DATEV geht es wirtschaftlich gut – und das im zweiten Jahr der Pandemie und nach dem Sommer der verheerenden Hochwasser. Sogar mit einem Rekord kann CFO Diana Windmeißer im Interview zur Jahresbilanz 2021 aufwarten: Die Zahl der mit DATEV erstellten Lohn- und Gehaltsabrechnungen knackte erstmals die monatliche Schwelle von 14 Millionen.
DATEV magazin: Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf des vergangenen Geschäftsjahres?
DIANA WINDMEISSER: DATEV steht nachhaltig stabil da, obwohl die Wirtschaft erneut durch die anhaltende Pandemie stark beeinträchtigt war. Das vergangene Jahr war sehr herausfordernd. Deswegen bin ich vor allem unter den gegebenen Umständen äußerst zufrieden mit dem Verlauf. So liegen wir deutlich über dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,7 Prozent. Unsere Steigerung von 5,5 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro Umsatz beweist erneut, dass wir auf ein gesundes und nachhaltiges Wachstum blicken dürfen. Sehr erfreulich ist, dass das Wachstum von DATEV im Jahr 2021 wieder von der gesamten Breite des Geschäfts getragen wurde. Allein das Rechnungswesen sorgte für ein Plus von 26,8 Millionen Euro. Das entspricht einem Zuwachs von 6,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. An zweiter Stelle steht das IT-Management mit einem Plus von 9,1 Millionen Euro. Danach folgt die Produktgruppe IT und Druck für Nichtmitglieder. Damit sind unsere Druck-, Logistik- und Servicedienstleistungen etwa für öffentliche Arbeitgeber, Versicherungen und andere Unternehmen gemeint. Durch zahlreiche neue Aufträge konnte die Produktgruppe im vergangenen Jahr 6,1 Millionen Euro zulegen. An vierter Stelle steht die Personalwirtschaft, deren Umsätze um 5,7 Millionen Euro gewachsen sind. Darüber hinaus konnten wir im Dezember sogar einen neuen Rekord verzeichnen: Die Zahl der mit DATEV erstellten Lohn- und Gehaltsabrechnungen knackte erstmals die monatliche Schwelle von 14 Millionen. Im gesamten Jahr 2021 waren es 160,3 Millionen und damit 3,3 Millionen mehr Abrechnungen als im Vorjahr. Durchschnittlich lag die Zahl bei 13,4 Millionen Abrechnungen im Monat. Aufgrund dieser sehr guten Geschäftslage haben wir mehr als 127 Millionen Euro investiert. Den Löwenanteil machen hier die Investitionen in die IT-Infrastruktur aus.
Wie haben sich DATEV-Ökosystem und das Portfolio entwickelt?
Derzeit haben wir eine massive Doppelbelastung mit der Weiterentwicklung unserer On-Premises-Bestandsprodukte und dem parallelen Aufbau und der Veränderung in eine Cloud-Technologie. Gleichzeitig wird aber stabiler Umsatz im Zuge der Transformation gefordert. Ein Kraftakt. Und auch im Rahmen der Portfolioentwicklung hat sich viel hinsichtlich der ineinandergreifenden digitalen Prozesse und Kollaborationsszenarien getan: Viele Kanzleien arbeiten an der Aktivierung ihrer Prozesse. Das ist richtig und auch sehr wichtig. Nun wird deutlich, dass durch die bessere Anbindung der Software an vor- beziehungsweise nachgelagerte Systeme in vernetzten Ökosystemen die Lösungen rund um unsere DATEV-Cloud-Welt eine höhere Effizienz bringen. Wir merken an der Datenhaltung in der DATEV-Cloud – hier haben wir die größten Wachstumsraten bei den Belegen –, dass DATEV bereits eine hohe Akzeptanz bei den Mitgliedern hat und sich noch weiter in diese Richtung entwickeln muss. Unser Portfolio wird sich mit dem DATEV-Ökosystem noch breiter aufstellen. Wir werden künftig viel häufiger noch als bisher über Partnerlösungen sprechen.
Welche Auswirkungen hatte Corona in den vergangenen Monaten für unsere Mitglieder, deren Mandantinnen und Mandanten, aber auch für den operativen Betrieb von DATEV?
Unsere Mitglieder waren durch die anhaltende Pandemie auch im vergangenen Jahr äußerst belastet. Wir haben sie in den vergangenen Monaten bestmöglich unterstützt, indem wir Gesetzesänderungen und Regularien kurzfristig in unseren Programmen und Anwendungen umgesetzt haben, wie etwa Homeoffice- oder Pendlerpauschalen, Corona-Unterstützungsangebote und vor allem das Kurzarbeitergeld, das viele ihrer Mandanten beschäftigt hat. DATEV war wie die meisten Unternehmen von Lieferengpässen, verzögerten Lieferzeiten, krankheitsbedingten Ausfällen bei Zulieferern oder damit einhergehenden Preissteigerungen betroffen. Auch wenn bis heute knapp 90 Prozent unserer Mitarbeiter im Homeoffice sind, haben wir versucht, in den Phasen, in denen es möglich war, das Arbeiten vor Ort zu ermöglichen – natürlich stets mit gutem Hygiene- und Testkonzept sowie Impfangeboten. Mit unserem Testcontainer konnten wir darüber hinaus Kindergärten und Schulen in der Region unterstützen und haben somit einen wichtigen Beitrag zur Pandemiebekämpfung geleistet.
Werden die Lieferengpässe noch längere Zeit Auswirkungen auf Unternehmen haben?
Lieferengpässe in Lieferketten sind stark durch die Pandemie beeinflusst worden und diese Entwicklung wird auch aktuell durch den Krieg in der Ukraine noch verstärkt. Es ist davon auszugehen, dass es dadurch Einschränkungen für bestimmte Industriezweige geben wird, wie den Energiesektor, also Strom und Gas. DATEV profitiert von vorausschauenden, lang- und mittelfristigen Kontrakten und ist derzeit weder von Lieferengpässen noch von Preissteigerungen bei Gas und Strom betroffen. Perspektivisch werden wir diese sicher aber auch zu spüren bekommen. Ein weiterer Aspekt ist die Energiepreispauschale, deren Umsetzung Unternehmen und ihre Steuerberater betrifft und sehr viel Mehraufwand bedeutet.
Die Hochwasserkatastrophe im vergangenen Sommer traf sowohl Mitglieder als auch DATEV-Mitarbeiter. Wie hat DATEV unterstützt?
Wir waren sehr geschockt, als wir die Bilder gesehen haben, und wollten direkt helfen. Dabei war die Hilfe für uns vielschichtig: Zum einen ging es uns um unsere Mitglieder und die betroffenen Kanzleien vor Ort und zum anderen um unsere Mitarbeiter. Um unsere Mitglieder in dieser Ausnahmesituation zu unterstützen, haben wir den Notfallstab „Hochwasser Nothilfe 21“ zusammengestellt, der alle Angebote koordinierte. Dazu gehörten eine Hotline für Betroffene, Hilfsangebote auf der DATEV-Website sowie Unterstützung aus dem Service- und Logistikcenter. Den Kanzleien in den Hochwassergebieten haben wir zudem Plattformen zum gegenseitigen Austausch, die entsprechende technische Infrastruktur oder Räumlichkeiten angeboten, damit sie möglichst gut den laufenden Betrieb wieder aufnehmen konnten. Darüber hinaus hat DATEV Unterstützungsmaßnahmen mit kostenlosen Dienstleistungen wie Eilservice oder Installationshilfen angeboten – und auch DATEV-Partner waren eingebunden. Es hat sich einmal mehr gezeigt, wie leistungsfähig DATEV sein kann. Mit einer Spendenaktion der Belegschaftshilfe für Kollegen von DATEV konnten wir schnell und unbürokratisch 60.000 Euro sammeln. Auch der DATEV-Vorstand hat mit einer Spende der DATEV eG von 20.000 Euro für die Mitarbeiter vor Ort dazu beigetragen.
Zwei Jahre fast nahezu im Homeoffice liegen hinter uns. Wohin wird sich die Arbeitswelt entwickeln?
Bei DATEV wurde im Sommer 2021 eine Betriebsvereinbarung getroffen, mit der wir das Arbeiten im Homeoffice auch weiterhin als Option beibehalten wollen. Damit möchten wir Performance, Effizienz und Zufriedenheit bei den Mitarbeitern aufrechterhalten. Für uns zählt der Leitgedanke: Arbeite dort, wo du für dich, dein Team und DATEV am produktivsten bist. Das bedeutet aber auch, dass wir nach Wegfall der Homeoffice-Pflicht alle künftigen Schritte langsam und mit Bedacht gehen, schließlich ist Corona noch nicht vorbei. DATEV als moderner Arbeitgeber kann ein kommunikatives, kollaboratives und produktives Arbeiten dort bieten, wo es angezeigt ist – mal vor Ort, im Büro oder zu Hause. Mit diesem Gedanken entwickeln wir derzeit auch unsere Standorte weiter. Wir gestalten Orte des Zusammentreffens, an denen man kreativ und kommunikativ arbeiten kann.
Was hat sich in puncto Nachhaltigkeit bei DATEV getan?
Durch die Corona-Krise oder den Krieg in der Ukraine ist das Thema ökologische Nachhaltigkeit leider gesellschaftlich etwas in den Hintergrund gerückt. Bei DATEV haben wir Klimaneutralität bis 2030 offiziell als Ziel ausgerufen und als ersten Schritt den CO2-Abdruck erhoben. Dieser liegt bei rund 30.000 Tonnen pro Jahr. Bei der Berechnung wurden alle internen Prozesse berücksichtigt, aber auch, was alles zur Erstellung unserer Produkte und Dienstleistungen benötigt wird. Den größten Anteil daran haben der Papierverbrauch im Druck sowie Erdgas und Kraftstoffe durch unsere Pendler oder unsere EDV-Hardware. Derzeit werden für die einzelnen Bereiche Maßnahmen entwickelt, um den CO2- Ausstoß zu senken, denn unser Ziel ist es, möglichst wenig zu kompensieren. Dazu gehört für uns auch, die CO2-Bilanz künftig bei allen unternehmerischen Entscheidungen zu berücksichtigen – nicht nur am Rande.
Die Anforderungen, die zum Beispiel mit der Grundsteuerreform ins Haus stehen, werden den Berufsstand in den kommenden Monaten zusätzlich belasten. Welche Herausforderungen stehen 2022 an?
Unsere Mitglieder sind gewohnt, sich im steuerlichen Kontext immer wieder mit neuen Herausforderungen auseinanderzusetzen. Auch in diesem Jahr wird es neben der Grundsteuerreform viele zusätzliche Themen geben, die angegangen werden wollen. Der Umbau der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung, neue Arbeitswelten, Klimaneutralität und technologischer Fortschritt müssen weiterentwickelt werden. Hinzu kommt aktuell eine politische Entwicklung, die gar nicht prognostizierbar ist. Zum einen rückt die Gesellschaft näher zusammen; andererseits müssen sich die politischen Kräfte konsolidieren, um Wirtschaft und Gesellschaft stabil zu halten. Ich hoffe, dass die Auswirkungen aus dem Kriegsgeschehen in der Ukraine auch unsere Gesellschaft nicht überfordern, und erwarte, dass die Arbeitsmarktlage weiterhin stabil bleibt. Ich denke aber, dass der Berufsstand von Krisen gefordert wird, diese aber bewältigen kann. DATEV wird einen Teil dazu beitragen, bei den wirtschaftlichen Abläufen bestmöglich zu unterstützen.
Die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage hat nun seit mehr als zwei Jahren unmittelbare Auswirkungen auf DATEV und den Berufsstand. Welche Prognose geben Sie für 2022 unter Einbeziehung der Entwicklungen in der Ukraine, also welche direkten Auswirkungen könnte der Krieg auf die gesamtwirtschaftliche Situation und Stabilität haben?
Die ursprünglich prognostizierte Erholung nach Corona ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Ukraine und der wirtschaftlichen Folgen nicht vorhersehbar. Die von vielen ersehnte Post-Corona-Zeit wird – wahrscheinlich auch aufgrund der derzeitigen Stimmung – noch auf sich warten lassen. Dazu kommen Kostentreiber und Lieferengpässe. Die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise sind im Alltag angekommen. Gleichzeitig ist aber auch die Corona-Pandemie noch nicht zu Ende, was wiederum wirtschaftliche Unsicherheiten mit sich bringt. Deshalb ist eine Prognose sehr schwierig. Ob es Insolvenzen am Arbeitsmarkt geben wird oder einen konjunkturellen Abschwung, kann man momentan schwer abschätzen. Zusätzlich sind wir mitten in einer großen Flüchtlingswelle, die Einfluss auf unseren Arbeitsmarkt haben wird. Dies wird Implikationen auf die Geschäftstätigkeit unserer Mitglieder haben. Es wird also wieder neue wichtige Themen für den Berufsstand unserer Mitglieder geben, soviel dürfte klar sein. Meine Vorstandskollegen und ich hoffen, dass sich unser nachhaltiges Wachstum fortsetzen und sich die Wirtschaft auch merklich erholen wird. Deshalb werden wir auch künftig weiterhin umsichtig steuern und dabei Geschäftslage und Wirtschaftlichkeit stets im Auge behalten. Auch als IT-Unternehmen haben wir erschwerte Rahmenbedingungen und Unsicherheiten aufgrund der steigenden Rohstoffpreise. Dennoch erwartet DATEV eine stabile Liquiditätslage im Planungshorizont, weil wir beispielsweise auch unsere Strom- und Gaspreise für dieses Jahr mit leistungsstarken Versorgern fixiert haben.
Mehr dazu:
ab dem 08.07.2022 unter www.datev.de/geschaeftsbericht