Der Trend zu elektronischen Austauschprozessen zwischen Arbeitgebern und Institutionen hat wesentliche Vorgänge in der Lohn- und Gehaltsabrechnung verändert.
Unzählige neue Datenübermittlungsverfahren und damit auch Verpflichtungen für Arbeitgeber und Steuerberater als deren Dienstleister wurden in den vergangenen Jahren eingeführt. Die Liste ist lang: AAG (Aufwendungsausgleichsgesetz), ELENA (elektronischer Einkommensnachweis), EEL (Entgeltersatzleistungen), GKV-Monatsmeldung, Sozialausgleich, ELStAM (Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale), Zahlstellenmeldeverfahren etc.
Der Verzicht auf Papier ist unstrittig richtig. Manuell ausgefüllte Formulare oder verschiedenfarbiger Karton gehören nicht in die digitale Welt. Allerdings sollten die neuen Verfahren effizienter als die alten sein. Stellen sie tatsächlich eine Weiterentwicklung für die Lohnabrechnung dar? Gestatten Sie mir dazu eine etwas kontroversere Betrachtung.
Beginnen wir mit ELENA
Die Idee, Daten zentral zu speichern, um so verschiedene Institutionen zu bedienen, ist gut. Auch der technische Ansatz des Verfahrens ist gut. Den Arbeitgebern allerdings eine gesetzliche Meldepflicht aufzuerlegen, ohne sich zugleich um den Prozess bis zum Empfänger der Daten gekümmert zu haben, ist ein Vorgehen, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt war. Hinzu kam die Vorratsdatenspeicherung. Die gesetzliche Meldepflicht aufzuheben und letztlich das gesamte Verfahren inklusive Löschung der bereits gesammelten Daten zu beenden, war die richtige Entscheidung. Nur so ließ sich dauerhafter Doppelaufwand für die Arbeitgeber vermeiden.
Überraschenderweise verlief die Integration der Daten der Unfallversicherung in das DEÜV-Verfahren fast unbemerkt. Offensichtlich stört es niemanden, dass die Arbeitgeber seit Anfang 2009 nicht nur dafür Sorge tragen müssen, dass der Lohnnachweis rechtzeitig bei der Unfallversicherung eingeht, sondern darüber hinaus müssen die Daten zusätzlich in einem extra Baustein für das DEÜV-Verfahren gemeldet werden. Diese Daten haben auf die Beitragserhebung keinerlei Auswirkung. Sie dienen seit Jahren allein dem Vergleich mit den Lohnnachweisen. Zahlreiche aufwendige Nachbesserungen für Software-Ersteller und Kanzleien waren die Folge. Neu auftretende Probleme sind wiederholt Anlass, um die Abschaffung des Papierlohnnachweises um weitere Jahre zu verschieben. Konsequenz: Die Doppelbelastung für die Arbeitgeber bleibt weiterhin bestehen – mindestens bis 2016! Bis dahin ist der Lohnnachweis für 2015 abzugeben.
Verbesserungen überwiegen deutlich
Das Anfang 2011 gestartete Verfahren zur elektronischen Übermittlung der Anträge nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz ist sowohl für die Mitarbeiter in der Lohnabrechnung als auch für die Krankenkassen ein Gewinn. Hat ein Arbeitgeber für Krankheitsfälle oder Mutterschaft seiner Angestellten Aufwendungen, können diese teilweise oder vollständig erstattet werden. Bisher war der manuell zu stellende Antrag sehr aufwendig. Nun kann er leicht aus dem Abrechnungsprogramm erzeugt werden. Auch wurde durch zahlreiche Prüfungen und Automatismen in der Software eine wesentlich bessere Datenqualität erreicht. Krankenkassen müssen kaum noch nachbearbeiten oder rückfragen. In der Einführungsphase hat sich auch gezeigt, dass es im manuellen Verfahren Unterschiede bei der Erstattung einzelner Entgeltbestandteile zwischen den jeweiligen Kassen gab. In den meisten Fällen wurden die Bestandteile nicht erstattet, die eigentlich erstattungsfähig waren. Durch die maschinelle Prüfung und Übermittlung konnten diese Unterschiede überwiegend zugunsten der Arbeitgeber geklärt werden. Ich nehme an, auch bei den Krankenkassen ist eine stark automatisierte und damit effizientere Bearbeitung mittlerweile die Regel, sodass ein Großteil der Anträge dank der vorgelagerten maschinellen Prüfung nicht mehr einzeln geprüft werden muss.
Das unter EEL bekannte Datenübermittlungsverfahren, um Entgeltersatzleistungen zu beantragen, ist inzwischen eine Bereicherung für die Lohnabrechnung. Zwar stellen sich bei den Randgebieten durchaus noch einige Fragen, für die wichtigsten Ersatzleistungen, wie zum Beispiel dem Krankengeld, läuft das Verfahren aber mittlerweile rund. Die Vorteile liegen auch hier neben einer stark verkürzten Bearbeitungszeit vor allem in der deutlich besseren Datenqualität.
ELStAM läuft gut
Ein weiterer Fortschritt ist ELStAM. Seit Ende 2012 haben Arbeitgeber die Möglichkeit, ihre Beschäftigten im ELStAM-Verfahren anzumelden und die gültigen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale abzurufen. Durch die sogenannte gestreckte Einführung kann der Einstiegszeitpunkt in das ELStAM-Verfahren im Laufe dieses Jahres gewählt werden. Die durch ELStAM zurückgemeldeten Daten werden automatisch in die DATEV-Lohnprogramme eingespielt und für die Abrechnung verwendet. Auf dem gleichen Weg werden dem Arbeitgeber auch Änderungen übermittelt. Aktuell gibt es noch das eine oder andere Problem, das gelöst werden muss. Zum Beispiel kommt es zu Ablehnungen von Anmeldungen im ELStAM-Verfahren, wenn ein Arbeitnehmer nach erfolgter Abmeldung ein zweites Mal angemeldet werden soll, weil etwa der Arbeitgeber zum Hauptarbeitgeber wurde. Spätestens aber ab 2014 sollte das Verfahren so zuverlässig und stabil sein, um insgesamt den Prozess zu verbessern. Allein die entfallende Verwaltung der Lohnsteuerkarten und das nicht mehr notwendige manuelle Erfassen der Lohnsteuerabzugsmerkmale entlastet und das nicht nur bei Neueinstellungen, sondern vor allem bei Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale.
Was bringt die Zukunft, BEA?
Mit BEA (Bescheinigungen elektronisch annehmen) und der elektronischen Betriebsprüfung stehen die nächsten Verfahren in den Startlöchern, die ebenfalls die Kanzleiprozesse verändern werden. Mit BEA, der kleinen Enkelin von ELENA, wird der Aufwand für das Erstellen einer Arbeitsbescheinigung erheblich sinken. Die zu erwartende höhere Datenqualität dürfte auch zu weniger Nachfragen bei den Kanzleien, Arbeitgebern und der Agentur für Arbeit sorgen. Positiv ist außerdem, dass aus den Fehlern von ELENA gelernt wurde. Zum Beispiel wird mit BEA eine Arbeitsbescheinigung nur anlassbezogen und auf Verlangen des Arbeitnehmers oder der Bundesagentur für Arbeit übermittelt.
Auch die elektronische Betriebsprüfung kann sicher zu einer Verbesserung im Prüfungsprozess der Lohndaten führen. Die Daten werden durch das DATEV-Rechenzentrum an die Rentenversicherung übermittelt. Durch die elektronische Datenbereitstellung verringert sich der Aufwand für die Steuerberatungskanzlei und auch die Rentenversicherung verspricht sich vom neuen Verfahren eine effizientere und kostengünstigere Prüfung. Im Idealfall, wenn keine Prüfhinweise vorliegen, soll die Prüfung vor Ort vollständig entfallen.
Noch offen ist, ob und wenn ja, welche Veränderungen das Projekt OMS (Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit sich bringen wird. In diesem Projekt soll eine umfassende Untersuchung über bestehende elektronische Arbeitgebermeldeverfahren in der sozialen Sicherung und ihrer Verbesserungen durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollen Ende 2013 vorliegen.
Unterm Strich
Die Richtung stimmt, auch wenn in den vergangenen Jahren bei der Digitalisierung von Arbeitsprozessen im Rahmen der Lohnabrechnung nicht alles reibungslos verlief. Vor allem handwerkliche Fehler haben bei dem Übergang von Papier zu digital Schwierigkeiten bereitet und führten bzw. führen zu Mehraufwand in der Kanzlei. Insgesamt bieten sich aber dank der Digitalisierung und der damit verbundenen Prozessveränderungen in den Kanzleien viele Möglichkeiten, die Lohnabrechnung wirksam und wirtschaftlich abzuwickeln, sich aufgrund der gestiegenen fachlichen Anforderungen weiter als Partner für die Lohnabrechnung zu etablieren und vom Zuwachs neuer Mandate und Beratungsleistungen zu profitieren.
In der Software-Entwicklung der DATEV leiste ich für ein besseres Gelingen gerne meinen Beitrag. Eine Herausforderung bei komplexen, vielfältigen und häufig auch kurzfristig anstehenden Veränderungen. Umso wichtiger ist es, sich auf Verfahren zu konzentrieren, die durchdacht sind und von Beginn an Nutzen für alle Beteiligten stiften.