Auslandsgeschäft - 24. November 2022

Die Grenzüberschreiter

Nach 40 Jahren DATEV geht Stefan Kukla in den wohlverdienten Ruhestand. In den vergangenen 20 Jahren war er mit Leib und Seele Leiter des Auslandsgeschäfts. Ihm folgt David Schöner – auch in die Geschäftsleitung. Ein Gespräch über Gegenwart und Zukunft des Auslandsgeschäfts sowie Mitgliederkritik.

Im Gespräch mit Stefan Kukla

DATEV magazin: Herr Kukla, Sie hatten in 40 Jahren bei DATEV verschiedene Positionen inne. Zuletzt waren Sie lange Zeit Leiter der Auslandsmärkte. Wie blicken Sie auf diese Jahre zurück? STEFAN KUKLA: Die ersten 20 Jahre meiner DATEV-Tätigkeit möchte ich nicht ausklammern. Ich war 20 Jahre in der Software-Entwicklung. In der Zeit durfte ich mehrere Projekte leiten wie Lohnvorwegberechnung, Windows-Umstellung oder DATEVasp. Das waren letztendlich alles Erfahrungen, die ich später im Auslandsgeschäft gut gebrauchen konnte. Wir haben zum Beispiel in Italien mit null Kunden und einer ganz neuen Software-Entwicklung angefangen oder für den österreichischen Markt Produkte aus der DATEV eG abgeleitet. Es war eine anstrengende Zeit, zumal wir anfangs nicht wie jetzt Gewinne geschrieben haben, sondern mit Verlusten zu kämpfen hatten. Im Rückblick bin ich froh und dankbar, dass wir den Turnaround geschafft haben und dass das Auslandsgeschäft seit einigen Jahren deutliche Gewinne verzeichnet.

Wo steht das Auslandsgeschäft von DATEV heute?

STEFAN KUKLA: Man sieht an Italien und Österreich, dass man das Geschäftsmodell von DATEV erfolgreich ins Ausland bringen kann, indem man Vollsortimenter für Kanzleien ist und die wesentlichen Programme aus eigener Hand sowie dazu einen guten Service anbietet. Dann kann man Gewinne erzielen, muss aber wissen, dass es eine Zeit lang dauert, bis sich die positiven Effekte einstellen – vor allem, wenn man in einem Land bei null anfängt. Ich schaue also letztendlich mit Freude und Dankbarkeit zurück, auch wenn es in den Verlustjahren schon sehr schwierig war. Dankbar vor allem auch, weil ich mit so vielen tollen Menschen bei DATEV im Inland und auch im Ausland mit all ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen zusammenarbeiten durfte. Denn Erfolg stellt sich nur bei guter Teamarbeit ein.

Das Auslandsgeschäft stand und steht in der Kritik einiger Mitglieder. Was entgegnen Sie diesen kritischen Stimmen?

STEFAN KUKLA: Ich kann prinzipiell Mitglieder verstehen, die hinterfragt haben, was ihnen dieses Geschäft bringt – vor allem in der Zeit, in der das Geschäft noch keine Gewinne abgeworfen hat. Das ist jetzt anders. Im letzten Jahr betrug das Auslandsergebnis circa zehn Millionen Euro. Auf der anderen Seite weise ich immer darauf hin, warum wir eine Internationalisierungsstrategie haben. Zwei Drittel unserer Mitglieder haben international tätige Kunden, also reden wir hier nicht von einem Randgeschäft, sondern von der Mehrheit unserer Mitglieder. Und internationale Anforderungen sollen auch in den deutschen DATEV-Anwendungen berücksichtigt werden. Es geht also nicht nur darum, dass wir Auslandsniederlassungen oder Betriebsstätten im Ausland haben.

Viele größere Kanzleien fordern von DATEV, internationaler zu denken. Kleinere Kanzleien sehen das anders. Sollten auch diese internationaler denken?

STEFAN KUKLA: Ich gebe mal ein Beispiel: Als ich zum Auslandsgeschäft gekommen bin, habe ich mich mit vielen Kanzleichefinnen und Kanzleichefs unterhalten. Darunter war auch der Inhaber einer mittelgroßen Kanzlei in Ingolstadt, den ich gefragt habe, ob er überhaupt internationale Mandanten hat. Er hatte nur einen, jedoch einen großen Automobilzulieferer. Der Zulieferer war gezwungen, nach Ungarn zu gehen und dort eine Betriebsstätte zu eröffnen. Der Steuerberater wollte dieses große und gute Mandat nicht verlieren. Er hat sich also einen Steuerberater in Ungarn gesucht, mit dem er zusammenarbeitete. Der Steuerberater in Ungarn übernahm die lokale Buchführung und die Steuererklärungen. Der Steuerberater in Ingolstadt übernahm Controlling Aufgaben. DATEV unterstützt dieses Modell mittlerweile mit dem DATEV Converter. Damit können die ausländischen Buchführungsdaten in das DATEV-Kanzleirechnungswesen übernommen werden. Selbst nicht so große Kanzleien werden mit internationalen Mandaten konfrontiert, die sie bestmöglich weiter betreuen möchten. Das ist das eine. Das andere sind Kanzleien – darunter auch mittlere und bisweilen kleinere –, die sich auf internationale Mandanten spezialisiert haben. Und dann ist da noch das große Thema E- Commerce. Viele deutsche Steuerberatungskanzleien haben Mandanten, die auch Online-Handel betreiben, und zwar über die deutschen Grenzen hinweg.

Welche Wünsche geben Sie Ihrem Nachfolger auf den Weg?

STEFAN KUKLA: Ich wünsche David Schöner viel wirtschaftlichen Erfolg im Auslandsgeschäft – und für einen dauerhaften Erfolg eine hohe Kundenzufriedenheit, die nur mit hoch emotional gebundenen Mitarbeitern an ein Unternehmen erreicht werden kann. Sowie viel Spaß bei der Arbeit, den ich auch lange Zeit haben durfte.

Im Gespräch mit David Schöner

Mit David Schöner bekommt die DATEV-Geschäftsleitung ab Januar 2023 ein neues Mitglied. David Schöner kennt das Unternehmen schon lange. Gestartet ist er im Bereich der Gebäudedienstleistungen und war zuletzt „Hausmeister“, wie er selbst scherzhaft seine aktuelle Position als Leiter des Facility-Managements bezeichnet. Die Übergabe mit seinem Vorgänger Stefan Kukla läuft freundschaftlich und rund. Auf seine Aufgaben blickt der neue Leiter Auslandsmärkte erwartungsvoll.

Herzlichen Glückwunsch zur neuen Position! Was planen Sie für die ersten drei Monate als Leiter des DATEV-Auslandsgeschäfts? Welche neuen Impulse und Ideen bringen Sie mit?

DAVID SCHÖNER: Das Auslandsgeschäft ist positiv gewachsen in den vergangenen Jahren und ich möchte nicht als Neuer reingrätschen und alles anders machen. Vielmehr möchte ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen mein Bild vertiefen und dann gemeinsam Dinge weiterentwickeln. Gut vorstellbar ist das zum Beispiel beim Thema E-Rechnung im europäischen Kontext. Wir haben eine Lösung, die uns in Italien seit Jahren massiven wirtschaftlichen Erfolg beschert und die inzwischen in die Cloud gebracht wurde. Wir beobachten die Entscheidungen in Brüssel und welche Möglichkeiten die Regulatorik uns europaweit eröffnen wird.

Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat nun seit mehr als zwei Jahren unmittelbare Auswirkungen auf DATEV. Welche Maßnahmen sind zur Stabilisierung des Auslandsgeschäfts für 2023 vorgesehen?

DAVID SCHÖNER: Wir sind auf einem kontinuierlichen Wachstumspfad, was das Auslandsgeschäft angeht. Dennoch müssen wir uns den Herausforderungen des europäischen Wirtschaftsmarkts stellen. Wir haben in einigen Punkten – wie beispielsweise bei der E-Rechnung oder einer international skalierbaren Auditlösung – Marktchancen. Nun müssen wir es hinbekommen, diese Marktchancen nicht nur landesspezifisch, sondern europaweit zu denken. Dann können wir von den Erfahrungen der einzelnen Auslandsmärkte profitieren und diese auch auf andere europäische Länder übertragen.

Wie begegnen Sie kritischen Stimmen, die sich gegen eine Ausweitung des DATEV-Engagements im Ausland aussprechen?

DAVID SCHÖNER: Es läuft! Besonders im Hinblick auf die Zahlen sind wir stabil. Wir werden in Zukunft auch vermehrt als DATEV in den Auslandsmärkten eine Rolle spielen müssen. Zum einen, weil es Marktchancen gibt, und zum anderen, weil es immer mehr Verflechtungen in Richtung Europäisierung oder gar Globalisierung geben wird. Wenn wir nachhaltig und erfolgreich in der Bundesrepublik wirtschaften wollen, brauchen wir eine internationale Zusammenarbeit.

Welche Ziele haben Sie sich für das kommende Jahr gesetzt?

DAVID SCHÖNER: Das nächste Jahr steht zunächst unter dem Motto: Bewährtes weiterfortführen und den Erfolg weiter ausbauen. Ein Schwerpunkt wird dabei das International Audit in diversen Ländern sein, das wir derzeit gemeinsam mit unseren internationalen Kolleginnen und Kollegen entwickeln. Produktseitig wollen wir in Italien noch stärker mit künstlicher Intelligenz arbeiten. In Österreich möchten wir uns in der Marktbearbeitung weiterentwickeln, um unsere Marktanteile mindestens zu halten. In Polen und Tschechien wollen wir die Umwandlung zur Betriebsstätte abschließen und beabsichtigen hier, als eingetragene Genossenschaft an die jeweiligen Märkte heranzutreten.

Zu den Autoren

TG
Thomas Günther

Redaktion DATEV magazin

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Astrid Schmitt

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