Digitale Vertreterversammlung - 29. April 2021

„Schweren Herzens nochmals virtuell“

Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben beschlossen, dass die diesjährige DATEV-Vertreterversammlung erneut virtuell stattfindet. Wir haben mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden und Leiter der Vertreterversammlung Nicolas Hofmann über die Hintergründe gesprochen.

DATEV magazin: Herr Hofmann, die DATEV-Vertreterversammlung erfolgt auch 2021 virtuell. Warum haben sich Vorstand und Aufsichtsrat dazu entschieden?

NICOLAS HOFMANN: Ich bedauere sehr, dass wir auch im laufenden Jahr nicht persönlich mit den Vertreterinnen und Vertretern zusammenkommen können. Und hier kann ich auch für den DATEV-Vorstand sprechen. Die Pandemielage mit all ihren Unsicherheiten lässt eine Vor-Ort-Veranstaltung leider nicht zu. Deshalb haben sich der Vorstand und der Aufsichtsrat schweren Herzens nochmals für die digitale Variante am 25. Juni 2021 entschieden. Dem Aufsichtsrat war es wichtig, dass in diesem Jahr wie üblich die Vertreterversammlung den Jahresabschluss für das abgelaufene Geschäftsjahr feststellt. Im vergangenen Jahr hatte dies stellvertretend der Aufsichtsrat übernommen, weil pandemiebedingt die Termine immer wieder verschoben wurden. Denn jeder hoffte im vergangenen Jahr auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität. Schließlich fand die Vertreterversammlung dann erst Monate später im November virtuell statt. Aber nun kehren wir wieder zu dem vorgesehenen Ablauf zurück, wenn auch digital.

Wie schauen Sie auf die vergangene Vertreterversammlung und welche Lehren ziehen Sie daraus?

Es war nicht nur für mich als Versammlungsleiter sehr herausfordernd, sondern auch für die Kolleginnen und Kollegen, die uns tatkräftig unterstützt haben. Doch ich möchte betonen, dass die Versammlung insgesamt gut funktioniert hat, dafür, dass wir im vergangenen Jahr erstmalig Erfahrungen mit digitalen Veranstaltungen dieser Art gesammelt haben, die normalerweise vom kontroversen Austausch leben. So waren das Engagement und der Redebedarf der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vergangenen Vertreterversammlung äußerst rege. In Summe zählten wir über 750 Chat-Nachrichten während der Vorträge. Das ist enorm. Für die Referentinnen und Referenten ist das während ihres Vortrags unmöglich zu sichten, geschweige denn, darauf einzugehen. Und alle Anmerkungen und Fragen im Nachhinein inhaltlich zu analysieren, zu beantworten oder zu diskutieren, ist nicht zu bewältigen. Vom „Hallo aus Hamburg“ bis zur Kritik an Chat-Beiträgen anderer Vertreter war alles dabei. Hinzu kamen dann noch Hilfestellungen technischer Art von einem Vertreter an den anderen oder Querverweise wie „lies mal, was Mustermann der Musterfrau zu TOP 3 geantwortet hat“. Ich bin als Versammlungsleiter hier schlicht an meine Grenzen gestoßen. Solch ein Chat-Verlauf gefährdet die ordnungsgemäße Durchführung der Vertreterversammlung. Wir mussten also dazulernen. Daher passen wir dieses Jahr einige Regeln an und wollen mit der digitalen Vertreterversammlung der physischen so nah wie möglich kommen. Das heißt, dass wir selbstredend die Chat-Funktion nicht außer Kraft setzen, aber die Referenten werden die Posts während ihres Redebeitrags nicht sehen. Denn diese werden wie Zwischenrufe empfunden und irritieren. So etwas gibt es ja in der Präsenz-Vertreterversammlung auch nicht! Im Anschluss an die jeweiligen Vorträge folgt eine Fragerunde – wie bei echten Vorträgen auch. Die Fragen, die nach Ende der Rede im Chat eingehen, werden im Anschluss mündlich beantwortet. Zwar zeichnen wir die Vertreterversammlung sicherheitshalber auf, aber die Beiträge finden live aus dem Studio statt. Selbstredend werden die Rahmenbedingungen und Sicherheitsmaßnahmen den vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen entsprechend angepasst.

Brauchen wir generell eine Etikette für digitale Veranstaltungen?

Wie gesagt habe ich die vergangene Vertreterversammlung als etwas undiszipliniert empfunden. Wir müssen im Digitalen erst noch lernen, wer wann reden kann. Es ist vor dem Bildschirm eine andere Situation, weil man Gestik und Mimik der meisten gar nicht sieht. Die nonverbale Kommunikation ist ausgeblendet. An Moderatoren von Veranstaltungen werden auf einmal ganz neue Anforderungen gestellt. Redebeiträge, Einwände oder Fragen können nur linear wahrgenommen und beantwortet werden. Das heißt, dass viele Chat-Einträge auf einmal nicht aufgenommen werden können, wie Unterbrechungen wirken und dabei Stress verursachen. Bei physischen Vorträgen wartet man den Redebeitrag auch erst ab und hat dann die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Das müssen wir digital adaptieren und so eine neue Veranstaltungskultur erlernen. Daher werden im Anschluss an die Vorträge die Fragen auch live beantwortet. Ich wünsche mir, dass der Chat nicht als Ort für Unmutsäußerungen genutzt wird, sondern als ein Ort, um sachliche Fragen zu stellen und sachlich zu kommentieren.

Was wird aufgrund der gemachten Erfahrungen konkret angepasst?

Wir wollen große Teile der Versammlung live im Videokonferenzmodus abhalten, um wie gesagt dem physischen Format so nahe wie möglich zu kommen. Dabei sollte es auch nur bei Themen bleiben, die die Vertreterversammlung betreffen. Es geht mir um eine stringente Durchführung der Versammlung, bei der alles für die Vertreterversammlung Relevante zur Sprache kommt, aber in einem vertretbaren und machbaren Rahmen und in gegenseitigem Respekt. Im Netz spricht man in diesen Fällen von Netiquette. Das soll auch kein Maulkorb sein. Ich bitte alle Vertreter, ihre Fragen, die sich nach Eingang der Unterlagen und nach den Infogesprächen zur Versammlung ergeben, möglichst im Vorfeld an DATEV zu adressieren, dann können viele offene Punkte bereits zu Beginn der Versammlung als erledigt betrachtet werden.

Alle hoffen ja wieder auf einen baldigen persönlichen Kontakt. Ab wann können wir wieder mit einer herkömmlichen Vertreterversammlung vor Ort rechnen?

Hoffentlich so schnell wie möglich. Vorstand und Aufsichtsrat planen je nach Entwicklung des Lockdowns beziehungsweise der Pandemielage in der zweiten Jahreshälfte 2021 einen Demo-Day, der jenseits des fachlichen Austauschs auch dem persönlichen Kontakt dienen soll. Wenn es die Situation erlaubt, wäre ein gemeinsames Abendprogramm wünschenswert. Denn den persönlichen Kontakt vermissen wir alle.

Und wie wird es dieses Jahr mit den anderen physischen Veranstaltungen aussehen? Können wir uns Hoffnungen auf persönliche Begegnungen machen?

Auch die bereits geplanten Infogespräche müssen leider virtuell stattfinden. Hier können wir auch noch die Fragen klären, die im virtuellen Rahmen der Vertreterversammlung aus Zeit- oder Kontextgründen nicht berücksichtigt werden konnten. Es geht also nichts verloren. Wir müssen uns digital nur anders organisieren. Die bereits feststehenden Termine bleiben für die Infogespräche bestehen, jedoch werden die Gespräche halbtägig am Nachmittag stattfinden und ohne Vorabendprogramm. Wie bei den Infogesprächen wird dazu nach Regionen eingeladen, sodass die Vertreter im vertrauten Umfeld diskutieren können. Die Gespräche werden als Videokonferenzen stattfinden. Die Gremien erhalten wie gewohnt die Möglichkeit, ihre Berichte vorzustellen. Zudem wird zum Jahresabschluss und zur Produktplanung informiert. Auch hier besteht ausreichend Raum für Diskussionen.

Die Pandemie hat nicht nur Auswirkungen auf die DATEV-Veranstaltungen, sondern auf den Berufsstand generell, etwa auf die Zusammenarbeit zwischen Kanzlei und Mandant. Wo sehen Sie die Herausforderungen?

Als Aufsichtsrat begleiten wir grundsätzlich die digitale Transformation des steuerberatenden Berufsstands, gerade auch in diesen schwierigen Zeiten. Durch die erzwungene Distanz haben die digitale Zusammenarbeit und der virtuelle Austausch einen positiven Schub erhalten. Obwohl das in Teilen ganz einfach dem Lockdown geschuldet ist, ist das auch generell eine sehr positive Entwicklung bei der Digitalisierung des Berufsstands. Hier sollten wir in der Krise eine Chance sehen und diese ergreifen. Denn die digitalen Möglichkeiten erleichtern den Austausch über größere Distanzen, solange wir keinen persönlichen Kontakt zu unseren Mandanten aufnehmen können.

Welche Möglichkeiten nutzen Sie in Ihrer Kanzlei, um sich mit den Mandanten auszutauschen und mit ihnen zusammenzuarbeiten?

Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten zu 50 Prozent im Homeoffice und teilen sich wochenweise auf. Da hilft natürlich Remote-Fähigkeit und die vollumfängliche Anwendung von digitalen Produkten und Lösungen. Wir haben nach dem ersten Lockdown hier noch einmal kräftig nachgerüstet. Besuche von Mandanten haben wir nahezu auf null reduziert, um die Mitarbeiter nicht zu gefährden. Besprechungen finden überwiegend als Videokonferenzen statt, auch hier stellen wir eine hohe Akzeptanz bei vielen Mandanten fest.

Wie kommt der Berufsstand aus Ihrer Sicht durch die Pandemie? Kanzleien, die digital arbeiten, können in der jetzigen Situation besser agieren und reagieren. Die Arbeitsbelastung in der Kanzlei hat durchaus zugenommen, denn bei den zu beantragenden Überbrückungshilfen benötigen die Mandanten jede erdenkliche Unterstützung. Fast jedes dritte Unternehmen fragt nach Hilfe. Fristverlängerungen helfen kurzfristig, aber sie bringen die Arbeit ja nicht vom Tisch. Also gilt es auch die eigenen Prozesse auf Effizienz zu trimmen, damit wir nicht in der Menge der Arbeit absaufen. Viele Kanzleien stellen sich der Thematik und werden, was ihre Prozesse angeht, gestärkt aus der Pandemie hervorgehen. Aber wir brauchen auch kein Blatt vor den Mund nehmen: Der Lernprozess war und ist für viele schmerzhaft. In der Außenwahrnehmung hoffe ich, dass unser Berufsstand bei den politischen Entscheidern als verlässliches Element in der Interessenwahrnehmung für die KMU nachhaltig in Erinnerung bleibt.

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Termin Vertreterversammlung: 25. Juni 2021

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Zu den Autoren

Kerstin Putschke

Chefredakteurin DATEV magazin

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Markus Riedl

Redaktion DATEV magazin

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