Versicherungsaufsichtsgesetz - 19. November 2020

Gericht bestätigt Provisionsabgabeverbot

VG Frankfurt, Pressemitteilung vom 19.11.2020 zum Urteil 7 K 2581/19 vom 05.11.2020 (nrkr)

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2020 mit am 19. November 2020 zugestellten Urteilsgründen die Klage eines Versicherungsmaklerunternehmens gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Zusammenhang mit dem Provisionsabgabeverbot abgelehnt.

Die Klägerin betreibt seit Mitte 2017 auf ihrer Webseite ein Vergleichsportal für Versicherungstarife. Zugleich haben Kunden die Möglichkeit, über die Klägerin einen neuen Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen oder bereits abgeschlossene Versicherungsverträge an die Klägerin zur aktiven Betreuung zu übertragen. In beiden Fällen wird zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin ein Versicherungsmaklervertrag geschlossen und vereinbart, dass die Klägerin dem Kunden etwaige Abschlussprovisionen beziehungsweise Bestandsprovisionen, die sie von den Versicherungsunternehmen erhält, abzüglich einer Pauschale in Höhe von 12 Euro weiterleitet.

Die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) schrieb im August und Oktober 2018 die ihrer Aufsicht unterstehenden Versicherungen an und teilte mit, dass sie in der Zusammenarbeit eines Erst-Versicherungsunternehmens mit einem Versicherungsmakler wie beispielsweise der Klägerin auf der Grundlage des ihr gegenwärtig bekannten Geschäftsmodells einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sehe. Sie wies daraufhin, dass Versicherungen bei einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin auf Grundlage des streitigen Geschäftsmodells eine Untersagungsanordnung drohe.

Hiergegen hat sich die Klägerin im August 2018 zunächst mit einem Eilantrag gewandt, der erfolglos blieb (Beschluss vom 28.09.2018 – Az. 7 L 3307/18.F – PM Nr. 13/2018).

Im August 2019 hat sie dann Klage erhoben. Sie begehrt die gerichtliche Verpflichtung der BaFin zum Erlass von neuen Musterschreiben an die von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen des Inhalts, dass sie nicht beabsichtige, Ordnungsmaßnahmen wegen einer Zusammenarbeit auf Grundlage des auf Provisionsweitergabe ausgerichteten Geschäftsmodells der Klägerin zu erlassen. Sie ist der Ansicht, dass die Musterschreiben rechtswidrig seien. Sie verstoße mit ihrem „Preismodell“ nicht gegen das Provisionsabgabeverbot des § 48b Abs. 1 VAG.

Die Kammer hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die beklagte BaFin auf Erlass von Musterschreiben mit dem begehrten Inhalt, da die Rundschreiben von August und Oktober 2018 rechtmäßig seien. Zwar habe das Vorgehen der Beklagten für die Klägerin faktisch die Wirkung, als hätte die Beklagte Untersagungsverfügungen gegen die mit ihr kooperierende Versicherungsunternehmen erlassen. Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin sei infolge der streitigen Schreiben erheblich eingeschränkt worden. Allerdings handele es sich um eine zulässige Aufsichtsmaßnahme der Beklagten, ihre rechtliche Auffassung zu äußern und im Wege eines Rundschreibens auf Missstände hinzuweisen. Nach § 48b Abs. 1 VAG sei es Versicherern und Versicherungsvermittlern untersagt, Versicherungsnehmern aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Dies erfasse jede vollständige oder teilweise Provisionsabgabe, wie sie dem Geschäftsmodell der Klägerin zugrunde liege. Das Provisionsabgabeverbot solle Fehlanreize verhindern und Verbraucher davor schützen, sich wegen der Aussicht auf eine weitergeleitete Provision für einen für ihn unpassenden Versicherungsschutz zu entscheiden oder festzuhalten. Die Kammer geht übereinstimmend mit dem Beschluss vom 28.09.2018 (Az. 7 L 3307/18.F) davon aus, dass das Geschäftsmodell der Klägerin auch nicht den Ausnahmetatbestand des § 48b Abs. 4 Satz 1 VAG erfülle, da die vertraglichen Abreden zwischen der Klägerin und ihren Kunden nicht zu einer – wie es der Ausnahmetatbestand fordere – „dauerhaften Prämienreduzierung des vermittelten Vertrags“ führten. Diese könne nur vom Versicherer im Versicherungsvertrag selbst gewährt werden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen.

Quelle: VG Frankfurt