Scheidung mit Aus­lands­bezug - 6. Dezember 2018

Drum prüfe, wer sich ewig bindet

In unserer heutigen Zeit sind Ehen mit Partnern unter­schied­licher Staats­an­ge­hörig­keit nicht un­ge­wöhn­lich. Pro­ble­ma­tisch kann es aber werden, wenn das Zu­sam­men­sein nicht mehr funk­tio­niert und ein Ehe­gatte die Ver­bin­dung auf­lösen möchte.

Die seit einigen Jahrzehnten stetig voranschreitende Globalisierung hat auch dazu geführt, dass sich familienrechtliche Fragestellungen häufen, die in der Vergangenheit eher als ein Randthema galten. Auf Familienrecht spezialisierte Kanzleien müssen sich zunehmend auch mit Scheidungen internationaler Ehen befassen, die zwischen deutschen und ausländischen Partnern im Ausland geschlossen wurden.

Beendigung einer deutsch-philippinischen Ehe

Stellvertretend für viele andere Konstellationen soll die Problematik am Beispiel einer deutsch-philippinischen Ehe verdeutlicht werden. Zwischen einer deutschen Geschäftsfrau und einem philippinischen Staatsangehörigen wurde in den USA die Ehe geschlossen. Das Paar lebte in der Ehezeit über mehrere Jahre zusammen und hatte nacheinander Wohnsitze in den USA, auf den Philippinen, in Hongkong (China), jedoch nie in Deutschland. Nach knapp zehn Jahren trennte sich das Paar. Der Ehemann blieb auf den Philippinen. Die Ehefrau hatte weiterhin in diversen Ländern Auslandseinsätze. Zum Schluss kehrte sie jedoch nach Deutschland zurück, wo sie nunmehr lebt. Zwölf Jahre nach der Trennung lernt die Ehefrau einen neuen Partner kennen, den sie gerne heiraten möchte. Vorher muss aber natürlich erst die bestehende Ehe beendet werden. Die Ehefrau steht nun vor dem Problem, dass sie schon länger keinen Kontakt mehr zu ihrem Ehegatten hat und auch seine aktuelle Adresse nicht kennt. Sie bittet einen Fachanwalt für Familienrecht um Rat.

Beendigung der Ehe in Deutschland?

Die deutschen Gerichte sind nach Art. 3 Ia der Brüssel-II a-VO unter anderem dann für Ehesachen mit Auslandsbezug zuständig, wenn der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und sich dort unmittelbar vor der ­Antragstellung seit mindestens einem Jahr (deutsche Staatsbürger: seit mindestens sechs Monaten) aufgehalten hat. Da die Ehefrau seit einigen Jahren wieder in Deutschland lebt, kann sie sich deshalb an ein deutsches Gericht wenden, um das Band der Ehe zu lösen. Nun ist zu klären, auf welche Weise dies geschehen kann.

Ehe für nichtig erklären lassen

Im philippinischen Recht besteht die Besonderheit, dass Ehen nicht geschieden werden können. Das Rechtssystem des Landes kennt keine Scheidung. Dafür gibt es aber die Möglichkeit der Nichtigerklärung der Ehe durch einen Richter. Sie unterliegt allerdings strengen Voraussetzungen. Von Deutschland aus ist es auch schwierig, dieses Verfahren durchzuführen. Auch in Deutschland kannte man in der Vergangenheit die Nichtigerklärung der Ehe. Sie betraf Fälle, in denen ein schwerer Rechtsmangel vorlag. Beispiele waren eine bereits bestehende andere Ehe (Doppelehe) oder eine Verwandtschaft in gerader Linie (Mutter/Sohn) oder unter Geschwistern. In derartigen Fällen sollte eine Ehe gar nicht erst entstehen und wurde von Anfang an unwirksam, also nichtig, erklärt. Genau darin sah der Gesetzgeber jedoch ein Problem: Unter Umständen wurde so eine ganze Lebensphase als „Nullum“, als quasi nicht existent, behandelt. Aus diesem Grunde wurde diese Möglichkeit bereits Ende des letzten Jahrhunderts abgeschafft.

Aufhebung der Ehe

An die Stelle der Nichtigerklärung ist die Aufhebung bei Annullierung der Ehe getreten. Sie ist immer nur für die Zukunft, nicht aber rückwirkend möglich – ähnlich wie eine Scheidung. Die Rechtsstellung während der Ehezeit wird also nicht im Nachhinein unwirksam. Die Aufhebung einer Ehe erfolgt nur auf Antrag durch gerichtliche Entscheidung. Zuständig hierfür sind die Familienabteilungen der Amtsgerichte. Die Aufhebung einer Ehe sieht das Gesetz allerdings nur vor, wenn bestimmte Aufhebungsgründe vorliegen:

  • Eine Ehe wird vor Eintritt der Volljährigkeit geschlossen (Ausnahmen durch ein Gericht sind jedoch möglich).
  • Ein Partner ist geschäftsunfähig. Das heißt, er hat entweder das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet oder befindet sich in einem Zustand, der die freie Willensbestimmung ausschließt, hat etwa eine bestimmte psychische Krankheit.
  • Es besteht bereits eine andere Ehe (Doppelehe).
  • Es wurde eine Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie oder unter Geschwistern geschlossen.
  • Die Ehegatten haben nicht persönlich und nicht bei gleichzeitiger Anwesenheit die Erklärung zur Eheschließung ­abgegeben.
  • Die Ehegatten haben die Ehe unter einer Bedingung oder ­einer Zeitbestimmung geschlossen.
  • Ein Ehegatte war bei Eheschließung im Zustand der ­Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der ­Geistestätigkeit (Drogeneinfluss oder Trunkenheit).
  • Einer der Ehegatten wusste nicht, dass es sich um eine ­Eheschließung handelte.
  • Ein Ehegatte wurde zur Eingehung der Ehe arglistig ­getäuscht und hätte bei Kenntnis der wahren Sachlage die Ehe nicht geschlossen. Ausnahmen: Die Täuschung betrifft die Vermögensverhältnisse oder ein Dritter übte die Täuschung ohne Wissen des anderen Ehegatten aus.
  • Ein Ehegatte wurde bedroht, um die Ehe einzugehen.
  • Beide Ehegatten waren bei der Eheschließung einig, dass die Ehewirkungen nicht eintreten sollen.

In unserem Fall gibt es für eine Aufhebung der Ehe aber keinen dieser Gründe. Sie wurde vielmehr unter völlig normalen Bedingungen geschlossen. Somit bleibt der Ehefrau nur noch eine Möglichkeit, die Ehe auf legale Weise zu beenden. Sie muss sich scheiden lassen.

Ehescheidung – örtlich zuständiges Gericht

Zunächst stellt sich die Frau die Frage, wo die Scheidung eingereicht werden kann, also welches deutsche Familiengericht örtlich zuständig ist. Das Gesetz sieht dafür eine Abstufung vor. In erster Linie kommt es auf den Aufenthalt des Ehegatten mit den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern an. Nachrangig wird an den letzten gemeinsamen Aufenthalt der Gatten, an den gewöhnlichen Aufenthalt des ­Antragsgegners (hier: des Ehemannes) und an den des Antragstellers (hier: der Ehefrau) angeknüpft. In allen übrigen Fällen ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. In unserem Fall existieren keine minderjährigen Kinder und weder der letzte gemeinsame Aufenthalt noch der derzeitige Aufenthalt des Ehemannes war oder ist in Deutschland. Daher kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt der An­tragstellerin (Ehefrau) an. Sie muss die Scheidung bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk sie lebt.

Scheidung nach deutschem Recht?

An diesem Punkt stellt sich die Frage, nach welchem Landesrecht sie nun geschieden werden kann. Das philippinische Recht kennt, wie bereits gesagt, keine Scheidung. In den meisten Ländern der Europäischen Union (EU), unter anderem auch Deutschland, ist das anzuwendende Recht durch die sogenannte Rom-III-Verordnung geregelt. Sie gilt für Paare, bei denen ein Bezug zu mindestens einem EU-Staat besteht. Nach der Verordnung können Paare in bestimmten Grenzen wählen, nach welchem Landesrecht sie geschieden werden möchten. Treffen die Gatten – wie in unserem Fall – keine Rechtswahl, bestimmt Artikel 8 der EU-Verordnung das auf die Scheidung anzuwendende Recht nach einer bestimmten Reihenfolge:

  • Es gilt in erster Linie das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts leben. Da in unserem Fall die Ehegatten in verschiedenen Staaten leben, hilft das der Ehefrau nicht weiter.
  • In zweiter Linie gilt das Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt zusammengelebt haben, wenn einer noch dort lebt und der Aufenthalt nicht länger als ein Jahr zurückliegt. Hier sind die Gatten aber schon länger getrennt.
  • Nachrangig gilt das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit beide Gatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts besitzen. Hier bestand nie eine gemeinsame Staatsangehörigkeit.
  • Trifft von alldem nichts zu, so gilt das Recht des Staates, bei dessen Gericht die Scheidung eingereicht wird. Das ist in unserem Fall Deutschland.

Die letzte Alternative ist hier anwendbar. Reicht die Ehefrau die Scheidung bei einem deutschen Gericht ein, ist deutsches Recht anwendbar.

Zustellung des Scheidungsantrags

In Deutschland gilt der Grundsatz, dass jeder Bürger vor einem Gericht ein Recht auf rechtliches Gehör hat. Daher muss die Ehefrau grundsätzlich die Wohnanschrift des Ehemannes angeben, damit das Gericht den Scheidungsantrag an ihn zustellen kann. Die Adresse ist ihr in unserem Fall aber nicht bekannt. Die Ehefrau ist dann dazu verpflichtet, alles Angemessene zu unternehmen, um den Aufenthaltsort des Ehemannes zu ermitteln. Dazu gehören Anfragen bei Ämtern, Botschaften, Verwandten und Freunden. Erst wenn die Ehefrau alle angemessenen und verhältnismäßigen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, gibt es im deutschen Recht die Option der sogenannten öffentlichen Bekanntmachung, die eine Zustellung des Scheidungsantrags ersetzt – das allerdings erst nach Ablauf einer vom Gericht im Einzelfall bestimmten Zeitspanne. Hierzu kann die Ehefrau einen Antrag bei dem Amtsgericht stellen, bei dem sie den Scheidungsantrag eingereicht hat.

Dauer des Scheidungsverfahrens

Da dem Einreichen der Scheidung nun nichts mehr im Wege steht, fragt sich die Ehefrau nun, wie lange das Verfahren voraussichtlich dauern wird. Die Dauer eines Scheidungsverfahrens hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und kann je nach Fallgestaltung stark variieren. Bei einer einfachen Scheidung, ohne einen Streit zwischen den Ehegatten und bei vorbildlicher Mitwirkung, dauert ein Scheidungsverfahren meist zwischen vier und neun Monaten. Treten Streitigkeiten auf, die das Verfahren verzögern, oder wirken die Ehegatten nicht genügend mit, ist von einer Dauer über mehrere Jahre auszugehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte, dass eine Scheidungsdauer von zwei Jahren durchaus noch als normal anzusehen sei. In unserem Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass die öffentliche Bekanntmachung die Zustellung des Scheidungsantrags erst nach einer Frist ersetzt, die das Gericht festlegt. Die Ehefrau muss sich deshalb darauf einstellen, dass ihre Scheidung mindestens ein Jahr ­dauern wird, zumal sie ja zunächst auch noch ihre Bemühungen zur Ermittlung des Aufenthaltsorts des Ehemannes nachweisen muss.

Kosten der Scheidung

Die Kosten der Scheidung richten sich nach den Nettoeinkommen der Ehegatten.

Schließlich stellt sich noch die Frage, welche Kosten auf die Ehefrau zukommen. Die Kosten der Scheidung richten sich dann nach den Nettoeinkommen der Ehegatten. Diese werden zusammengerechnet und mit drei multipliziert. Aus diesem Verfahrenswert bestimmen sich dann die Kosten einer Scheidung, also Gerichts- und Anwaltskosten. Für Zustellungen im Ausland können zusätzliche Kosten entstehen, etwa durch Übersetzungen. In unserem Fall ist diese Zustellung aber, wie gezeigt, gar nicht möglich. Die voraussichtlichen Scheidungskosten lassen sich auch online, mit einem im Internet bereitgestellten Scheidungskostenrechner, ermitteln.

Fotos: asmin Awad; Image Source / Getty; Rocter  / Getty Images

MEHR ZUM THEMA

Weitere Informationen zum Thema Scheidung, lesen Sie in unserem Elektronischen Wissen Familienrecht (Art.-Nr. 60177). Und zum Thema Scheidung mit Auslandsbezug im LEXinform Dok.-Nr. 5370011.

Zur Autorin

FH
Franziska Hasselbach

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Kanzlei Hasselbach in Köln, Bonn, Frankfurt und Groß-Gera
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