Digitalisierungskompass - 29. April 2021

Individuelle Hilfe

Auf dem technologischen Weg in die Zukunft werden die Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer auch von ihrer eigenen berufsständischen Kammer bestmöglich unterstützt.

Die digitale Entwicklung führt zu einem strukturellen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Corona-Pandemie hat diesem Wandel durch spontan aufgesetzte Digitalisierungsprojekte noch einen Schub gegeben und eindrucksvoll aufgezeigt, welches Potenzial die Digitalisierung für eine Neuorganisation von Geschäftsprozessen bietet. Gleichwohl wurde aber auch die Notwendigkeit deutlich, dieses Potenzial effektiv zu nutzen. Dem Berufsstand der Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer sowie der vereidigten Buchprüferinnen und Buchprüfer eröffnet die Digitalisierung neue Kommunikations- und Informationskanäle, Hilfsmittel für die tägliche Arbeit sowie neue Dienstleistungsmöglichkeiten. Jedoch hat sie auch umfassende Auswirkungen auf die Geschäftsprozesse und verlangt, sich von vertrauten Strukturen zu verabschieden. Jede und jeder Berufsangehörige sollte sich dieser Entwicklung und ihrer Auswirkungen bewusst sein und sich aktiv damit auseinandersetzen. Man sollte sich aber auch der Grenzen der Digitalisierung bewusst sein. So können beispielsweise die Informationsgewinnung durch persönliche Gespräche mit Mitarbeitern aus verschiedenen Bereichen des Mandanten und die Erkenntnisse aus Inaugenscheinnahmen nicht oder nur schwer mit digitalen Hilfsmitteln erreicht werden.

Die Wirtschaftsprüferkammer unterstützt

Mit dem Digitalisierungskompass (WPK)® bietet die Wirtschaftsprüferkammer (WPK) ihren Mitgliedern eine Unterstützung bei der Digitalisierung eigener Geschäftsprozesse. Hierzu werden die Digitalisierungsmöglichkeiten in einer idealtypischen Praxis der Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer aufgezeigt und anhand der Komplexität der Praxisstruktur sowie der Mandatsstruktur priorisiert. Auf dieser Grundlage erhalten die Nutzer eine individuelle Hilfestellung für die Entwicklung einer eigenen Digitalisierungsstrategie. Kernstück des Digitalisierungskompasses (WPK)® ist eine Verknüpfung ausgewählter Digitalisierungsmöglichkeiten mit Software-Lösungen verschiedener Anbieter. Diese Übersicht soll einen Vergleich vorhandener Software-Produkte am Markt bieten.

Digitalisierungsmöglichkeiten für die Praxis

In einer idealtypischen Praxis der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer existieren unterschiedliche Bereiche, die sich der internen Praxisorganisation sowie der externen Leistungserbringung zuordnen lassen. Für jeden dieser Bereiche zeigt der Digitalisierungskompass (WPK)® verschiedene Digitalisierungsmöglichkeiten auf, deren Einsatz eine Steigerung der Effizienz, vor allem durch Zeiteinsparung, und/oder einen Sicherheitsgewinn ermöglicht. Hervorzuheben sind dabei die elektronische Kommunikation sowie die automatisierte Datenanalyse.

Elektronische Kommunikation

Die elektronische Kommunikation ist eine Grundvoraussetzung für eine digitale Zusammenarbeit mit den Mandanten. In der Corona-Pandemie hat sich die Videokonferenz etabliert, die viele Besprechungen erst ermöglicht hat und ein großes Einsparpotenzial bei den Fahrtzeiten und -kosten mit sich bringt. Unter die elektronische Kommunikation fällt auch der Datenaustausch als Grundlage für eine automatisierte Verarbeitung von Informationen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass der Berufsstand sehr gut aufgestellt ist. Derzeit wird die E-Mail als häufigstes Medium eingesetzt. Jedoch gewinnen Datenaustauschplattformen immer mehr an Bedeutung. Diese haben gegenüber der E-Mail den Vorteil, sich oft einfacher in automatisierte Prozesse einbinden zu lassen. Der elektronische Datenaustausch ist vor allem für die Digitalisierung in den Bereichen der Leistungserbringung unabdingbar, hängt allerdings auch vom Digitalisierungsgrad der Mandanten ab.

Automatisierte Datenanalysen

Neben der elektronischen Kommunikation gewinnt in den Bereichen der Leistungserbringung – insbesondere bei der Abschlussprüfung – auch die automatisierte Datenanalyse immer mehr an Bedeutung. Nicht nur die Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer, sondern auch deren Mandanten arbeiten digitaler, mit der Folge, dass ihre IT-Systeme eine Fülle an Daten generieren, die für Analysen zur Verfügung stehen. In der Abschlussprüfung ergibt sich daraus die Möglichkeit, bislang in Stichproben durchgeführte Einzelfallprüfungen auf Grundlage der kompletten Grundgesamtheit durchzuführen. Zudem ermöglichen es Techniken, wie etwa das Process Mining, auch im Rahmen von Systemprüfungen mit hoher Wahrscheinlichkeit Abweichungen von Sollprozessen zu identifizieren. Der Einsatz automatisierter Datenanalysen kann somit die Prüfungseffizienz und Prüfungssicherheit erhöhen. Dabei geht es nicht darum, den Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer zu ersetzen, sondern ihn von standardisierten Arbeiten zu entlasten. Denn beide beurteilen nach pflichtgemäßem Ermessen komplexe wirtschaftliche Sachverhalte, die sehr unterschiedlich sein können. Aus der Gesamtwürdigung der Prüfungsfeststellungen ist schließlich das Prüfungsurteil zu bilden. Diese Expertise lässt sich (noch) nicht digitalisieren. Einzelne Prüfungshandlungen hingegen, wie beispielsweise Cut-off-Prüfungen, laufen in der Regel nach standardisierten Mustern ab, mit einem klar definierten Anfang und Ende. Solche Prüfungshandlungen lassen sich gut digitalisieren. Die Grenzen der Datenanalyse werden von der Datenqualität der Mandanten gezogen. So zeigen Praxiserfahrungen, dass selbst bei digitalisierten Mandanten die Aufbereitung der Daten zur weiteren Nutzung zeitintensiv sein kann, wenn eine uneinheitliche Datenbasis aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Software-Anwendungen vorliegt. Hier liegt noch ein großes Verbesserungspotenzial. Zudem liefern Datenanalysen in der Regel nur ein eingeschränktes und unvollständiges Bild des geprüften Unternehmens. Daher sind umfassende Kenntnisse der Unternehmensstrukturen weiterhin unabdingbar.

Digitalisierungs-Check-up

Vor der Umsetzung der im Digitalisierungskompass (WPK)® aufgezeigten Digitalisierungsmöglichkeiten sollte jede Praxis der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer in einem ersten Schritt eine eigene Digitalisierungsstrategie entwickeln. Dabei sollten folgende Fragen im Fokus stehen:

  1. Bestandsaufnahme: Wo steht meine Praxis heute im Rahmen der Digitalisierung?
  2. Zielbestimmung: Welcher Digitalisierungsgrad ist das Ziel für mich?
  3. Maßnahmen: Wie soll dieser angestrebte Digitalisierungsgrad erreicht werden?

Schon die Beantwortung der ersten Frage wird vielen schwerfallen, da man eine Selbsteinschätzung abzugeben hat, auf deren Grundlage anschließend auch noch Ziele festgelegt werden müssen. Um bei diesem Problem zu unterstützen, wird in Kürze ein Digitalisierungs-Check-up in den Digitalisierungskompass (WPK)® integriert. Dieser hilft der Anwenderin beziehungsweise dem Anwender bei der Einschätzung des eigenen Digitalisierungsgrads in der Praxis und gibt Hinweise, in welchen Bereichen eine Digitalisierung vorrangig angegangen werden sollte. Die Ergebnisse des Digitalisierungs- Check-up können als Grundlage für die Digitalisierungsstrategie der eigenen Praxis verwendet werden. Dabei sollten vier Bereiche berücksichtigt werden (siehe unten stehende Grafik). Wie bereits erläutert, ist eine solide Datenbasis die Grundlage jeder Digitalisierung. Auf dieser Basis können dann Digitalisierungsprojekte in den Bereichen der internen Organisation und der Dienstleistungen entwickelt werden. Hinweise hierzu liefert der Digitalisierungs-Check-up. Im letzten Schritt ist es schließlich notwendig, die passende Infrastruktur zu implementieren und geeignete Software-Lösungen einzusetzen.

Software-Einsatz

Bereits seit 55 Jahren unterstützt DATEV die Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer sowie Steuerberater bei der elektronischen Datenverarbeitung und somit auch bei der Digitalisierung. Inzwischen steht dem Berufsstand eine Vielzahl von Software-Lösungen zur Verfügung, mit denen sich einzelne Prozesse oder gesamte Bereiche digitalisieren lassen. Gerade in den letzten Jahren ist eine Zunahme an innovativen Produkten zu verzeichnen. Der Digitalisierungskompass (WPK)® verschafft den Anwendern auch einen ersten Überblick über das vorhandene Software-Angebot. Zwei Übersichten für die Bereiche Abschlussprüfung und Steuerberatung zeigen nicht nur am Markt verfügbare Software-Produkte auf, sondern erläutern auch, welche Digitalisierungsmöglichkeiten mit ihnen verbunden sind. Die potenziellen Anwender können so relevante Lösungen für ihre eigene Praxis identifizieren.

Ausblick

Die Digitalisierung wird weiter voranschreiten. Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer weist bereits in weiten Teilen einen hohen Digitalisierungsgrad auf. Das Ziel sollte es daher sein, die Digitalisierung der eigenen Praxis weiter auszubauen, um die sich daraus ergebenden Effizienzen zu realisieren und mit dem Stand der Technik Schritt zu halten. Die Wirtschaftsprüferkammer wird die digitale Entwicklung weiterhin verfolgen und das Unterstützungsangebot für ihre Mitglieder sukzessive ausbauen.

Mehr dazu

Der Digitalisierungskompass (WPK)® steht zum Abruf bereit unter: www.wpk.de/digitalisierung

Die DATEV-Lösungen unterstützen bei der Praxisorganisation sowie bei der Prüfungsdurchführung inklusive digitaler Datenanalyse und IT-Systemprüfung.

www.datev.de/wp-kanzleimanagement

www.datev.de/wirtschaftlich-pruefen

Weitere Informationen:

Zu den Autoren

RV
Dr. Reiner Veidt

Geschäftsführer der Wirtschaftsprüferkammer in Berlin

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MW
Michael Weber

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Referent der Wirtschaftsprüferkammer in Berlin

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