DATEV setzt beim Thema Software für die neue Grundsteuer auf den Kooperationspartner fino taxtech GmbH. Seit dem 20. Dezember 2021 ist die Genossenschaft mit 51 Prozent auch mehrheitlicher Anteilseigner.
Diese neue Qualität der Verbundenheit äußert sich nun auch personell: Mit Christian Vos hat DATEV einen Geschäftsführer in das Gemeinschaftsunternehmen entsendet. Im Interview spricht er über seine neue Aufgabe, die Herausforderungen und das Unternehmen, das er künftig mit führt.
magazin: Herr Vos, mit Ihrer Berufung ändert sich die Zusammensetzung der Geschäftsführung der fino taxtech. Wie ist das Führungsgremium nun aufgebaut?
CHRISTIAN VOS: Bislang bildeten die beiden Gründer Florian Christ und Björn Kahle, die gleichzeitig auch Gesellschafter sind, die Geschäftsleitung der fino taxtech GmbH. Nun wird das Gremium um zwei Personen erweitert: um mich als Geschäftsführer, der seit elf Jahren bei der DATEV in unterschiedlichen Bereichen gewirkt hat und künftig die Interessen des Hauptgesellschafters einbringt, und Inga Krämer, die Wissen und Erfahrung aus dem Tech-Bereich einer großen deutschen Bank mitbringt.
Was reizt Sie an der Aufgabe und was bringen Sie dafür mit?
Meine Motivation ist ähnlich vielschichtig wie die Aufgabe, die mich erwartet. Zunächst einmal sehe ich mich als Vertreter der DATEV und ihrer Mitglieder. Der Steuerberatung bin ich sehr verbunden. Ich habe meinen beruflichen Weg mit einer Ausbildung zum Steuerfachangestellten begonnen und zunächst 15 Jahre in Steuerberatungskanzleien gearbeitet – unter anderem als Bilanzbuchhalter. In meiner Zeit bei DATEV habe ich das Unternehmen und unsere Mitglieder aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennenlernen dürfen: Ich war beispielsweise als Berater und Projektleiter für Kanzleien im Kanzleimanagementumfeld, als Verantwortlicher für die Schnittstelle zwischen unserem Außendienst und der Entwicklung und als Abteilungsleiter im Key-Account-Management für unsere internationalen und nationalen Konzerne und Netzwerke verantwortlich. Zuletzt leitete ich das Experience Center sowie Teile der DATEV-Kundenveranstaltungen und war Leiter für ein Projekt, welches notwendige Change-Impulse in den Vertrieb gesetzt hat. Diese vielfältigen Erfahrungen möchte ich nun als Bindeglied zwischen DATEV, den Mitgliedern und fino taxtech in die Geschäftsführung einbringen. Und ich bin sehr gespannt auf die agile Kultur eines jungen, kleinen Software-Unternehmens. Das wird auch für mich noch einmal eine ganz neue Erfahrung.
Wie definieren Sie Ihre Rolle als Geschäftsführer?
Für mich geht es in erster Linie darum, die Geschicke eines kleinen, agilen Unternehmens mit allen Facetten bis zur Personalverantwortung mit den die Beteiligung betreffenden Interessen der DATEV in Einklang zu bringen. Das wird eine spannende Herausforderung. Übrigens werde ich oft auf die Bedürfnisse des steuerberatenden Berufsstands angesprochen, wenn es um die Mehrheitsbeteiligung der DATEV bei fino taxtech geht, und wie ich diese dort vertreten will. Durch Partnerschaften zu Technologieunternehmen wie fino taxtech geht DATEV gemeinsam mit dem steuerberatenden Berufsstand in die Zukunft. Ich persönlich glaube, dass der Berufsstand seinen Blickwinkel erweitern und für die Zukunft lernen muss, dass Schnittstellen nicht feindlich sind. fino taxtech handelt per se schon im Interesse des Berufsstands, indem es eine passende Lösung mit Anbindung an DATEV bereitstellt. Wenn der Berufsstand künftig in seiner primären Rolle als Berater für den Mandanten noch stärker wirken möchte, ist er auf Schnittstellen angewiesen und hier sehe ich eine große Chance. Die Grundphilosophie von fino taxtech passt deshalb auch perfekt zur Strategie der DATEV. Gute Cloud-Lösungen in einem Ökosystem anbieterübergreifend zu verknüpfen, ist ein hervorragender Weg, um den Berufsstand bestmöglich in die Lage zu versetzen, auch in Zukunft erfolgreich seine Rolle zu erfüllen.
Welche Ziele haben Sie sich gesteckt – für das laufende Jahr, aber natürlich auch darüber hinaus?
Mein Primärziel ist natürlich, als Partner der DATEV das wichtige Thema Grundsteuer zum Erfolg zu führen, und unseren Kunden mit der Lösung GrundsteuerDigital die Abwicklung der anstehenden Aufgaben um die Grundsteuer so einfach wie möglich zu machen. Darauf liegt für das laufende Jahr ganz klar der Fokus und daran werde ich mich auch messen lassen. Darüber hinaus möchte ich aber auch die Prozesse und die Geschwindigkeit eines Start-ups nutzen, das gewissermaßen als Schnellboot bei ausgewählten Themen in weniger Abhängigkeiten steckt und somit schneller konkreten Nutzen für unsere gemeinsamen Kunden erzeugen kann als das – und das ist jetzt keineswegs despektierlich gemeint – große Schiff DATEV. Ich bin überzeugt, dass fino taxtech und DATEV viel voneinander lernen können. Auch wenn der Vergleich etwas hinken mag: Als Vater von drei Söhnen lerne ich jeden Tag auch von den vermeintlich Kleinen. Über eine gute Symbiose in der Zusammenarbeit aus beiden Welten werden wir gemeinsam erfolgreich sein, sodass alle Parteien gewinnen: fino taxtech, DATEV und natürlich die Steuerberater und Kunden. Und mir ist sehr wichtig, dass wir die fino taxtech GmbH als eigenständiges Unternehmen wahrnehmen, sie soll kein bloßes Anhängsel der DATEV werden.
Warum hat sich DATEV eigentlich für eine Beteiligung entschieden?
Es war ein mehr oder weniger organischer Prozess, der dorthin geführt hat. Die Entscheidung, das Thema Grundsteuer über eine Kooperationslösung anzugehen, war zunächst eine klassische Produktportfolioentscheidung, die DATEV getroffen hat. Wichtige Aspekte bei der Wahl des Partners waren vor allem die Expertise und Erfahrung in der Software-Entwicklung und in der Erstellung von Schnittstellen, Branchenexpertise in der Steuerberatung und die Stabilität des Unternehmens. Auch die Bereitschaft auf DATEV-Wünsche einzugehen, ein vertrauensvoller, partnerschaftlicher Umgang und nicht zuletzt die grundsätzliche Möglichkeit einer strategischen Beteiligung spielten von vorneherein eine wichtige Rolle. Im Rahmen der intensiven Zusammenarbeit war die Mehrheitsbeteiligung die naheliegende nächste Entwicklungsstufe und logische Konsequenz. Sie schafft eine gute Basis für umfassende Mitsprache bei den unternehmerischen Entscheidungen der fino taxtech und gleichzeitig steht DATEV den Mitgliedern gegenüber auch als Garant für die Stabilität des Gemeinschaftsunternehmens.
fino taxtech ist ja eigens für die Entwicklung von GrundsteuerDigital gegründet worden und hat nur dieses eine Produkt. Die Wertefeststellung für die Grundsteuer ist künftig alle sieben Jahre vorgesehen. Was plant das Unternehmen in den Jahren, in denen voraussichtlich weniger Umsatz mit der Grundsteuerlösung zu machen ist?
Ich habe nicht die Befürchtung, dass es uns langweilig wird, wenn wir mit Ablauf des Oktobers 2022 die heiße Phase der Grundsteuerreform hinter uns gebracht haben. Ja, aktuell ist noch schwer einzuschätzen, wie stark GrundsteuerDigital auch danach genutzt wird, aber es gibt bereits zumindest in einigen Bundesländern Überlegungen, dass von der angesprochenen Sieben-Jahres-Regelung abgewichen werden soll. Andere Planungen sprechen auch davon, dass eine erneute Einreichung der Feststellungserklärung grundsätzlich auch bei Schwankungen der Grundstückspreise obligatorisch werden soll, wenn die Differenz 15.000 Euro übersteigt. Da ist noch viel im Fluss, und das macht auch meine Aufgabe spannend. Völlig losgelöst von der Grundsteuer gibt es aber auch eine Vielzahl an Themen, die wir bei fino taxtech perspektivisch vorantreiben werden – darunter selbstverständlich auch solche, die wir gemeinsam mit DATEV, aber auch mit anderen Gesellschaften aus dem fino-Verbund forcieren können. Im Moment ist das aber noch Zukunftsmusik und wir richten unsere Aufmerksamkeit erst einmal auf die kommenden Monate, um die Erwartungen unserer Kundinnen und Kunden beim Thema Grundsteuer zu erfüllen und dem engen Zeitplan der Finanzverwaltung gerecht zu werden.