Netzausbau für den Berufsstand - 14. Dezember 2017

Dauerbaustelle Datenautobahn

Die Politik hat ihn auf der Agenda, doch in der Praxis ähnelt der Netzausbau in Deutschland auf fatale Weise dem Bild so mancher Baustelle auf unseren Fernstraßen.

Das Bild sieht so aus: Von Weitem schon Geschwindigkeitsbegrenzung, bis rechts ein beschwichtigendes Schild auftaucht. Freundlich dreinblickende Männer mit Bauhelmen und darunter: sechsstreifiger Ausbau bis November 2022, anschließend Spurverengung, Stau – doch weit und breit niemand, den man auf der Baustelle tatsächlich arbeiten sieht.

Nun gut, wir wollen den Straßenmeistereien nicht Unrecht tun, doch dieses Bild drängt sich auf. Das Lamento über den schleppenden Ausbau der digitalen Netze ist zum Mantra geworden, ohne dass darum der Dauerklage spektakuläre Taten folgen würden. Konkret ist der Breitbandausbau auf Basis der aktuell führenden Lichtwellenleitertechnologie in den Kanzleien noch gar nicht oder nur in Einzelfällen angekommen, und auch die noch in der Fläche vorherrschende Versorgung auf Basis der vertrauten Kupferkabel stellt beileibe nicht überall ausreichend schnelle Verbindungen her. In etlichen Regionen können darum fortschrittliche Lösungen etwa aus dem Bereich DATEV-Cloud-Sourcing noch nicht genutzt werden, entweder weil die benötigte Bandbreite zu teuer ist oder überhaupt ganz fehlt. Namentlich die ländlichen Gegenden sind immer noch stark unterversorgt; dies gilt gleichermaßen für kabel- wie funkbasierte Anschlüsse. Ein Blick auf den Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ähnelt darum nicht von ungefähr einem Flickenteppich: Regionen mit guter Versorgung liegen neben solchen von digitaler Ödnis.

Bandbreite ist durch nichts zu ersetzen

Zwar wurden in den letzten Jahren spürbare Verbesserungen erzielt, doch reichen diese bei Weitem nicht aus. Digitale Services (Software-Download, Multimedia, Video, Cloud-Telefonie) erfordern in den Kanzleien immer höhere Bandbreiten. Leitungen mit Übertragungsraten von 50 bis 100 Megabits pro Sekunde (Mbps). sollten der Standard sein, sind es aber definitiv nicht. Daher muss sich auch die DATEV in den vielstimmigen Chor derer einreihen, die einen raschen Ausbau der Netze fordern. Eine Besonderheit tritt für die Kanzleien hinzu: Während im privaten Bereich in der Regel die Download-Bandbreite wichtig ist, benötigen Business-Anwendungen wie DATEVasp, Videokonferenz und Telearbeit auch entsprechend hohe Upload-Geschwindigkeiten. Hier sollten Bandbreiten von mindestens zehn Mbps zur Verfügung stehen.

Wichtig ist ferner, dass neue Anschlüsse technologieneutral (Kupfer/Glasfaser/Funk) und ohne regionale Abhängigkeiten (Stadt versus Land) wirtschaftlich vertretbar sein müssen. Momentan kosten schnelle Anbindungen über moderne Lichtwellenleiter fast dreimal so viel wie solche über Kupfer. Ferner muss bei der Beurteilung der Gesamtsituation auch berücksichtigt werden, dass die praktisch überall kupferbasierten Hauszuführungen in der Regel das Nadelöhr in Sachen Konnektivität der Datenanbindung darstellen, denn selbst modernste Glasfaserverkabelungen enden am Verzweiger auf der Straße vor dem Haus.

All-IP

Ein weiterer Faktor, der zur Dringlichkeit des Netzausbaus beiträgt, ist die für Ende 2018 von der Deutschen Telekom angekündigte All-IP: die Vereinheitlichung der bisherigen Übertragungstechniken auf der Basis des Internetprotokolls (IP). Dienste wie Telefonie, TV und Mobilfunk werden dann nur noch über das in Computernetzen verbreitete Protokoll durch Paketvermittlung bereitgestellt. Schon heute wird dieses Konzept bei Telefonanschlüssen zügig umgesetzt, wo das sogenannte Voice over IP (Internettelefonie) bereits seit Längerem auf dem Vormarsch ist. Analog- oder ISDN-Anschlüsse werden verschwinden. Letzteres betrifft DATEV-Produkte, die auf Faxeinsatz basieren, wie beispielsweise Faxzugänge für Unternehmen online (Übertragungsvolumen aller Services etwa 20 Millionen Seiten pro Jahr).

Unter IP verlangsamt sich die Übertragungsgeschwindigkeit auf circa ein Drittel des heutigen Werts und die Fehlerhäufigkeit steigt an. Hierauf wird DATEV reagieren müssen, und in jedem Fall führt dies bei unseren Kunden zu einer Änderung ihrer Arbeitsprozesse, denn auch der Aufwand für die IT-Security bei Voice-Anbindungen ist erheblich höher, komplexer und teurer als bei ISDN – den Preis zahlt unvermeidlich der Endnutzer. Und schließlich dauert die Bereitstellung eines IP-Anlagenanschlusses für Großkunden in der Praxis mehrere Monate.

DATEV-Software-Download

Unsere Kunden können kleinere Programmanpassungen (Patches) ebenso wie Vollversionen (Programm-DVD) aus dem Rechenzentrum abrufen. Letzteres tun schon heute immerhin mehr als 8.000 Nutzer. Langfristiges Ziel der DATEV ist es, jede Form von Software-Installation von physischen Datenträgern durch eine elektronische Software-Auslieferung abzulösen. Hierzu beobachten wir laufend, mit welchen Übertragungsgeschwindigkeiten unsere Anwender Software-Downloads durchführen. Während in den letzten Jahren die hohen Bandbreiten deutlich zugelegt haben, blieb das Segment der langsamen Anwender mit Geschwindigkeiten von unter ein Mbps über die letzten zwölf Monate eher konstant. 36 Prozent der DATEV-Kunden verfügen über Bandbreiten von unter sechs Mbps, was die Betroffenen dazu zwingt, den Download gegebenenfalls mittels „automatischem RZ-Abruf“ nachts durchzuführen.

DATEVasp/PARTNERasp und DATEV-Smart-IT

Die Zahl der Neukunden für ASP/SIT (SmartIT) und PARTNERasp, die aufgrund der Bandbreite nicht angebunden werden können, beträgt bis zu 15 Prozent. Namentlich die ländlichen Gegenden sind hiervon betroffen, während in den Ballungsgebieten die von den Providern ausgelobte voraussichtlich verfügbare Bandbreite für die aktuell benötigten DATEV-Services ausreichend ist. Extrem problematisch sind Standorte, die weiter als 3,5 Kilometer vom Hauptverteiler des Providers entfernt sind, eine Situation, die auch städtische Randbezirke betreffen kann.

LTE – eine Lösung?

Und wie steht es um die Business-Tauglichkeit von LTE, des aktuellen Mobilfunkstandards der dritten Generation? Mit bis zu 300 Mbps sollten – je nach Empfangssituation – deutlich höhere Download-Raten als bei älteren Standards möglich sein. Jedoch: Die LTE-Verfügbarkeit in Gebäuden ist oft schlecht, besonders bei Neubauten mit verspiegelten Fensterfronten, was die Installation von Außenantennen erforderlich machen würde. Außerdem ist LTE mit maximaler Geschwindigkeit derzeit überhaupt nur in den Ballungszentren vorhanden, und da die Technologie ein Shared-Medium ist, steht den Anwendern keine zugesicherte Bandbreite zur Verfügung.

Die langfristigen Aussichten sind jedoch positiv: Durch die stärkere Präsenz der Übertragungstechniken und Endgeräte im Alltag (Handy/Smartphones/mobile Internetnutzung) und in den Medien bewerten DATEV-Anwender die Relevanz eines schnellen Netzzugangs für ihr Business heute wesentlich höher als früher. Dieser Zugang wird dadurch zu einem echten Standortfaktor, was wiederum zum Treiber für einen raschen Ausbau wird. Überhaupt sind die Sensibilität und das Verständnis für das gesamte Thema deutlich gewachsen. Bleibt also abzuwarten, bis all dies Wirkung zeigt und Digitalisierung und Industrie 4.0 bis in die letzten Ecken Deutschlands vordringen werden.

DATEV-DOWNLOAD-SERVICE

Nutzung nach Übertragungsgeschwindigkeit
Foto: Askold Romanov, tarras79 / Getty Images

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Carsten Seebass

Redaktion DATEV magazin

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