Kanzleimanagement - 31. Januar 2020

Erfolgreich dank geregelter Prozesse

von Gastautor

Prozessmanagement klingt erst einmal nach vielen mühsamen Einzelschritten, bevor der Aufwand belohnt wird. Organisationen, die ihre Prozesse im Griff haben, seien erfolgreicher als andere, so Jens Fiege. Im Interview berichtet der Prozessberater über Praxis und Faktoren, die zum Erfolg führen.

Herr Fiege, warum sollte man sich Ihrer Ansicht nach mit Prozessmanagement beschäftigen?

Alle Dinge, die um uns herum passieren, laufen als Prozesse ab. Je reibungsloser diese Prozesse funktionieren, desto weniger nehmen wir sie wirklich wahr. Die Prozesse zu verbessern hilft Kanzleien dabei, interne Abläufe zu verschlanken und die Zusammenarbeit mit Mandanten optimal zu gestalten. Für den Mandanten ist es sicher bequemer, seine Rechnungen einfach abzugeben, damit diese in der Kanzlei gebucht werden. Da wird er sich den Partner suchen, bei dem das am einfachsten ist und es in einem geregelten Prozess funktioniert. Das lässt sich auf vieles übertragen, auch auf den Monats- oder Jahresabschluss. Für die Prozesse muss festgelegt sein, wer welche Informationen liefert und wer wann aktiv wird. Sobald man diese Abläufe betrachtet und Vereinbarungen trifft, ist man automatisch im Prozessmanagement.

Was waren für Sie die einprägsamsten Erlebnisse während der Zeit als Prozessberater in der Praxis?

Was mich bei meiner Arbeit in Kanzleien und Unternehmen immer wieder beeindruckt, sind die Aha-Erlebnisse, wenn sich die Beteiligten darauf einlassen, ihren eigenen Arbeitsalltag einmal kritisch unter die Lupe zu nehmen. Zwar bringt man als Berater Wissen und Ideen ein, aber oft genügt es, in die Rolle des Moderators zu gehen. Warum? Weil gute Ideen meist von den Betroffenen selbst kommen. Viele warten regelrecht darauf, einmal Gehör zu finden.

Wie wird Prozessmanagement in der Praxis wahrgenommen?

Prozessmanagement klingt immer erst einmal nach Arbeit, nach Regeln oder neuen Vorschriften. Es ist selten der Fall, dass man mit offenen Armen empfangen wird, wenn man Prozesse verändern will. Die Sorge, dass sich etwas verändern wird, ist wohl die größte Hürde, die das Prozessmanagement zu nehmen hat. Wenn wir auch gerne von uns behaupten, Veränderungen positiv gegenüberzustehen – unser Gehirn mag Veränderungen nicht. Erwiesenermaßen bevorzugt unser Hirn eher stabile Verhältnisse. So kann es im energiesparenden Modus arbeiten. Wer denkt beispielsweise über seinen täglichen Weg zur Arbeit nach?

Wie entkräften Sie die Angst vor bevorstehenden Veränderung?

Oft hilft es schon, wenn klar ist, was mit der Veränderung erreicht werden kann. Dafür muss Verständnis, manchmal auch erst das Bewusstsein geschaffen werden. Und auch der Umgang mit Kritik an Bestehendem spielt eine wichtige Rolle. Mit dem Ruf nach einer Veränderung wird oft impliziert, dass etwas bislang nicht gut geregelt ist. Tatsächlich ist es aber so, dass sich inzwischen das Umfeld oder auch die Anforderungen geändert haben. Zu dem Zeitpunkt, an dem der Prozess einmal festgelegt wurde, war das aber wahrscheinlich die beste Lösung. Das ist eine Brücke, die man bauen kann, um die Menschen für Veränderungen zu gewinnen. Wichtig ist es, Wertschätzung zu zeigen.

Welche elementaren Faktoren braucht ein erfolgreiches Prozessmanagement?

Die wichtigsten Faktoren für gelungenes Prozessmanagement sind meiner Ansicht nach folgende vier Aspekte: erstens das unbedingte Commitment des Managements. Ohne eine klare Positionierung und Unterstützung des Managements für die anstehenden Aufgaben sind alle Bemühungen um bessere Prozesse zum Scheitern verurteilt. Zweitens führen klare Zielvorstellungen zu klaren Aufträgen und Kriterien, nach denen die Abläufe auszurichten sind. Zum Beispiel Geschwindigkeit, Kundenzufriedenheit, Kosten oder Compliance. Drittens sind die Zuständigkeiten im Prozess klar zu regeln. Dabei wird gern augenzwinkernd vom Highlander-Prinzip gesprochen. Das heißt, dass es nur eine Verantwortlichkeit und damit eine klare Rollenverteilung geben kann. Das gilt für jeden Prozess und auch für jeden Prozessschritt. Und viertens ist Change Management der Schlüssel zum Erfolg. Es begleitet den Veränderungsprozess und schafft es im Idealfall, mit gelungener Kommunikation und geeigneten Methoden, den Wandel zügig herbeizuführen und die Neuerungen dauerhaft zu etablieren. Im Kern geht es darum, Betroffene zu Beteiligten zu machen.

Wie können diese vier Punkte am besten umgesetzt werden?

7-Phasen-Modell des Change-Management nach Kotter
7-Phasen-Modell nach Kotter (eigene Darstellung)

Menschen durchlaufen während einer Veränderung verschiedene Phasen, wie sie auch John P. Kotter, Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, in seinem Modell zum Change Management darstellt. In der Praxis ist es wichtig, jeden entsprechend seiner Entwicklungsphase im Veränderungsprozess richtig anzusprechen. Dabei gilt es auch zu beachten, dass jeder Mensch die Phasen im eigenen Tempo durchläuft. Erschwerend kommt hinzu, dass Personen nicht zeitgleich eingebunden werden. Dadurch verschieben und überlagern sich die jeweils individuellen Kurvenverläufe: Während sich die einen Personen schon in einer Hochphase befinden, kämpfen andere noch im Tief. Daraus ergeben sich immer wieder konfliktbelastete Situationen. Hier hilft es, gedanklich einmal einen Schritt zurück zu treten, die Situation bewusst zu machen und so auch Nachzügler mitzunehmen.

Auch das Prozessmanagement entwickelt sich weiter. Wie sieht es künftig aus?

Auch in Zukunft wird das Prozessmanagement eine hohe Bedeutung haben. Die Welt um uns herum ändert sich und wir müssen unser Handeln darauf einstellen. Denken in Prozessen hilft uns dabei. Optimal ist es immer, aus der Stärke heraus zu handeln. Damit können sich gute Steuerberater auch von anderen abheben.

Mehr zum Thema Prozessmanagement findet Sie hier: www.datev.de/prozessmanagement

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