Geschäftszahlen 2020 - 24. Juni 2021

Die Wirtschaftsleistung wird steigen

Aus Risiken Chancen machen und trotz der anhaltenden Pandemie optimistisch bleiben: DATEV hat das vergangene Jahr trotz wirtschaftlicher Hürden erfolgreich gemeistert, weil die Genossenschaft einmal mehr zum starken Verbund für den Mittelstand und die Steuerberater wurde.

Wie steht es um die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der DATEV mit Rückblick auf 2020?

Diana Windmeißer: Das letzte Jahr war vor dem Hintergrund der Pandemie in jeglicher Hinsicht ein besonderes. Was mir daher zunächst wichtig ist, dass wir als Genossenschaft in diesem herausfordernden Jahr ein starker und verlässlicher Partner für unsere Mitglieder waren. Unser Geschäftsmodell hat sich erneut als tragfähig und stabil erwiesen – trotz der andauernden Krise. Auch wenn wir unsere ursprünglichen Wachstumsplanungen nicht ganz erreicht haben, weisen wir mit einem Plus von 5,1 Prozent ein deutliches Umsatzwachstum aus. Im Vergleich dazu ist der IT-Markt um 0,7 Prozentpunkte und das Bruttoinlandsprodukt um fünf Prozent geschrumpft. Hier muss man allerdings wissen, dass sich konjunkturelle Effekte in der Vergangenheit bei DATEV mit etwas Zeitversatz gezeigt haben. Es bleibt also trotz des wirtschaftlichen Erfolgs weiterhin herausfordernd, auch wenn wir sehr optimistisch in die Zukunft blicken.

Wie schätzen Sie die Situation in diesem Jahr ein? Wagen Sie schon einen Blick in die Zukunft?

Der Blick nach vorne zeigt zunächst einen guten und erfolgreichen Start ins Jahr 2021. Wir sind sehr gut vorbereitet. Im Shutdown und auch mit den zunehmenden Lockerungen funktioniert der großflächige Einsatz von Homeoffice reibungslos. Die Liquiditäts- und Geschäftslage beobachten wir genau und nutzen unterschiedliche Indikatoren zur Einschätzung der wirtschaftlichen Situation. Wir fühlen uns gut vorbereitet für dieses Jahr und wollen und werden weiter auf Wachstum setzen. Gleichzeitig haben wir im Jahr 2021 noch weitere Sondereffekte, wie zum Beispiel die Fristverlängerung zu Steuererklärungen oder die geduldete spätere Offenlegung der Jahresabschlüsse. Das sehen wir sehr schnell an den Übermittlungszahlen der E-Bilanzen. So gibt es diverse gegenläufige Effekte, die auch 2021 wieder eine Rolle spielen werden. Einige davon sind temporärer Natur, andere wiederum werden nachhaltig verankert bleiben. Denn eines wird auch deutlich: Es gibt Änderungen beim Nachfrageverhalten in der Gesamtwirtschaft. Und das spüren wir auch bei unseren Mitgliedern und deren Mandantinnen und Mandanten. Die Bedeutung von IT-Dienstleistungen und durchgängigen digitalen Prozessen nimmt zu. Grundsätzlich ist die gesamte marktwirtschaftliche Entwicklung unsicher. Sämtliche Institute überschlagen sich mit Prognosen und verdeutlichen recht schnell, dass die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts für 2021 maßgeblich vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie abhängt. Darunter fallen vor allem die Dauer und der Umfang von staatlichen Infektionsschutzmaßnahmen sowie die damit verbundene Impf- und Teststrategie der Bundesregierung. Der Arbeitsmarkt zeigt sich in der aktuellen Phase aufgrund der Kurzarbeiterregelung relativ robust, denn es gab keine so großen Einschläge wie ursprünglich erwartet. Zudem beobachten wir die Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen sehr genau. Aufgrund der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende April 2021 befinden sich diese noch auf historisch niedrigem Niveau. Am Ende wird es schwierig sein, genau zu ermitteln, welche Insolvenz Corona-bedingt ist und welche Insolvenzen auf eine normale Marktbereinigung zurückzuführen sind. Denn eines wird in dieser Zeit auch deutlich: Die Zahl der Gründungen von Unternehmen mit neuen Geschäftsmodellen ist auf hohem Niveau. Auch diese können traditionelle Märkte radikal erobern. So wird auch das Jahr 2021 trotz aller Herausforderungen eine Vielzahl an neuen Chancen mit sich bringen.

Wie, glauben Sie, wird sich diese Krise auf den Mittelstand, den Berufsstand und damit auch auf DATEV auswirken?

Die gesamtwirtschaftliche Lage wird maßgeblich von den Maßnahmen zur Eindämmung der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abhängen. Davon sind Mittelstand, Berufsstand und auch unsere Genossenschaft betroffen. Natürlich sind unsere Mitglieder in der aktuellen Situation extrem gefordert. Sie werden bei Überbrückungshilfen als Compliance-Instanz hinzugezogen, gleichzeitig betreut fast jede Kanzlei Mandantinnen und Mandanten, die in Existenznot geraten sind. Die steuerlichen Beraterinnen und Berater nehmen damit in dieser Pandemie eine enorm wichtige Rolle ein, und als Genossenschaft werden wir dabei bestmöglich unterstützen. Die Auswirkungen auf den Mittelstand sind so vielschichtig wie der Mittelstand selbst. Bei allen gesundheitlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen hat sich die Pandemie als Digitalisierungskatalysator gezeigt. Insgesamt ist die Digitalisierung des Mittelstands in Deutschland zwar noch lange nicht so fortgeschritten, wie sie sollte, aber die Entwicklung ist ermutigend. Digitalisierung ist also kein Nice-to-have, sondern absolute Notwendigkeit. Wie in jeder Krise gibt es auch in der aktuellen Gewinner und Verlierer. Ein entscheidender Faktor ist sicherlich, wie stark digitalisierbar die entsprechenden Geschäftsmodelle sind.

Greift bei DATEV in Krisenzeiten ein spezielles Frühwarnsystem oder Risikoinventar?

DATEV ist sehr gut aufgestellt, wenn es ums Risikomanagement geht. Dies mag an unserer Rechtsform, der Genossenschaft, liegen oder weil wir in den vergangenen 50 Jahren schon zahlreiche konjunkturelle Erfahrungen durchlebt haben. Wir haben ein sehr ausgefeiltes Risikomanagementsystem. Kürzlich bezeichnete der Bundesverband der Deutschen Industrie die Pandemie als Stresstest für die Wirtschaft. Das DATEV-Risikomanagement hilft uns, Risiken zu identifizieren, zu bewerten und geeignete Gegenmaßnahmen zu aktivieren. Somit hat die Pandemie gleichermaßen Implikationen für eine Vielzahl von Risiken wie ein konjunktureller Abschwung, krankheitsbedingte Ausfälle oder Liquiditätsengpässe. Die Risikosituation der Genossenschaft weist trotz der potenziell möglichen negativen Folgen der Corona-Pandemie erfreulicherweise für das Jahr 2020 keine erhöhte Risikoanfälligkeit auf. Weder einzelne Risiken noch ihre Gesamtheit üben einen wesentlichen Einfluss auf unsere Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aus.

Wie schlägt sich die wirtschaftliche Situation in den einzelnen Produktgruppen nieder?

DATEV ist seit dem vergangenen Jahr wie viele andere Unternehmen stark beeinflusst von drei großen Faktoren: Kontaktbeschränkungen, Konjunkturentwicklung und Digitalisierung. Und daraus ergeben sich auch recht deutlich die Auswirkungen auf unsere Produktgruppen. Gerade Beratungen und Schulungen waren und sind von den Kontaktbeschränkungen betroffen. Hier hatten wir zu Beginn der Pandemie große Einschnitte erwartet. Da wir aber sehr schnell auf Online-Angebote umgestiegen sind, konnte der Rückgang teilweise kompensiert werden. Trotzdem hatten wir in dieser Produktgruppe einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Der Konjunktureffekt zeigt sich besonders deutlich bei den Personalwirtschaftsprodukten. Weil fast jeder dritte Arbeitnehmer in Deutschland seine Abrechnung über DATEV erhält, merken wir hier die Konjunktureintrübung sehr deutlich. 2019 hatten wir durchschnittlich 13,3 Millionen Gehaltsabrechnungen pro Monat; 2020 waren es durchschnittlich 13,1 Millionen pro Monat. Unsere vor Jahren eingeschlagene konsequente Digitalisierungsstrategie ist eine wichtige Konstante im Zuge der Pandemie. Das wird deutlich an dem Umsatzwachstum der Cloud-Indikatoren. Diese sind um rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Und diese Cloud-Indikatoren sind in einer Vielzahl von Produktgruppen vorhanden. Es zeigt sich also, dass sich auch hier die Effekte tief in unserem Produktportfolio widerspiegeln.

Die Cloud-Entwicklung scheint richtungsweisend. Welche Trends zeichnen sich hier ab?

Cloud-Anwendungen sind einer der zentralen Umsatz- und Zukunftsfaktoren. Sie umfassen Rechenzentrumsleistungen im Rechnungswesen, bei Steuern und Lohn, Services wie revisionssichere Archivierung und, ganz wichtig, die geschützte Datenübermittlung an Institutionen wie Krankenkassen oder Finanzbehörden. Der Vorteil ist, dass diese Cloud-Anwendungen aus vielen DATEV-Produkten heraus genutzt werden können. Um den Erfolg der Cloud-Anwendungen sicherzustellen, sind mir dabei vor allem auch zwei Aspekte wichtig. Erstens: Es ist entscheidend, dass wir eine leistungsfähige Infrastruktur bereitstellen. Wir haben trotz der unsicheren Lage im vergangenen Jahr weiter deutlich in die Rechenzentruminfrastruktur investiert, und das wird auch für 2021 weiterhin Gültigkeit besitzen. Und zweitens investieren wir auch in die Skills unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Entwicklung überhaupt erst ermöglichen. Künstliche Intelligenz oder Automatisierung, Machine Learning, Data Analytics, Robotik, Cloud Computing oder Chatbots und Plattformstrategien werden vor allem das Rechnungswesen und unser Unternehmen künftig dominieren. Eine zentrale Rolle spielt der sichere Umgang mit Daten. Grundvoraussetzung ist eine europäische Daten- und Cloud-Infrastruktur. Wir hoffen, dass sich durch die GAIA-X-Initiative der Bundesregierung etwas bewegen und es eine europäische Lösung geben wird, die das Vertrauen in die Datenhaltung stärkt. Unsere Mitglieder werden ihre Mandantinnen und Mandanten datenbasiert beraten, weshalb wir neben individuellen Auswertungen beispielsweise Werkzeuge für die Gehaltsberatung der Unternehmensmandate anbieten werden.

Wie entwickeln sich die langfristigen Wachstumsperspektiven von DATEV?

Ich gehe davon aus, dass wir auch in diesem Jahr Wachstum und steigende Umsatzerlöse haben werden. Wir erwarten also weiterhin stabile und nachhaltige Entwicklung unserer Genossenschaft. Wir werden unsere Themen rund um Digitalisierung und Automatisierung konsequent vorantreiben. Und unsere Mitglieder werden diese und die Angebote aus dem Kerngeschäft vermehrt nachfragen. Ich sehe mehr Chancen als Risiken für DATEV.

DATEV hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein. Was bedeutet das für die Genossenschaft?

Es ist essenziell, dass sich die Unternehmen mit ihrem eigenen Beitrag zur Klimaneutralität und dem ökologischen Handeln intensiv auseinandersetzen. Denn neben der Tatsache, dass es sich dabei um eine der zentralen globalen Herausforderungen unserer Zeit handelt, wird Nachhaltigkeit immer mehr zum Wettbewerbsfaktor. Das wird alleine daran deutlich, dass das gesellschaftliche Bewusstsein für dieses so wichtige Thema in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. DATEV setzt hier auf die drei Säulen: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Wir haben das verantwortungsvolle Wirtschaften und den sozialen und verantwortungsvollen Umgang miteinander neben den ökologischen Aspekten im Fokus. Das leben wir bei DATEV ja schon seit jeher. In diesem Zuge hat auch DATEV das Ziel ausgerufen, bis 2030 klimaneutral zu sein. Dabei spielt die Energieeffizienz im eigenen Haus seit Jahren eine zentrale Rolle. Deswegen initiieren wir eine Vielzahl von Green-IT-Maßnahmen, um vor allem die Rechenzentren energieeffizient zu steuern. Hier gilt es, sich stetig und kontinuierlich zu verbessern. Zudem steht die Nutzung erneuerbarer Energien im Fokus. Allein 2020 ging der externe Strombezug um fast fünf Prozent zurück. Dazu hat unter anderem auch eine weitere installierte Fotovoltaikanlage auf dem Dach des IT-Campus‘ beigetragen. Auch das Thema Mobilität hat starke Auswirkungen auf die Ökobilanz, weshalb wir uns damit beschäftigen, wie wir unsere Mobilität im Unternehmen noch nachhaltiger gestalten können. Auf unserem Weg lassen wir uns auch regelmäßig zertifizieren. Seit 2018 beteiligt sich DATEV am Deutschen Nachhaltigkeitskodex, einem branchenübergreifenden Transparenzstandard, der unternehmerische Nachhaltigkeitsleistung sichtbar macht und zeigt, wo wir im Wettbewerbsvergleich stehen. Kürzlich haben wir unser Umweltmanagement nach ISO 14001 zertifizieren lassen, wodurch wir kontinuierlich an der Verbesserung der Umweltleistung arbeiten. Gerade in Zeiten der Pandemie ist es wichtig, dass die ökologischen und nachhaltigen Initiativen nicht gestoppt oder zurückgehalten werden. Vielmehr gilt es, weiterhin konsequent die notwendigen Schritte zu gehen. Denn auf dem Weg zur Klimaneutralität zählt jede einzelne Maßnahme.

Alles stand in den vergangenen Monaten im Zeichen der Pandemie. Wie sieht Ihr Fazit aus, nach eineinhalb Jahren steuern in der Krise? Es war herausfordernd. Diese Herausforderungen erfolgreich gemeinsam im Sinne unserer Mitglieder zu meistern, macht uns als Unternehmen stark. Was mich in dieser Pandemie daher besonders begeistert hat, ist der großartige Zusammenhalt im Unternehmen. Ich bin sehr stolz darauf, was wir in dieser Zeit geleistet haben. Gemeinsam.

MEHR DAZU

Ab dem 9. Juli 2021 unter www.datev.de/geschaeftsbericht

Über die aktuelle wirtschaftliche Lage im Mittelstand gibt die regelmäßige Befragung unter den DATEV-Mitgliedskanzleien einen Überblick: www.datev.de/corona-barometer

Zu den Autoren

Kerstin Putschke

Chefredakteurin DATEV magazin

Weitere Artikel der Autorin
Astrid Schmitt

Redaktion DATEV magazin

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