Kreditvergabe - 19. August 2017

Die Brückenbauer

Mark Heiter, Vorstands­mitglied der VR-Bank Nordeifel eG, vergibt an die 500 Kredite im Jahr. Im Inter­view verrät er uns, was er sich von Steuer­be­ratern in einem Bank­ge­spräch wünscht.

Manchmal reicht eine mangelhafte Finanzbuchführung in einem Unternehmen aus, um einen Kredit zu verweigern. Und das, obwohl das Unternehmen vielleicht nur für kurze Zeit nicht liquide ist. Es geht für Unternehmer also vor allem darum, die Verantwortlichen in der Bank von sich und ihrer Idee zu überzeugen. Natürlich müssen auch die Zahlen stimmen: Jahresabschlüsse, betriebs­wirtschaftliche Auswertungen, Liquiditätspläne, Planungsrechnungen und Ver­mögens­über­sichten sind die Grundlagen für ein erfolgreiches Bankgespräch.

DATEV magazin: Aus welchen Gründen lehnen Sie Kredite ab?

MARK HEITER: Als Hausbank unserer Region ist es unser Selbstverständnis und einer unserer Existenzgründe, unsere heimische Wirtschaft mit notwendigen und vertretbaren ­Krediten zu versorgen. Wir prüfen die Bonität durch ein objektives Rating und mit qualifizierten individuellen ganzheitlichen Analysen. Wenn wir zu dem Schluss kommen, dass dieund Einnahmeüberschüsse nicht ausreichen, um den Kredit zu ­bedienen und der Kreditnehmer dieses Bild nach einer ­Besprechung nicht entschärfen kann, müssen wir den Kredit leider ablehnen.

DATEV magazin: Spielt Vertrauen dabei auch eine Rolle?

MARK HEITER: Vertrauen ist die Grund­lage von allem, selbst wenn das Zahlenmaterial auf den ersten Blick gut zu sein scheint. Sollten wir aber trotzdem in den Unternehmer kein Vertrauen haben, kann auch ein nicht gemachtes Geschäft ein ­gutes Geschäft sein. Schwer wird es insbesondere, wenn sich der Kreditnehmer in der Vergangenheit etwas zuschulden hat kommen lassen. Wir sprechen hier von Rücklastschriften, Überschuldung oder der Nichteinhaltung von Zahlungsverpflichtungen.

Wenn die betriebswirtschaftliche Steuerung das Bild eines Blindflugs vermittelt, fehlt die Grundlage.

DATEV magazin: Gibt es Anträge, die Sie grundsätzlich nicht genehmigen?

MARK HEITER: Wir müssen unsere Kredit­ent­schei­dung auf nachvollziehbares und belastbares betriebswirtschaftliches Zahlenmaterial stützen können. Wenn beispielsweise die Finanzbuchführung weder aktuell noch aussagekräftig ist, ist es kaum mit den Grundsätzen eines ordentlichen Kaufmanns zu vereinbaren, in dieses Unternehmen Geld zu investieren. Und nichts anderes machen wir mit einem Kredit: Wir investieren ins Unternehmen und den Unternehmer. Wenn die betriebswirtschaftliche Steuerung das Bild eines Blindflugs vermittelt, fehlt die Grundlage.

DATEV magazin: Wobei Sie eher die Bank im Blick haben dürften. Welches Risiko sehen Sie für sich?

MARK HEITER: Als regionale Genossenschaftsbank steht die Förderung unserer Mitglieder im Fokus, nicht unsere ­Gewinnmaximierung. Das nehmen wir sehr ernst, und dies unterscheidet uns von anderen Bankengruppen. Wenn Zahlungen ausfallen und der Kredit nicht bedient werden kann, müssen Sanierungspläne ausgearbeitet werden. Das Kredit­engagement wird wertberichtigt – aus dem Ertrag und dem Vermögen der Genossenschaft. Wenn die Sanierungsmaßnahmen nicht greifen, wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Vorhandene Sicherheiten müssen verwertet werden. Arbeitsplätze gehen verloren, Existenzen werden gefährdet. Niemand will das.

DATEV magazin: Wie stellt man es an, dass es nicht so weit kommt?

MARK HEITER: Die Kapitaldienstfähigkeit zu prüfen, ist für uns das Kernstück jeder Kredit­be­ur­teilung. Nicht alleine das Betriebsergebnis zählt, sondern der aus einem nachhaltigen Geschäftsmodell generierbare Cashflow. Als betriebswirtschaftliche Sparrings-Partner arbeiten wir gerne mit dem Unternehmer an einer bestmöglichen Krisenresistenz.

DATEV magazin: Der Cashflow ergibt sich aus der Differenz von Einzahlungen und Auszahlungen?

MARK HEITER: Richtig, und zwar zukunftsorientiert. Er wird ermittelt, indem wir auf der Grundlage der aktuellen Unterlagen und der Planungsrechnungen die Abschreibungen dem Betriebsergebnis hinzurechnen. Wenn Sie vom Cashflow die Ein­kommen­steuer­bel­astung, die Sonderausgaben, die Privatentnahmen und auch die notwendigen Ersatzinvestitionen abziehen, erhalten Sie im Ergebnis die Kapitaldienstgrenze.

DATEV magazin: Wie muss eine korrekte Kreditanfrage aussehen?

MARK HEITER: Natürlich sollte der Antragsteller alle erforderlichen Unterlagen rechtzeitig und am besten noch vor dem Gespräch bei der Bank einreichen, um dem Berater eine zielorientierte Vorbereitung zu ermöglichen. Dies spart allen Beteiligten Zeit und damit Geld. Es reicht uns dabei nicht, nur die Zahlen der Vergangenheit zu betrachten. Sie sind oftmals so relevant wie die Zeitung der letzten Woche.

DATEV magazin: Was ist dann relevant?

MARK HEITER: Wir möchten sehen, wohin das Unternehmen steuert. Wir müssen die Kern­kom­pe­ten­zen erkennen können, auch gegenüber den Mitbewerbern. Die Allein­stel­lungs­merk­male und die strategische Ausrichtung sollten klar zu erkennen sein. Wir benötigen den Blick in die Zukunft, eine Vision, eben ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Und wir erarbeiten mit unseren Firmenkunden auch gemeinsam sogenannte SWOT-Analysen, in denen die markt- und geschäfts­modell­spe­zi­fischen Stärken und Schwächen sowie Chancen und ­Risiken zusammengefasst und hieraus notwendige Maßnahmen abgeleitet werden.

DATEV magazin: Wie werden die Unternehmer in der Regel vertreten. Von ihrem Steuerberater?

MARK HEITER: Das ist unterschiedlich. Wir urteilen nicht unbedingt danach, ob ein Unternehmer von seinem Steuerberater begleitet wird. Mitentscheidend ist: Hat er sein Unternehmen betriebswirtschaftlich und strategisch im Griff? Sicher ist es hilfreich, sich dabei die Hilfe seines Steuerberaters zu holen. Die tägliche Steuerung jedoch verantwortet er alleine, und auf seine unternehmerischen Fähigkeiten kommt es an.

DATEV magazin: Ist der Steuerberater ein geeigneter Unternehmensberater?

MARK HEITER: Er könnte es zumindest sein. Es ist schon deutlich zu erkennen, ob sich ein Kreditnehmer optimal mit seinem Steuerberater auf das Bankgespräch vorbereitet hat. Jede Auswertung ist nur so gut wie die zugrunde liegende laufende Finanz­buch­führung. Wenn Sie mich fragen, dann hat jeder Steuerberater die Voraussetzung, seine Mandanten unternehmerisch zu beraten. Leider verstehen sich viele Steuerberater eher als ausgelagerte Buch- führung mit steueroptimierendem Mandat und weniger als unternehmerischer Sparrings-Partner. Die Kompe­tenz, den Unternehmer auch in betriebswirtschaftlichen Fragen wirkungsvoll zu unterstützen, ist bei Steuerberatern oftmals ausbaufähig.

DATEV magazin: Was erwarten Sie vom Steuerberater, um eine Kreditanfrage bearbeiten zu können?

MARK HEITER: Ganz klar, er sollte für seinen Mandanten auf alle Fälle eine Qualitäts­finanz­buch­füh­rung erstellen. Er muss diese dann auch – abhängig von der Größe des Unternehmens – auf Profit Center oder strategische Geschäftsfelder herunterbrechen. Zudem sollte er in der Lage sein, entsprechende Rückschlüsse aus Kalkulationen ziehen zu können. Und Sie kennen ja den Spruch: Liquidität ist nicht alles, aber ohne Liquidität ist alles nichts. Deshalb gehört auch eine installierte rollierende Liquiditätsplanung zum Grundhandwerkskasten.

DATEV magazin: Sie erwarten also eher eine umfassende Beratung des Unternehmers im Vorfeld?

MARK HEITER: Es wäre zumindest in vielen Fällen wünschenswert. Der Steuerberater sollte seinen Mandanten so vorbereiten, dass er im Gespräch in der Lage ist, die Gründe für seinen betriebswirtschaftlichen und unternehmerischen Erfolg erläutern zu können. Er muss dann auch über die erwartete Entwicklung und die hierfür maßgeblichen Annahmen und Parameter Bescheid wissen.

DATEV magazin: Reden Sie direkt mit dem Steuerberater, wenn Sie Kreditanfragen von deren Mandanten bearbeiten?

MARK HEITER: Vielfach liegt der Bank eine Vollmacht vor, direkt mit dem Steuerberater kommunizieren zu dürfen. Allein dies baut enorm Vertrauen auf und reduziert Bearbeitungszeiten. Sollte diese Vollmacht nicht erteilt werden, gibt dies schon Anlass zur Skepsis. Ich habe es auch schon erlebt, dass Steuerberater diese Vollmacht nicht wünschen.

DATEV magazin: Was empfehlen Sie jedem Kreditnehmer nach einer Kreditzusage?

MARK HEITER: Pflegen Sie eine regelmäßige Kommunikation zu Ihrer Bank. Ein intensives Jahresgespräch oder Halbjahresgespräch sollte Usus sein. Das hängt von der Größe eines Unternehmens ab und von seiner Komplexität. Ich empfehle außerdem, die geforderten Unterlagen elektronisch einzureichen. Entweder als CSV-Datei oder über eine bestehende Datenschnittstelle der DATEV. So können wir die Daten automatisiert einspielen und sie auswerten. Außerdem sollte der Unternehmer die Bank eigeninitiativ laufend über alle relevanten Entwicklungen informieren.

DATEV magazin: Haben Sie es schon mal bereut, einen Kredit abgelehnt zu haben?

MARK HEITER: Ja sicher. Niemand ist perfekt, wir auch nicht, und wir erwarten auch keine Perfektion. Aber wir bedauern es besonders, wenn wir aufgrund mangelnder Vorbereitung oder Präsentation nicht in die Lage versetzt wurden, das Unternehmen anders einzuschätzen, als wie wir es letztendlich bei einer Ablehnung getan haben.

Zum Autor

Dietmar Zeilinger

Redaktion DATEV magazin

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