen. Zudem werden Banken angebunden, sodass die Mandanten nach dem Hochladen ihre Belege direkt überweisen können. Dieser Workflow eingescannter Belege ist für jeden Mandanten ein direkter Vorteil. Er benötigt keine IBAN-Nummern mehr, kann direkt per Knopfdruck überweisen – auch mehrere Belege im Paket. Zudem nutzen wir DATEV Freizeichnung online und DATEV Meine Steuern. Durch diese Ergänzung können die Mandanten ihre Steuererklärungen und Bilanzen per Handy-App freizeichnen und mit DATEV Meine Steuern bereits unterjährig ihre einzureichenden Unterlagen für die Einkommensteuer hochladen. Wir können die eingereichten Belege dann direkt mit der Einkommensteuererklärung verbinden und verknüpfen.

Attraktiver Arbeitgeber

Lässt man die Corona-Krise einmal außer Acht, ergibt sich durch die Digitalisierung auch der Vorteil, dass man für zukünftige Angestellte als deutlich attraktiverer Arbeitgeber wahrgenommen wird. Entsprechendes gilt für angestellte Steuerberater oder gar Partner. Seitdem wir auch unseren Online-Auftritt verändert haben, brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen, Angestellte zu finden. Eine Annonce in den sozialen Medien reicht aus und wir können uns die zukünftigen Angestellten teilweise sogar aussuchen. Dies wäre vor einigen Jahren undenkbar gewesen, hier haben wir oft befürchtet, sogar Headhunter einbinden zu müssen. Der löst aber nur temporär das Problem, man sollte sich fragen, warum man über diesen Weg keine Angestellten findet. Viel spricht dafür, dass jüngere und qualifizierte Kandidaten die modernen Wege in die Arbeitswelt präferieren.

Den Kanzleiwert steigern

Eine digitale Kanzlei, die komplett ortsunabhängig arbeiten kann, ist definitiv mehr wert als eine ortsgebundene Kanzlei, die weitgehend noch papierbasiert arbeitet. Zum einen liegt dies daran, dass die Mandate nicht aus dem regionalen Umfeld kommen müssen, sondern rein theoretisch aus dem gesamten Bundesgebiet. Dadurch ist unser Einzugsgebiet viel größer geworden und wir sind darüber hinaus auch sicher zukunftsorientiert aufgestellt.

Work-Life-Balance

Unabhängig von einer Wertsteigerung der Kanzlei beziehungsweise zukünftigen Angestellten profitiert auch der Kanzleiinhaber selbst von der Digitalisierung. Unbestritten ist, dass sich in heutiger Zeit die

Arbeit immer mehr mit dem Privatleben vermischt. Sich dieser Tatsache zu stellen, ohne irgendwann zu kollabieren, setzt voraus, dass man die Arbeit von überall aus durchführen können muss.

Sich dem Fortschritt stellen

Da das Internet und die Computer in den nächsten fünf bis zehn Jahren keinesfalls verschwinden werden, muss man sich selbst die Frage stellen, ob man diesen Zeitraum in den bisherigen Strukturen noch überlebt. Falls ja, braucht man sich auf den aktuellen Trend natürlich nicht einzulassen. Ich bin aber der Meinung, dass die technologische Entwicklung eher exponentiell zunehmen wird und die nächste Generation der steuerlichen Berater ohne PC oder Handy gar nicht mehr existieren kann. Meiner Meinung nach wird auch die typische Buchhaltung im Steuerbüro verschwinden. Das werden

Programme übernehmen, die Routinetätigkeiten einfach automatisieren. Hier ist es Zeit, umzudenken und die eigene Kanzlei neu zu positionieren. Zudem hat die Corona-Krise in diesem Jahr auch dafür gesorgt, dass viele Mandanten ebenfalls umdenken.

Den Anschluss nicht verlieren

Hier als Berater nicht mitzuhalten, könnte unter Umständen den beruflichen K.o. bedeuten. Folglich muss sich auch unser Berufsstand mit Blick auf die Digitalisierung vollkommen verändern, da Routinetätigkeiten automatisiert werden. Henry Ford lässt grüßen, auch zu seiner Zeit blieben die auf der Strecke, die sich dem Fortschritt verweigerten. Als wir damals mit der Digitalisierung begonnen haben, hatten wir leider kaum Unterstützung. Die meisten Dinge haben wir uns deshalb notgedrungen selbst beigebracht und in dieser Phase viele Mitarbeiter infolge von Unkenntnis oder durch Überforderung verloren sowie mit Sicherheit auch viel Zeit vertan. Mittlerweile haben wir zusammen mit DATEV, unserer Genossenschaft, ein Konzept ausgearbeitet, um Berufskollegen zu unterstützen. Viele Kollegen wissen einfach nicht, wie sie den digitalen Umstieg angehen sollen beziehungsweise wo sie anfangen müssen und brauchen Unterstützung.

Beratung für Berater

Diese Beratung für Berater war nicht unser originäres Ziel, da wir auf Online-Mandate spezialisiert sind. Es macht uns und unseren Partnern jedoch so viel Freude, dass wir uns einzelnen, ausgesuchten Kanzleien stellen und ihnen gegenüber als Sparringspartner fungieren. Dafür lassen wir uns unter anderem auch bei „go-digital“ (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) listen, damit die Beratung sogar staatlich mit bis zu 50 Prozent bezuschusst werden kann. Nach Rücksprache mit der für uns zuständigen Steuerberaterkammer haben wir für unsere Kanzlei die Form der betriebswirtschaftlichen Beratung für andere Berater entdeckt und helfen, gefördertes Wissen sowie die Optimierung des Kanzleiwerts anderen Kollegen zu vermitteln. Da wir diesen Weg stetig weitergehen und ausbauen, kann man uns auch regelmäßig als Speaker bei den Deubner Digital Days erleben, in Webinaren beim Deubner Verlag sowie der Steuerfachschule Dr. Endriss.

Mehr dazu

In den Kollegenforen erhalten Sie wertvolle Tipps von erfahrenen Berufskollegen zur Digitalisierung in Ihrer Kanzlei: www.datev.de/kollegenforum

Weitere Infos unter www.datev.de/unternehmen-online und www.datev.de/meine-steuern

Zum Autor

CD
Christian Deák

Steuerberater in eigener Kanzlei in Oberhausen.

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