EU-Parlament, Pressemitteilung vom 22.11.2023
- Mehr Mitspracherecht für die Bevölkerung und eine handlungsfähigere EU
- Gesetzgebungsverfahren muss an die heutigen Herausforderungen angepasst werden
- Konkrete Vorschläge für alle Politikbereiche, Ausbau der Zusammenarbeit auf EU-Ebene in Schlüsselbereichen
- Europäischer Rat soll im Dezember einen Konvent zur Überarbeitung der Verträge einberufen
Nach der Konferenz zur Zukunft Europas und vor dem Hintergrund beispielloser Herausforderungen und zahlreicher Krisen legen die Abgeordneten nun Vorschläge zur Veränderung der EU vor.
Das Parlament spricht sich für Reformen aus, die die EU handlungsfähiger machen und der Bevölkerung mehr Mitspracherecht geben sollen. Zu den wichtigsten Vorschlägen der Abgeordneten zählen folgende Punkte:
- Ein echtes Zweikammersystem soll geschaffen und die Verringerung von Blockaden im Rat angestrebt werden, und zwar durch mehr Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit und im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren.
- Das Parlament soll das volle Initiativrecht sowie das Recht bekommen, über den Langzeithaushalt der EU
- Die Regeln für die Zusammensetzung der Kommission sollen überarbeitet werden und die Kommission soll künftig „Europäische Exekutive“ heißen. Auch soll es neue Regeln für die Wahl der Präsidentin bzw. des Präsidenten geben: Künftig soll das Parlament den Kommissionspräsidenten bzw. die Kommissionspräsidentin ernennen und der Europäische Rat soll ihn bzw. sie bestätigen – die Rollen sollen also umgekehrt werden, wobei die Zahl der Kommissare auf 15 begrenzt werden soll (für die dann ein Rotationsprinzip zwischen den Mitgliedstaaten gilt). Der Kommissionspräsident bzw. die Kommissionspräsidentin soll in Zukunft sein bzw. ihr Kollegium auf der Grundlage politischer Präferenzen wählen können, wobei für geografische und demografische Ausgewogenheit zu sorgen ist. Die Vorschläge umfassen auch einen Mechanismus zur Ablehnung einzelner Kommissarinnen oder Kommissare.
- Der Rat soll wesentlich transparenter werden und die Standpunkte der Mitgliedstaaten zu legislativen Fragen veröffentlichen.
- Die Bevölkerung soll mehr Mitspracherecht bekommen: Die EU soll geeignete Beteiligungsmechanismen schaffen und die Rolle der europäischen politischen Parteien soll gestärkt werden.
Mehr Zusammenarbeit auf EU-Ebene
Die Abgeordneten fordern mehr Befugnisse für die EU in Umweltfragen. Auch sollen die Bereiche öffentliche Gesundheit (insbesondere grenzüberschreitende Gesundheitsbedrohungen sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte), Katastrophenschutz, Industrie und Bildung, für die derzeit ausschließlich die Mitgliedstaaten zuständig sind, künftig in den gemeinsamen Zuständigkeitsbereich der EU fallen. Die gemeinsame Zuständigkeit in den Bereichen Energie, auswärtige Angelegenheiten, äußere Sicherheit und Verteidigung, Außengrenzpolitik und länderübergreifende Infrastruktur soll ausgebaut werden.
Das Parlament nahm den Bericht mit 305 zu 276 Stimmen bei 29 Enthaltungen an. Vorbereitet hatten ihn fünf Ko-Berichterstatter, die eine breite Mehrheit im Parlament vertraten. Die entsprechende Entschließung wurde mit 291 zu 274 Stimmen bei 44 Enthaltungen angenommen. Zitate der fünf federführenden Abgeordneten finden Sie hier.
Das Parlament reagiert mit der Annahme dieses Berichts auf die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger: In den Vorschlägen der Konferenz zur Zukunft Europas fordern sie eine handlungsfähigere und demokratischere EU.
Nächste Schritte
Die Abgeordneten haben somit ihre Forderung nach einer Änderung der EU-Verträge bekräftigt und den Rat aufgefordert, die Vorschläge umgehend und ohne Beratungen dem Europäischen Rat vorzulegen. Nun sind die Staats- und Regierungschefs an der Reihe: Sie beschließen, ob sie einen Konvent einberufen – und zwar mit einfacher Mehrheit. Der spanische Ratsvorsitz dürfte die Vorschläge dem Europäischen Rat im Dezember vorlegen. Mehr darüber, wie die EU-Verträge geändert werden, erfahren Sie hier.
Quelle: EU-Parlament