DATEV in Brüssel - 28. April 2022

Auf europäischer Ebene

Die internationalisierte Wirtschaft in unserer globalisierten Welt erfordert es, auch in der Europäischen Union Präsenz zu zeigen. Denn dort fallen politische Entscheidungen mit Auswirkungen auf DATEV und ihre Mitglieder.

Die große Relevanz der europäischen Gesetzgebung für die deutsche Wirtschaft ist unumstritten. Ein Beispiel, das sicher jeder direkt vor Augen hat, ist die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO). Damit DATEV im Brüsseler Gesetzesdschungel die Übersicht behält, frühzeitig über relevante Entwicklungen auf EU-Ebene in­formiert ist und auf sie reagieren kann, wurde 1995 das DATEV-In­formationsbüro in Brüssel gegrün­det. Auch der Berufsstand ist in Brüssel vertreten.

Aufgabe eines politischen Büros

An erster Stelle stehen die konti­nuierliche Beobachtung und Ana­lyse der politischen Debatten und Gesetzgebungsinitiativen auf EU-Ebene. Über aktuelle Vorhaben frühzeitig informiert zu sein, ist der Schlüssel für die weiterführende Arbeit eines politischen Büros. Zeichnen sich für DATEV und ihre Mitglieder relevan­te Entwicklungen im politischen Brüssel ab, werden umge­hend die betroffenen Abteilungen informiert, um alle Hand­lungsoptionen zu wahren. So kann es zum Beispiel nötig sein, interne Veränderungsprozesse anzustoßen, um sich an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Dialog mit den Entscheidungsträgern

Die DATEV-Präsenz vor Ort in Brüssel erleichtert aber auch den aktiven Dialog zu Entscheidungsträgerinnen und Entschei­dungsträgern: DATEV kann durch Fachwissen relevante Infor­mationen beisteuern und auf wichtige Aspekte aus der Pers­pektive von DATEV, ihrer Mitglieder beziehungsweise Kunden hinweisen. Damit das aktive Politikmanagement funktioniert, ist es wichtig, einen steten Dialog mit den relevanten Interes­senvertretern zu führen. Ein wichtiger Bestandteil der politi­schen Arbeit ist nicht zuletzt auch die Zusammenarbeit und Kooperation mit Verbänden und anderen Unternehmen, um Bran­cheninteressen effektiv im politi­schen Prozess zu vertreten.

EU Data Act als Musterbeispiel

Ein aktuelles Beispiel, bei dem sich DATEV in Brüssel aktiv einbringt, ist der EU Data Act. Mit dem Data Act soll unter anderem geregelt werden, dass öf­fentliche Stellen, zum Beispiel im Falle einer Pandemie, aber auch darüber hinaus, einen Zugriff auf Daten von Unterneh­men haben. Hierzu hat DATEV ein Positionspapier erarbeitet und bringt diese Position aktiv in den politischen Prozess ein. Das Positionspapier befindet sich auf unserer Website.

Public Affairs

Dieses Tätigkeitsfeld, also die Analyse des politischen Umfelds und das aktive Einbringen, um bestmögliche Rahmenbedin­gungen zu schaffen, wird als Public Affairs bezeichnet. Das Wort Lobbying bezeichnet einen Teilbereich der Public Af­fairs, nämlich das aktive Artikulieren konkreter Interessen und Forderungen gegenüber Entscheidungsträgern. Lobbying wird oft mit inoffiziellen Absprachen zwischen mächtigen Inte­ressenvertretern und Politikern in dunklen Hinterzimmern in Verbindung gebracht. Doch entspricht das der Realität?

Lobbying als Bestandteil der Politik

Das Wort Lobbying ist oft negativ konnotiert und ist doch fes­ter Bestandteil der Politik und des Gesetzgebungsprozesses. Insbesondere auf EU-Ebene ist die aktive Beteiligung von Inte­ressengruppen an der Politikgestaltung explizit vorgesehen. Informationen der betroffenen Interessengruppen und der verschiedenen Mitgliedstaaten sind notwendig, um wichtige Erkenntnisse aus der Praxis zu erhalten und somit die Qualität der Gesetze zu verbessern. So gibt es im EU-Gesetzgebungs­prozess umfangreiche Konsultationsphasen und viele beraten­de Ausschüsse und Expertengruppen. Öffentliche Konsultatio­nen stehen für jeden offen. DATEV nutzt diesen Konsultations­prozess aktiv und bringt sich mit Stellungnahmen zu relevan­ten Themen ein. Es handelt sich um eine Tauschbeziehung. Unternehmen und Verbände liefern technisches Fachwissen und politische Informationen über nationale sowie sektorale Interessen. Im Gegenzug erhalten sie einen Zugang zur Poli­tikgestaltung. Im Idealfall ist dies eine Win-win-Situation, von der alle Parteien profitieren. Die Unternehmen geben Einbli­cke in die Praxis. Durch diese Einblicke können Gesetze ge­schaffen werden, die sich an den tatsächlichen wirtschaftli­chen Gegebenheiten orientieren und die von den Betroffenen auch umgesetzt werden können.

Transparenz ist der Schlüssel

Als IT-Genossenschaft der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte mit dem spezifischen Wissen über 2,5 Milli­onen Unternehmen hat DATEV eine große Expertise in der Di­gitalisierung betriebswirtschaftlicher Prozesse. Wir sehen es als unsere Verantwortung, dieses Know-how in den politischen Prozess einfließen zu lassen. DATEV steht als Genossenschaft für Werte und Verantwortung. Die Grundlage für verantwor­tungsvolle Interessenvertretung ist Transparenz und Kohärenz. Nur durch die nötige Transparenz wird nachvollziehbar, wie eine Entscheidung zustande gekommen ist und welche Akteu­re daran beteiligt waren. So stehen wir selbstverständlich auch im EU-Transparenz-Register und veröffentlichen unsere Stel­lungnahmen auf unserer Website. Durch diese Transparenz kann gezielter einbezogen werden. Die teilweise nicht gegebe­ne Transparenz ist auch einer der maßgeblichen Gründe, war­um die eigentlich vorteilhafte Tauschbeziehung zwischen Poli­tik und Interessengruppen oft mit Skepsis betrachtet wird. Die­se Transparenz zu schaffen, sollte im Interesse aller Beteiligten sein. Deswegen halten wir ein Transparenz-Register sowohl auf EU- als auch auf Bundesebene für wichtig.

Zu den Autoren

MO
Mila Otto

Rechtsanwältin und Leiterin des DATEV-Informationsbüros in Brüssel

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JH
Johannes Holtz

Policy Advisor, DATEV-Informationsbüro Brüssel

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