Unternehmen beraten - 21. Juni 2018

Auf den Mandanten zugeschnitten

Steuer­be­rater, die sich auf das Feld der be­triebs­wirt­schaft­lichen Be­ra­tung wagen, müssen ver­in­ner­lichen, dass sie dann auch Verkäufer sind.

Angemessen hohe Preise für gute und wertvolle Beratungsleistungen durchzusetzen, fängt bei der inneren Überzeugung eines jeden Steuerberaters an. Als Berater muss er sich selbst die Vorteile und den Nutzen, die der Mandant durch seine Beratung erhält, klarmachen. Wenn er nicht von seiner Kreativität, Erfahrung und seinen Beraterkompetenzen überzeugt ist, dann wird er durch seine Beratung beim Mandanten auch keinen Wert erzielen. Warum soll beispielsweise die gepflasterte Parkplatzeinfahrt für den Mandanten mehr Wert sein als betriebswirtschaftliche Beratung, bei der es um den Zukunftserfolg des gesamten Unternehmens geht? Zu allererst muss der Berater also davon überzeugt sein, dass er einen Mehrwert beim Mandanten schafft. Wenn er selbst nicht wirklich davon überzeugt ist, wird es der Mandant merken. Ist er aber davon überzeugt, merkt das der Mandant auch. Es kommt also auf die wohlwollende, positive Energie eines kompetenten Verkäufers an, um angemessen hohe Honorare umzusetzen.

Es geht darum, mehr Steuern zu zahlen

Einige Kollegen werden sich an den Wörtern Verkäufer beziehungsweise verkaufen stören. Daher sollte man zunächst darüber nachdenken, was verkaufen eigentlich heißt. Verkaufen bedeutet, einen Bedarf beim Mandanten erkennen, dies dem Mandanten erklären und verständlich begründen, und anschließend den Bedarf decken. Diese Definition muss man aber wirklich genau lesen. Zunächst muss man den Bedarf beim Mandanten erkennen. Dazu muss der Mandant zunächst aber einen tatsächlichen Bedarf haben. Um zu erkennen, ob es einen Bedarf gibt, muss sich der Steuerberater näher mit dem operativen Geschäft seines Mandanten auseinandersetzen. Die Schwierigkeit besteht also darin, den Bedarf an betriebswirtschaftlicher Beratung zu erkennen und dem Mandanten dies lösungsorientiert und strukturiert zu erläutern. Probleme zu erkennen und aufzuzeigen ist somit nur ein erster Schritt. Lösungswege anzudenken und vorzuschlagen ist die wesentliche Komponente. Dabei geht es nicht um die Verwaltung des Betriebs der Mandanten oder um die Steuerdeklaration – es geht um den Betrieb selbst. Es geht eben nicht darum, weniger Steuern zu zahlen, sondern darum, möglichst mehr Steuern zu zahlen. Wer viel Steuern zahlt, hat auch viel verdient. Nur die Kollegen, die das wirklich verinnerlichen, können betriebswirtschaftliche Beratung so verkaufen, dass sich der Mandant gut bei ihnen aufgehoben fühlt.

Zahlen sind nur der Pegel, nicht der Fluss

Was sind nun tatsächlich die Themen, um die es bei der betriebswirtschaftlichen Beratung geht? Es geht um Strategie, Geschäftsmodell, Wettbewerbsanalyse, Zielgruppenbestimmung, Marketing, Vertriebsorganisation, Preispolitik, Forschung- und Entwicklung, Produktivität, Abläufe, Qualitätssicherung, Logistik, Einkauf, Investitionen, Automatisierung, Aufbauorganisation, Führungsstrukturen, Personalentwicklung – kurz: Es geht um eine betriebswirtschaftliche Unternehmenssteuerung! Viele denken, dass diese Begriffe nur Theorie sind und in der Praxis alles anders ist. Dem muss ich aus tiefster Überzeugung widersprechen. Egal, um welches Unternehmen es geht – vom kleinsten Nebenerwerb bis zum Milliardenkonzern –, die grundlegenden betriebswirtschaftlichen Konzepte und Begriffe sind überall anzutreffen und finden auch immer ihre Anwendung. Wissen ist hierbei die Basis, um diese Begriffe und Konzepte anzuwenden. Das beste Handwerkszeug für die betriebswirtschaftliche Beratung bietet nach meiner Überzeugung der Werkzeugkasten des Controllings. Denn Controlling ist angewandte Betriebswirtschaft. Dabei sind die Zahlen nur der Spiegel der Unternehmensrealität oder, wie ich immer gerne sage: Die Zahlen sind nur der Pegel – nicht der Fluss! Steuerberater, die sich ernsthaft auf das Feld der Betriebswirtschaft wagen, haben hervorragende Voraussetzungen, als wertvolle Dienstleister wahrgenommen zu werden. Denn die Kombination der oft langjährigen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Mandanten mit den häufig tiefen Einblicken in die Familien- und Vermögenssituation des Unternehmers beziehungsweise des Betriebs machen den Steuerberater zu einem umfassend wertvollen Ratgeber.

Aus der Not keine Tugend machen

Wirklich erschüttert war ich unlängst von der Aussage eines Dozenten, der im Rahmen eines Seminars für Steuerberater folgende Überlegungen anstellte: Durch die fortschreitende Digitalisierung würden nach und nach Aufgabengebiete entfallen und damit auch Einkommensquellen für Steuerberater. Daher solle man sich doch neue Beratungsgebiete erschließen. Dazu eigne sich die betriebswirtschaftliche Beratung, denn hier bräuchte man sich nur ein paar Bücher kaufen, würde die wichtigsten Überschriften lesen und der Rest wäre dann einfach nur gesunder Menschenverstand. Die Aussage gipfelte dann darin, dass dieser Dozent den anwesenden Kollegen empfahl, man könne ja versuchen, den Mandanten vorzuschlagen, eine halbe Stunde betriebswirtschaftliche Beratung kostenlos anzubieten – in der Regel dauert es dann länger und man könne dafür dann etwas abrechnen. Ich bin noch heute über diese Denkweise erschüttert!

Das Alibi Gebührenordnung verabschieden

Von vielen Kollegen höre ich, dass die Durchsetzung von angemessenen Honoraren für betriebswirtschaftliche Beratung als schwierig empfunden wird. Diese Kollegen scheuen sich anscheinend, frühzeitig über das eigene Honorar mit dem Mandanten zu sprechen. Das Mandat für Vorbehaltsaufgaben wird besprochen und man verweist auf die Gebührenordnung. Bei betriebswirtschaftlicher Beratung führt das oft dazu, dass hier keine oder zu geringe Honorare durchgesetzt werden. Das ist unter anderem der Grund dafür, dass die Kollegen die betriebswirtschaftliche Beratung als eher uninteressant einstufen. Der Fehler liegt am Anfang. Wenn ein Steuerberater für den Mandanten wertvolle betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen erbringen kann, dann muss er auch einen angemessen hohen Preis dafür verlangen. Die Mandanten, die den Bedarf haben und die vom Berater aufgezeigten Lösungsansätze verstehen – somit den Wert der Beratungsleistung erkennen, werden gerne einen angemessen hohen Preis dafür zahlen. Den Mandanten, die das nicht zahlen wollen, darf man keine betriebswirtschaftliche Beratung verkaufen. Ich selbst war vor meiner Bestellung zum Steuerberater im Jahr 2007 bereits viele Jahre selbstständig als betriebswirtschaftlicher Berater, Controller sowie Unternehmensberater tätig. Ich hatte damals schon einige Mitarbeiter, die zusammen mit mir ausschließlich betriebswirtschaftliche Beratungen sowie Controlling-Dienstleistungen erbrachten. Auch heute ist es noch so, dass ich einen für die Steuerberatungsbranche überdurchschnittlichen Umsatzanteil mit betriebswirtschaftlicher Beratung erziele.

Was nichts kostet, ist nichts wert!

Aus geringen Honoraren folgt somit oft schlechte Beratung und die Abwärtsspirale ist in Gang gesetzt.

Allererste Voraussetzung für eine angemessen hohe Vergütung ist, dass der Steuerberater sein Beratungsprodukt beherrscht und auch gut erklären kann. Komplexe Leistungen, aus denen eine Beratung besteht, sind schwierig zu erklären. Häufig kann der Vorteil nicht sauber erklärt werden und der Nutzen wird vom Mandanten dann nicht auf Anhieb verstanden. Im Marketing spricht man von erklärungsbedürftigen Produkten oder Leistungen. Der Steuerberater selbst muss vom Wert seiner Beratungsleistung felsenfest überzeugt sein. Denn nicht der Preis, sondern der Wert für die Beratung ist das ausschlaggebende Argument. Jeder meiner Kollegen muss sich meines Erachtens also ehrlich fragen, ob und in welchem Umfang er durch seine betriebswirtschaftliche Beratung tatsächlich einen Wert bei seinem Mandanten schafft. Wer wenig Wert erzeugt, kann auch keine hohen Preise verlangen. ­Mittel- und langfristig zahlt der Mandant immer das, was er bekommt. Das gilt auch umgekehrt, denn langfristig bekommt der Mandant immer das, was er zahlt. Wer wertvolle Beratungsleistungen unter Wert verkauft oder verschenkt, tut dem Mandanten keinen Gefallen. Denn dieser wird die Ratschläge vermutlich gar nicht umsetzen. „Was nichts kostet ist nichts wert.“ Bei zu geringer Bepreisung stellt sich somit trotz guter Beratung beim Mandanten kein ­Erfolg ein. Der Mandant ist enttäuscht und der Steuer­berater auch. Schwache Honorare führen fast immer zu schlechter Leistung, denn wozu soll man sich anstrengen, wenn das Honorar sowieso gering ist. Aus geringen Honoraren folgt somit oft schlechte Beratung und die Abwärtsspirale ist in Gang gesetzt.

Ausblick

Ein Berater, der für das Thema betriebswirtschaftliche Beratung offen ist und gute, lösungsorientierte Ansätze aufzeigt, bietet einen unschätzbaren Wert für die positive Entwicklung von Ertrag, Vermögen und Finanzen der Mandanten. Einen hohen Wert kann langfristig aber nur der bieten, der für diesen hohen Wert auch Honorare vereinbart, die angemessen sind.

Fotos: Caiaimage  / Getty Images

MEHR DAZU

FACHBUCH FÜR MANDANTEN

DATEV BWA und Controllingreport – Lesen und Verstehen, 2. Auflage, Art.-Nr. 35138

Zum Autor

Georg Spitz

Steuerberater in eigener Kanzlei in Neumarkt/Oberpfalz. Tätigkeitsschwerpunkte: u. a. Sanierungs- und ­Unternehmenswertgutachten sowie die Gestaltungsberatung, insbesondere im Bereich der Unternehmens- und Vermögens­nachfolge.

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