BRAK, Mitteilung vom 06.02.2025
Wenn die Berufung ohnehin aussichtslos gewesen wäre, haftet eine Anwältin auch nicht dafür, dass sie die Frist versäumt hat, so das LG Karlsruhe.
Hat ein Anwalt oder eine Anwältin die Berufungsfrist schuldhaft verstreichen lassen, können Mandantinnen und Mandanten dennoch keinen Regress nehmen, wenn auch das rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Dies hat das LG Karlsruhe zu einem Prozess vor den Sozialgerichten entschieden (Urteil vom 09.08.2024, Az. 6 O 202/23).
Ein Mandant verlangt von seiner Anwältin Schadensersatz gem. § 280 BGB aus Anwaltshaftung wegen fehlerhafter Prozessführung vor dem SG Karlsruhe bzw. LSG Baden-Württemberg. Der Rentner hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund (im Folgenden: DRV) verklagt, um eine von einem Versorgungsausgleich ungekürzte Rente zu erhalten. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens sowie in der ersten Instanz war er bereits unterlegen. Zu einem Verfahren in der Berufungsinstanz kam es nicht, weil seine Anwältin die Berufungsfrist verpasste. Das LSG verwarf ihren Antrag auf Wiedereinsetzung sowie die Berufung als unzulässig. Die Anwältin war jedoch der Ansicht, es fehle ohnehin an der Kausalität zwischen ihrem Versäumnis und dem eingetretenen Schaden.
LG Karlsruhe zu den Voraussetzungen der Anwaltshaftung
Das LG Karlsruhe gab ihr mit dieser Argumentation nun Recht. Bei rechtzeitig eingelegtem Rechtsmittel hätte es – auch unter Beachtung der Besonderheiten eines sozialgerichtlichen Berufungsverfahrens als zweiter Tatsacheninstanz – keine Aussicht auf Erfolg gehabt.
Im Zuge dieser Entscheidung erläutert das LG noch einmal die vom BGH aufgestellten Grundsätze zur Anwaltshaftung: Das Regressgericht habe im Rahmen der Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Schaden selbst zu prüfen, wie das andere Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Dabei sei der Sachverhalt zugrundezulegen, den der Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin dem Gericht des Vorverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten unterbreitet hätte. Die Beweislastregeln des Vorprozesses gälten auch für den Regressprozess. Für den Regressanspruch müsse der Mandant bzw. die Mandantin außer dem Pflichtverstoß nur voll beweisen (§ 286 ZPO), in eigenen Interessen so betroffen zu sein, dass nachteilige Folgen eintreten könnten. Im Hinblick auf den eigentlichen Eintritt des Schadens und um dessen Höhe müsse sich die Tatrichterin bzw. der Tatrichter mit einer deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit begnügen (§ 287 ZPO).
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer