AG München, Pressemitteilung vom 04.12.2023 zum Urteil 142 C 488/22 vom 28.07.2022 (rkr)
Im Streit um die Wiedergabe des Fernsehprogramms in den Patientenzimmern eines Münchner Krankenhauses wies das Amtsgericht München am 28.07.2022 eine Klage auf Lizenzschadensersatz in Höhe von 1.130,52 Euro ab.
Die Klägerin machte aus abgetretenem Recht die Rechteinhaberschaft für die Wiedergabe von Funksendungen und der öffentlichen Zugänglichmachung für das Repertoire mehrerer hundert Filmstudios geltend. Die Beklagte betreibt in München ein Krankenhaus mit mindestens 188 Betten. Die Patientenzimmer sind jeweils mit einem Fernsehgerät ausgestattet, über das die Patienten das lineare Fernsehprogramm empfangen konnten. Die Patienten hatten daher im Jahr 2021 die Möglichkeit, zahlreiche Fernsehfilme anzusehen, deren Rechte die Klägerin für sich reklamiert. Hierzu gehörten u. a. die Serien „Biene Maja“ und „Wickie und die starken Männer“ und die Filme „Toni Erdmann“, „The Da Vinci Code – Sakrileg“ oder „Hotel Transsilvanien“.
Die Klägerin sah hierin eine öffentliche Wiedergabe durch die Beklagte. Allein die Ermöglichung des Zugangs über die zur Verfügung gestellten Fernsehgeräte sei hierfür ausreichend. Auf eine tatsächliche Betrachtung einer Fernsehsendung durch eine Vielzahl von Personen komme es nicht an.
Die Beklagte war der Auffassung, dass es sich lediglich um eine Kabelweitersendung handeln würde und sie die hierfür notwendigen Rechte lizenziert habe.
Das Gericht wies die Klage ab und begründete dies insbesondere wie folgt:
„Der Klägerin ist es nicht gelungen in ausreichender Weise darzulegen, dass die Beklagte in das durch sie in Anspruch genommene Recht der öffentlichen Wahrnehmbarmachung von Funksendungen i. S. d. § 22 S. 1 UrhG eingegriffen hat. Die Klägerin trägt nicht vor, ob und ggf. wann welche Werke, für die sie Schutz beansprucht, wiedergegeben wurden.
§ 22 UrhG setzt voraus, dass das gesendete Werk der Öffentlichkeit wahrnehmbar gemacht, d. h. unmittelbar für die menschlichen Sinne wiedergegeben wird. […]
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH verlangt der Begriff der „öffentliche Wiedergabe“ […] zwei kumulative Tatbestandsmerkmale, nämlich eine „Handlung der Wiedergabe“ eines Werks und seine „öffentliche“ Wiedergabe […].
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es für das Vorliegen einer Wiedergabehandlung deshalb gerade nicht ausreichend, dass die Beklagte lediglich „die potenzielle Möglichkeit des Zugangs“ über von ihr zur Verfügung gestellte Geräte ermöglicht.
Es ist einhellige Rechtsprechung des BGH und EuGH, dass eine Wiedergabehandlung nur dann vorliegt, wenn die geschützten Werke tatsächlich öffentlich wiedergegeben werden […].
Erforderlich ist demnach, dass mindestens eines der Filmwerke, deren Rechte die Klägerin […] für sich in Anspruch nimmt, im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich auf einem Fernsehgerät in den Zimmern der Beklagten gezeigt wurde.
Die Klägerin trägt nach allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Danach ist es grundsätzlich ihre Sache, darzulegen und nachzuweisen, dass die Beklagte in eines ihrer durch das Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte eingegriffen hat […]. Sie hat demnach darzulegen, welche konkrete(n) Wiedergabehandlung(en) der Beklagten zuzurechnen sind. Dem ist sie nicht nachgekommen.“
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Amtsgericht München