DATEV 2025 – konkret - 26. Januar 2017

Unser Weg in die digitale Transformation

Sie bezeichnet so etwas wie den pers­pek­ti­vi­schen Flucht­punkt einer nicht nur wirt­schaft­lichen, sondern ge­samt­ge­sell­schaft­lichen Ent­wick­lung: die digitale Trans­for­ma­tion. Und trotzdem ist sie nicht mehr als ein Buzz­word, so lange die Vor­stel­lun­gen dazu eher vage und die Begriffe nicht mit kon­kreten In­halten gefüllt sind. Damit dies nicht so bleibt, hat der Vor­stands­vor­sitzende Dr. Robert Mayr die DATEV-Kongresse 2016 genutzt, um aufzuklären.

Längst ist es zu einem Gemeinplatz geworden, dass die digitale Transformation, die Verwandlung hin zur Industrie 4.0, kein Zukunftsszenario abbildet, sondern sich bereits vor unser aller Augen vollzieht, dass es folglich nur darum gehen kann, diese unumkehrbare Entwicklung als Chance zu begreifen und deren Risiken zu minimieren. Und was heißt das konkret? Dass wir neue Formen der Kooperation, neue Produkte und neue smarte Services entwickeln müssen, wenn wir den An­schluss nicht verpassen wollen. Dies gilt für DATEV gleichermaßen wie für den Berufsstand und natürlich auch für die Mandantenbetriebe.

Digitalisierung heißt …

… zum einen, die gewaltigen Datenmengen, die heute verfügbar sind, durch deren intelligente Verknüpfung ertragswirksam auszuschöpfen (Big Data). Die großen Online-Handelsplattformen wie Amazon, eBay und Zalando machen seit Jahren vor, wie das geht: Die sich ansammelnden Daten der Kunden verraten eben eine Menge über deren Interessen und lassen damit erstaunlich verlässliche Schlüsse auf deren künftiges Kaufverhalten zu. Das Entscheidende dabei: Diese Schlüsse ziehen nicht etwa geschulte Menschen durch Einzelfallbetrachtung, sondern Algo­rith­men. Ohne Übertreibung kann man sagen: Die Systeme wissen, was wir kaufen, bevor wir ahnen, was wir wollen, – und das zuverlässiger als der aufmerksamste Verkäufer. Kommen noch andere Daten wie unsere Likes in den sozialen Netzwerken dazu, werden wir vollends durchsichtig. 70 Likes reichen, um ein genaueres Verhaltensbild von uns zu zeichnen, als unsere Freunde es könnten, bei mehr als 300 Likes schlägt der Algorithmus sogar die Charakterbeschreibung durch den Ehepartner. Für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwälte bedeutet dies: Präzise digitale Auswertungen verbunden mit der Intuition und Erfahrung des Beraters enthalten ein gewaltiges Potenzial. Die ökonomische Situation des Mandanten wird transparenter denn je, der Berater muss vom Verwalter der Daten zum Coach in allen betriebswirtschaftlichen Prozessen werden, der Risiken und Chancen frühzeitig wahrnimmt und wie ein Katalysator den Geschäftserfolg seines Mandanten befördert. Er wird entweder vom bloßen Deklarator zum Inspirator, zu dem be­ra­ten­den Vertrauenspartner des Unternehmers, oder er gerät bei voranschreitender Auto­ma­ti­sierung zu­neh­mend unter Druck, droht seine Wettbewerbsfähigkeit und damit Marktanteile zu verlieren. Eine Studie der Universität Oxford führt darum Steuerberater und Buchhalter in einem Ranking der durch die Digitalisierung bedrohten Berufe weit oben, und die australische Steuerverwaltung hat eine App am Start, bei der die Finanzverwaltung selbst die ganze Arbeit macht, sofern die Belege nach Rubriken sortiert abfotografiert und am Jahresende an die Verwaltung geschickt werden. Und auch in Deutschland ist die vorausgefüllte Steuererklärung auf dem Weg.
Doch für den anstehenden Rollenwechsel vom Deklarator zum Berater ist der Berufsstand eigentlich bestens disponiert, denn durch die Verantwortung für die Buchhaltung besitzen die Kanzleien schon lange die Schlüsselgewalt über die Unternehmenskennzahlen, sie müssen nur etwas daraus machen, mit elektronischer Rechnungsbearbeitung etwa, dem Online-Kassenbuch, automatisiertem Mahnwesen und digitalen Belegarchiv. Außerdem – dies mag in einigem Maße beruhigen – fällt dem Steuerberater auch dann, wenn die Steuererklärung weitgehend vor­be­reitet ist, die Rolle des Plausibilitätsprüfers zu, der Nachrichten und elektronische Belege medien­bruch­frei an die Finanzverwaltung übermittelt und, gegebenenfalls, auch elektronisch Einspruch einlegt.
Und da sind wir schon mitten in der Automatisierung, etwa von Belegbuchungen und De­kla­ra­tions­tä­tig­keiten, was die Prozesse zwischen Kanzlei und Mandant stark verschlankt, ein Begriff, der eben auch die Tatsache umschreibt, dass bislang ertragswirksame Leistungen der Steuer­berater künftig weitgehend wegfallen werden. Welche neuen Beratungsleistungen können Steuerberater und in ihrem jeweiligen Metier ebenfalls betroffene Wirtschaftsprüfer und Rechts­anwälte stattdessen anbieten, und wie kann DATEV Sie alle als Ihr IT-Produktionsfaktor dabei unterstützen? Durch Produkte zu eben dieser Automatisierung von Routinetätigkeiten und Produkte zur datenbasierten Beratung!
Beide zusammen repräsentieren zugleich Kern und Ziel der Langzeitstrategie DATEV 2025. Der Blick auf betriebswirtschaftliche Kennzahlen zusammen mit automatisierten Auswertungen eröffnet den Kanzleien ganz neue Beratungsfelder. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Liqui­di­täts­planung. Zahlungsinformationen durch zurückliegende Kontoauszüge, regelmäßige Zah­lungs­muster, ausstehende Zahlungen, dank Big Data miteinander verknüpft, ergeben Echt­zeit­li­qui­di­täts­analysen, aus denen der Berater Handlungsempfehlungen ableiten kann. Entscheidend sind dabei immer der konkrete Nutzen und die Integrierbarkeit in die IT-Landschaften der Kanzleien. Auch bei Letzterem steht DATEV beratend zur Seite.

Die digitale Arbeitswelt …

… ist in jedem Fall zwingend Web- und Cloud-basiert, woraus sich auch unsere technologischen Leitlinien für die nächsten zehn Jahre ableiten, das bedeutet: DATEV-Lösungen werden künftig nicht nur, aber eben auch und immer häufiger als Online-Lösungen zur Verfügung stehen und dank kollaborativer Komponenten die Zusammenarbeit zwischen Kanzlei und Mandant auf ein neues Fundament stellen. Nur so lassen sich die betriebswirtschaftlichen Prozesse im Man­dan­ten­unter­nehmen mit den Prozessen in der Kanzlei in einer Weise verzahnen, dass ein Maximum an Synergie frei wird. Die Nutzenargumente liegen auf der Hand: Prozessvereinfachungen, die angesprochene bessere Kollaboration mit den Mandanten, ein höherer Komfort und die Option zu mobiler Software-Nutzung sind nur einige davon. Und natürlich ist das alles keineswegs nur Zukunftsmusik, sondern schon heute in Realisierung begriffen, Beispiel: DATEV Upload mobil, ein Tool, das den elektronischen Belegfluss und damit die Zusammenarbeit mit den Mandanten vereinfacht. Doch auch wenn es unser Ehrgeiz ist, Sie zu überzeugen, den Change in die Online-Welt mit uns gemeinsam zu vollziehen, wird es ein Bedrängen der Berufsträger auf keinen Fall geben. Auch 2025 werden Sie noch vor Ort in der Kanzlei installierte DATEV-Software (on Premise) nutzen können.
Die Datenhaltung ist bei allen online-basierten Szenarien virtuell in der DATEV-Cloud verortet, physisch in dem mit Maximalaufwand gesicherten DATEV-Rechenzentrum, in dem Kanzlei und Mandant nach Maßgabe einer differenzierten Rechtevergabe über sichere Leitungen auf dieselben Daten zugreifen.

Öffnung für Anbieter anderer Software

Proprietäre Lösungen, die sich nach außen hin abschotten, sind im Zeitalter der digitalen Kolla­bo­ration nicht mehr zeitgemäß, weil sie behindern würden, was es doch zu fördern gilt: die uni­ver­selle Vernetzbarkeit. DATEV öffnet darum mit DATEVconnect online das eigene System für Cloud-Lösungen anderer Hersteller, die Vorstellung von uns auf der einen Seite und unseren Mit­be­wer­bern auf der anderen gehört in dieser Form der Vergangenheit an. Stattdessen ergänzen wir das Portfolio durch branchenbezogene Lösungen externer Partner. Haben die eine Lösung, die wir nicht haben, sollen sie die Möglichkeit erhalten, diese mittels DATEVconnect online in die DATEV-Welt zu integrieren, medienbruchfrei, mobil und sicher, auf höchstem (DATEV-)Niveau in Sachen Datenschutz. Wir stellen in diesem Sinne eine Plattform zur Verfügung, auf der sich nicht nur Kanzlei und Mandant qualitätsgesichert digital vernetzen können, kurzum: DATEV will der führende IT-Ökosystemanbieter zur Gestaltung kollaborativer, betriebswirtschaftlicher Prozesse werden: ideale Basis für die Automatisierung von Routineaufgaben, während gleichzeitig ganz neue betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen erbracht werden können.

Das interne Software-Haus

All diesen Entwicklungen zollt DATEV auch organisatorisch Tribut.
So haben wir seit Oktober einen direkt dem Vorstandsvorsitzenden berichtenden Chief Digital Officer auf Geschäftsleitungsebene, dessen Aufgabe es ist, auf der Grundlage einer profunden Kenntnis der Kundenwünsche, die digitale Transformation innerhalb der DATEV voranzutreiben. Ihm zur Seite steht ein weiteres Geschäftsleitungsmitglied, dessen Blick genau in die andere Richtung – nach außen – geht und der aus den Markt- und Gesetzesentwicklungen Impulse und Ideen für die digitale Transformation ableitet – zwei neue Rollen, zwei Seiten einer Medaille. Und auch das ist noch nicht alles. Wir haben mit dem internen Software-Haus eine neue Abteilung geschaffen, deren Einsatzgebiete in erster Linie die strategischen Themen in der Software-Entwicklung der DATEV sein werden. Die neuen Mitarbeiter dieser Einheit werden als flexible Workforce projektbezogen an verschiedenen Baustellen eingesetzt, um ganz gezielt die Ent­wick­lung von solchen (Online-)Produkten voranzubringen, die der digitalen Transformation dienen beziehungsweise dieser zuzurechnen sind.

Und wie steht es um die Sicherheit?

Nun wird ein genereller Einwand nicht ausbleiben: Wie steht es um die Sicherheit der Daten und ihres Transfers, wie um die Angreifbarkeit der Systeme, wenn immer mehr und immer wichtigere Anteile der steuerberaterlichen Leistungserbringung online-basiert sind? Mit bloßen Be­schwich­tigungen ist niemandem gedient, denn die Sicherheitsrisiken und Bedrohungen wachsen im gleichen Maße, mit dem das Internet in immer mehr Lebens- und Arbeitsbereiche vorstößt. Berichte über spektakuläre Erfolge von Cyberattacken, über die Folgen von Erpressungs­trojanern (Ransomware), die ganze Computernetze durch Verschlüsselung in Geiselhaft nehmen können und diese erst nach Zahlung eines Lösegelds wieder freigeben, müssen uns alle beunruhigen. Über die Hälfte aller deutschen Unternehmen sind laut Bitkom in den letzten beiden Jahren zum Ziel entsprechender Angriffe geworden – Schaden: 51 Milliarden Euro. Es wäre unredlich, an dieser Stelle eine absolute Sicherheit versprechen zu wollen, garantieren können wir jedoch, dass Sie im Zuge der Digitalisierung Ihre Daten nirgendwo sicherer und verlässlicher verwahren können als im Datentresor des DATEV-Rechenzentrums. Die Hochsicherheitsinfrastruktur, die wir auch selbst erprobungshalber immer wieder Angriffen und Stresstests aussetzen, hat bei DATEV allerhöchste Priorität. Auch ist die DATEV über das Rechenzentrum sicher vernetzt und gerüstet für den geschützten Austausch von Daten mit rund 200 Institutionen wie der Finanzverwaltung, Sozial­ver­siche­rungs­trägern, Kassen, Banken, Berufsgenossenschaften oder statistischen Ämtern.
Wir, die DATEV als Partner des Berufsstands, sehen uns jedenfalls als Begleiter und Wegbereiter der digitalen Transformation für Steuerberater, Unternehmen und Mandanten und sind zugleich überzeugt, dass die Kernkompetenz der Berufsträger, Vertrauenspartner der Mandanten für sämtliche betriebswirtschaftlichen Prozesse zu sein, sich trotz dieses epochalen Wandels nicht ändern wird und wir, Berufsstand und DATEV, unsere gemeinsame Erfolgsgeschichte fort­schreiben werden.

Zum Autor

Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

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