Thema der Woche - 30. August 2021

Chancen der Handelspolitik: Rückenwind für die Außenwirtschaft

DIHK, Mitteilung vom 26.08.2021

Das Import- und Exportgeschäft wird gerade für kleine und mittelständische Unternehmen immer komplexer. Ein weltweit zunehmender Protektionismus schränkt zusätzlich zu aktuellen Lieferkettenengpässen die Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmen ein. In den Bundestagswahlprogrammen hat die Handelspolitik dennoch keinen besonderen Stellenwert. Dabei ist die stark internationalisierte deutsche Wirtschaft auf offene Märkte und gute Regeln für Handel und Investitionen angewiesen. Schließlich hängt jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland am Export, in der Industrie sogar jeder zweite. Was kann die zukünftige Bundesregierung hier zur Unterstützung der Unternehmen leisten?

WTO: Faire Wettbewerbsregeln weltweit

Zwei Drittel der außereuropäischen Exporte deutscher Unternehmen beruhen einzig auf Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Diese schafft grundlegende und weltweit einheitliche Vorgaben für den Handel, sie ermöglicht darüber hinaus Transparenz und Überwachung sowie die Streitschlichtung zwischen Mitgliedern auf Augenhöhe. Seit einigen Jahren ist diese multilaterale Kooperation für offene Märkte jedoch ins Stocken geraten, sodass die Welthandelsregeln mit den großen wirtschaftlichen Veränderungen seit 1995 nicht Schritt gehalten haben. Die neue Bundesregierung sollte daher einen starken Modernisierungsimpuls in Richtung WTO für weltweit faire und moderne Spielregeln aussenden. Dabei sollten die Wiederherstellung der WTO-Streitschlichtung sowie modernere Regelungen zu Subventionen oder zum elektronischen Handel im Fokus sein.

EU: Weltmeister der Handelsabkommen

Der EU-Binnenmarkt ist einer der größten Wirtschaftsräume weltweit und hat seit Jahrzehnten eine erfolgreiche gemeinsame Handelspolitik, von der für die deutsche Wirtschaft viele positive Impulse ausgehen: Derzeit ist die Europäische Union der wichtigste Handelspartner für 74 Länder, darunter solche aus Asien und Afrika sowie die USA. Die EU wendet 45 Handelsabkommen mit 77 Ländern an, die ein Drittel des EU-Außenhandels abdecken. Abkommen mit 24 Ländern stehen vor der Ratifizierung, 29 weitere werden verhandelt. Hinzu kommt bevorzugter Marktzugang, den die EU einseitig 73 Entwicklungsländern gewährt. Diese Abkommen öffnen Drittmärkte im Dienstleistungs- und Beschaffungsbereich, sie erleichtern zudem Investitionen und ermöglichen einen zollfreien Warenhandel. Zudem legen sie Regeln für fairen Wettbewerb, Transparenz oder Schutz von geistigem Eigentum und Nachhaltigkeit fest.

Chancen mit wichtigen Partnern vorantreiben

Einige EU-Abkommen stehen derzeit kurz vor dem Inkrafttreten und könnten den Unternehmen einen wichtigen Auftrieb nach der Corona-Krise bieten. Entscheidend für ihre Umsetzung wird hierbei die Position der neuen Bundesregierung sein, die sich daher für eine ehrgeizige EU-Handelspolitik einsetzen sollte. Aktuell sind die Verhandlungen mit den wirtschaftsrelevanten Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay abgeschlossen und das entsprechende Abkommen steht zur Ratifizierung an. Das EU-Mexiko-Abkommen wartet nach seiner Modernisierung nun ebenso auf sein Inkrafttreten. Die laufenden Verhandlungen mit Indonesien könnten für die Europäische Union 2022 einen wichtigen Markt öffnen – während das asiatische Land selbst die G20-Präsidentschaft innehat. 2023 übernimmt Indien die G20-Präsidentschaft, was ebenfalls ein guter Anlass für den Abschluss der wichtigen Handelsverhandlungen mit der EU wäre.

Bürokratieabbau im Handel

Damit Handelsabkommen Erfolg haben, ist ihre Umsetzung entscheidend – gerade für den Mittelstand. Die neue Bundesregierung sollte sich hier für Vereinfachungen einsetzen, insbesondere durch klare und harmonisierte Regeln für den Warenursprung, ein vollumfängliches EU-Online-Tool zu Ursprungsregeln und die Ausfertigung von standardisierten Ursprungsnachweisen über alle Abkommen hinweg. Die Digitalisierung der Zollprozesse sollte beschleunigt und der EU-Zolltarif vereinfacht werden. Das würde gerade kleine und mittelständische Unternehmen entlasten und den Handel erleichtern.

Quelle: DIHK