Teilzeitangebote - 15. November 2017

Frauen verändern die Welt

Bei einem großen Teil der Be­völ­kerung teilen sich mitt­ler­weile Mann und Frau die Ver­ant­wor­tung für Beruf und Familie. Der Gesetz­geber und die ­Unter­nehmen haben bereits darauf reagiert. Dennoch gibt es Ver­bes­se­rungs­potenzial.

Die Arbeitgeber waren in der Vergangenheit häufig gezwungen, ihre Personalplanungen umzustellen. Ursache waren die Änderung der Elternzeit und/oder kurzfristige (Eltern-)­Teil­zeit­wünsche. Organisatorisch war das aufseiten der Betriebe manchmal nicht zu realisieren. Mittlerweile aber ist eine neue Familienpolitik in den Unternehmen zu bemerken. Zurückzuführen ist das nicht nur auf den Wertewandel in der Gesellschaft sowie die damit einhergehende Feminisierung, sondern vor allem auch auf die demografischen Entwicklungen, namentlich die Alterung der Gesellschaft und der Belegschaften, die Schrumpfung der Bevölkerungszahlen und die Verknappung der Nachwuchskräfte. Das hat dazu geführt, dass sich die Arbeitswelt massiv verändert und es zu einem Umdenken der Arbeitgeber über Elternzeitrückkehrer und teil­zeit­be­schäf­tigte Mitarbeiter gekommen ist. Vor diesem Hintergrund lohnt ein Blick auf die aktuelle Gesetzeslage.

Inanspruchnahme der Elternzeit

Nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) müssen zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen der Elternzeit nach dem Geburtsdatum des Kinds bestimmt werden. Für Kinder, die bis zum 30. Juni 2015 geboren wurden, ist das BEEG in seiner bis 31. Dezember 2014 geltenden Fassung anwendbar, für Kinder, die ab dem 1. Juni 2015 geboren wurden, kommt das BEEG in der seit 1. Januar 2015 geltenden Fassung zur Anwendung. Der Arbeitnehmer kann für ein bis zum 30. Juni 2015 geborenes Kind die Elternzeit bis zu dessen dritten Geburtstag einseitig auf zwei Abschnitte aufteilen. Für jeden weiteren Abschnitt ist die nach billigem Ermessen zu erteilende Zustimmung des Arbeitgebers notwendig. Diese ist auch für die Übertragung von maximal zwölf Monaten Elternzeit auf die Zeit zwischen Vollendung des dritten und achten Lebendessjahres eines bis zum 30. Juni 2015 geborenen Kindes erforderlich. Ferner muss der Arbeitgeber – unabhängig vom Geburtsdatum des Kindes – nach billigem Ermessen über das Verlangen des Arbeitnehmers entscheiden, die Elternzeit vorzeitig zu beenden oder zu verlängern. Eine weitergehende Flexibilisierung der Elternzeit besteht für Kinder, die ab dem 1. Juni 2015 geboren sind. Der elternzeitberechtigte Arbeitnehmer kann die Elternzeit einseitig bis zum dritten Geburtstag auf drei, mit der nach billigem Ermessen zu erteilenden Zustimmung des Arbeitgebers auch auf weitere Abschnitte verteilen. Ferner kann der Arbeitnehmer bis zu 24 Monate Elternzeit zwischen Vollendung des dritten und achten Lebensjahrs des Kinds in Anspruch nehmen. Handelt es sich dabei um den dritten Abschnitt, kann der Arbeitgeber der Inanspruchnahme aus dringenden betrieblichen Gründen innerhalb von acht Wochen nach Zugang des arbeit­neh­mer­seitigen Antrags schriftlich widersprechen. In jedem Fall können und sollten sich Arbeitgeber den Nachweis vom Arbeitnehmer vorlegen lassen, aus dem sich die bei einem vorherigen Arbeitgeber etwa in Anspruch genommene Elternzeit für ein ab 1. Juni 2015 geborenes Kind ergibt.

Der Arbeitgeber kann das Teilzeitverlangen ablehnen, wenn dem dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

Rückkehr in Teilzeit während der Elternzeit der Eltern aus, während der ersten Lebensjahre des Kindes durch Verringerung der bisherigen Arbeitszeit über mehr Freizeit zu verfügen, ohne den beruflichen Kontakt zu verlieren. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen sich über den Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit und deren Aus­ge­stal­tung daher zunächst innerhalb von vier Wochen einigen. Der Arbeitgeber kann diesen Antrag zunächst ohne nähere Begründung ablehnen. Kommt keine Einigung zustande, kann der Arbeitnehmer seinen Elternteilzeitanspruch förmlich geltend machen. Das setzt Folgendes voraus:

  • Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung beschäftigten Personen. Auf Voll- oder Teilzeitbeschäftigung kommt es nicht an. Es zählen alle Köpfe.
  • Das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers in demselben Betrieb oder Unternehmen muss mindestens ohne Unterbrechung sechs Monate bestehen.
  • Die Arbeitszeitverringerung soll einen Zeitraum von mindestens zwei Monaten und eine wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden und höchstens 30 Stunden umfassen.
  • Dem Antrag dürfen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.
  • Der Verringerungswunsch muss dem Arbeitgeber sieben Wochen vorher schriftlich mitgeteilt werden.

Der Arbeitgeber kann den Teilzeitantrag ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe der gewünschten Arbeitszeitregelung entgegenstehen. Arbeitgeber sollten darauf achten, dass die Zustimmungsfiktion bei der Beantragung von Teilzeittätigkeit in Elternzeit für ein ab dem 1. Juni 2015 geborenes Kind nicht ungeprüft eintritt. Daher ist es erforderlich, dass der Arbeitgeber spätestens vier Wochen nach Zugang des arbeitnehmerseitigen Antrags seine Zustimmung schriftlich verweigert, wenn die Teilzeittätigkeit während der Elternzeit bis zum dritten Geburtstag des Kindes gewünscht wird. Bei einer zwischen dem dritten und achten Geburtstag gewünschten Teilzeittätigkeit in Elternzeit beträgt die Ablehnungsfrist acht Wochen.

Rückkehr in Teilzeit nach der Elternzeit

Am Ende der Elternzeit tritt das Arbeitsverhältnis wieder in vollem Umfang in Kraft, wenn es nicht aufgrund einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrags beendet ist. Es besteht nach der Rückkehr kein Anspruch auf den früheren Arbeitsplatz, es sei denn, dieser wäre – was aber unüblich ist – arbeitsvertraglich zugesagt. Der Arbeitgeber kann regelmäßig im Rahmen des ihm zustehenden Weisungsrechts andere Arbeiten zuweisen. Für einen bestimmten Zeitraum nach dem Ende der Elternzeit muss er aber zum Beispiel hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit auf die Interessen des Rückkehrers Rücksicht nehmen.

Exkurs

Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) besteht unionsrechtlich ein Anspruch auf Rückkehr an den früheren Arbeitsplatz oder, wenn dies nicht möglich ist, die Zuweisung einer gleichwertigen oder ähnlichen Arbeit (Urteil vom 13.02.2014 C-512/11). Solange diese Rechtsansicht aber von keinem deutschen Arbeitsgericht bestätigt wird, verbleibt es (vorerst) bei den oben gemachten Ausführungen.
Nach Beendigung der Elternzeit beurteilt sich der Teilzeitwunsch nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG), das für jeden Arbeitnehmer in einem Betrieb mit mehr als 15 Arbeitnehmern nach Ablauf einer Wartezeit von sechs Monaten einen Anspruch auf Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit begründet. Der Wunsch nach Herabsetzung und deren Umfang sind spätestens drei Monate vor deren geplanten Beginn geltend zu machen; die gewünschte Verteilung der verbleibenden Arbeitszeit soll mitgeteilt werden. Zum Inhalt der Geltendmachung gehört die Angabe des Beginns. Das ist das konkrete Datum. Äußerungen wie „alsbald“ oder „zum nächstmöglichen Termin“ genügen nicht. Der Arbeitgeber hat sodann mit dem Arbeitnehmer die Angelegenheit mit dem Ziel zu erörtern, die Verringerung zu vereinbaren und die Arbeitszeit einvernehmlich zu verteilen. Soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, hat der Arbeitgeber der Verringerung zuzustimmen und die Arbeitszeit wunschgemäß festzulegen. Der Arbeitgeber kann den Antrag des Arbeitnehmers nicht allein deshalb ablehnen, weil er die unternehmerische Entscheidung getroffen hat, die anfallenden Arbeiten nur mit Vollzeitkräften zu erledigen. Eine solche generelle Entscheidung gegen Teilzeitarbeit ist nur dann als Ab­leh­nungs­grund geeignet, wenn sie durch die objektiv zu erledigenden Arbeiten gerechtfertigt ist. Für die Arbeitsplätze von Führungskräften gilt nichts anderes. Der Arbeitgeber hat seine Entscheidung dem Arbeitnehmer frist- (spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung) und formgebunden (schriftlich) mitzuteilen; anderenfalls verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Gleiches gilt für die Verteilung der Arbeitszeit; sie gilt entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.

Ausblick

In der Trendforschung und anderen Wissen­schafts­be­reichen wird festgestellt, dass die Feminisierung immer weiter voranschreitet, etwa im Bildungsbereich, in der Wirtschaft und in der Politik. Die Gründe für diesen Female Shift sind vielfältig. Zum einen sind das Bildungsniveau und der Qualifikationsstand von Frauen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Es ist zu beobachten, dass mit dem steigenden Bil­dungs­niveau auch der Wert der Erwerbstätigkeit zunimmt. Qualifikation und Berufserfahrung ermöglichen zudem eine Bewegungsfreiheit in der Arbeitswelt. Ökonomisch betrachtet lebt die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung heute ein Modell, in dem Mann und Frau gemeinsam für den Unterhalt der Familie sorgen und sich die Verantwortung teilen. Aufholpotenziale gibt es weniger bei der Erwerbstätigenquote als beim Arbeitsvolumen, dem Anteil an Führungspositionen sowie dem Berufsspektrum. Die Frauenteilzeitquote in Deutschland liegt etwa bei 45 Prozent. Dabei steigt die Teilzeitquote von Frauen zwischen dem 20. und 35. Lebensjahr, also in der Gründungsphase der Familie, immer stärker und liegt bei den 35- bis 39-Jährigen bei 54 Prozent sowie bei den 40- bis 60-Jährigen sogar zwischen 50 und 60 Prozent. Darüber hinaus befinden sich Frauen überwiegend in den niedrigen Managementebenen in der Vorgesetztenrolle. Ebenfalls zeigt sich, dass Frauen nach der Vollendung des 35. Lebensjahrs deutlich seltener Führungsaufgaben wahrnehmen. Schließlich konzentriert sich die Berufswahl von Frauen noch immer auf einige wenige Berufsgruppen, die häufig mit einem geringeren Einkommen und verminderten Aufstiegschancen einhergehen als vermeintliche Männerdomänen.

Fazit

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und anderer Engpässe auf dem Arbeitsmarkt ist daher zu erwarten, dass das Aufholpotenzial in den nächsten Jahren mehr und mehr realisiert wird. Viele Unternehmen wissen bereits, dass sie – wollen sie dauerhaft konkurrenzfähig bleiben – nicht mehr auf gut ausgebildete Mütter verzichten können. Familienfreundliche Angebote sind mittlerweile nicht mehr nur nice to have, sondern werden zum Must-have.

Foto: franckreporter / Getty Images 

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Dr. Tina Kärcher-Heilemann Weitere Artikel der Autorin