Hyperlinks - 23. Februar 2017

Haftung des Betreibers

Das Setzen von Links im Internet ist immer noch risikobehaftet. Aus Brüssel aber kommt ein Signal, das eine Wende in der Rechtsprechung bedeuten könnte.

Das Internet enthält auf verschiedenen Webseiten eine Fülle von Informationen, die durch das Setzen von Hyperlinks auf der eigenen Website dem Nutzer auf einfache Weise erschlossen werden können. Während man in der Papierwelt auf weitergehende Informationsquellen nur durch eine entsprechende Quellenangabe hinweisen konnte und der Leser dann die genannte Quelle sich erst beschaffen musste, ist die Information im Internet heute nur einen Klick entfernt. Die Technik erlaubt es sogar, fremde Inhalte auf der eigenen Seite so einzubinden, dass für den Website-Besucher nicht erkennbar ist, dass diese Inhalte von einem anderen Anbieter stammen. Die einfache Möglichkeit der Linksetzung birgt für den Website-Betreiber aber auch Haftungs­risiken. Diese können vermieden werden, wenn einige grundlegende Punkte beachtet werden.

Verschiedene Verlinkungsmöglichkeiten

Um Inhalte einer anderen Website dem Besucher der eigenen Website zugänglich zu machen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Die einfachste Art der Verlinkung ist der sogenannte Surface-Link. Derjenige, der auf einen solchen Link klickt, gelangt von der verlinkenden Webseite auf die Eingangsseite des verlinkten Internetangebots. Gleichzeitig ist für ihn erkennbar, dass er sich auf einer externen Website befindet. Wer auf einzelne Unterseiten eines fremden Internetauftritts verlinken will, weil sich dort die in Bezug genommenen Informationen befinden, setzt einen Deep-Link. Durch den Klick auf einen solchen Deep-Link gelangt man direkt auf eine Unterseite, wobei für den Nutzer aber immer noch erkennbar ist, dass er sich auf einer externen Website befindet.
Inhalte einer externen Website können aber auch so verlinkt werden, dass der Nutzer einer Website nicht erkennt, dass diese Inhalte von einer anderen Seite stammen. Man spricht dann von Framing, Hotlinking oder Embedding. Insbesondere Videos (zum Beispiel von Youtube), Bilder oder Audiodateien werden auf die Art in die eigene Website eingebunden.

Rechtliche Zulässigkeit der Verlinkung

Die Verlinkung auf fremde Inhalte mittels eines Surface-Links wurde in der sogenannte Paperboy-Entscheidung des BGH vom 17. Juli 2003 (I ZR 259/00) allgemein als zulässig angesehen. In demselben Urteil entschied der BGH auch, dass das Setzen eines Deep-Links auf eine Seite mit urheberrechtlich geschützten Inhalten zulässig ist, wenn der Berechtigte das geschützte Werk ohne technische Schutzmaßnahmen öffentlich zugänglich gemacht hat. Unter welchen Voraus­set­zun­gen Framing/Embedding zulässig ist, wurde durch einen Beschluss des EuGH vom 21. Oktober 2014 (Rs. C-348/13) geklärt. Danach kann ein urheberrechtlich geschütztes Video mittels Framing in die eigene Website eingebunden werden, wenn dieses mit Zustimmung des Berechtigten auf einer Internetseite für die Öffentlichkeit frei zugänglich eingestellt wurde. Im Umkehrschluss ist Framing also dann unzulässig, wenn das Werk nicht für alle Internetnutzer frei zugänglich war, sondern nur für einen bestimmten Nutzerkreis, zum Beispiel Abonnenten des Internetdiensts, oder es ohne Zustimmung des Berechtigten für alle Nutzer zugänglich gemacht wurde. Gerade beim Framing von Youtube-Videos ist damit besondere Vorsicht erforderlich, denn dort werden auch immer wieder von Nichtberechtigten Videos eingestellt.

Haftung für verlinkte Inhalte

Um die Haftung nicht ausufern zu lassen, wurden durch die Rechtsprechung einige grundsätzliche Regeln aufgestellt.

Unabhängig von der Frage, ob die Verlinkung auf andere Inhalte zulässig ist, ist die Haftung eines Website-Betreibers für die Rechtmäßigkeit der verlinkten Inhalte. Hier geht es also um die Haftung des Verlinkenden, wenn der verlinkte Inhalt zum Beispiel wettbewerbswidrig ist. Eine gesetzliche Regelung hierzu gibt es nicht. Die Bestimmungen der §§ 7ff. Telemediengesetzes (TMG) sind nach der Rechtsprechung des BGH nicht einschlägig. Nach den allgemeinen Grundsätzen der sogenannten Störer­haf­tung haftet jeder auf Unterlassung oder Beseitigung, der willentlich und kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um die Haftung aber nicht ausufern zu lassen, wurden durch die Rechtsprechung, insbesondere durch ein Urteil des BGH vom 18. Mai 2015 (I ZR 74/14), einige grundsätzliche Regeln aufgestellt:

  1. Hat der Website-Betreiber einen Link gesetzt, durch den Inhalte zugänglich gemacht werden, in denen für seine Produkte/Dienstleistungen geworben wird, so haftet er für dort enthaltene rechtswidrige Aussagen. Dieser Fall ist so zu beurteilen, als ob er die Äußerungen auf seiner eigenen Seite veröffentlicht hätte. Dabei ist es unerheblich, um welche Art der Verlinkung es sich handelt.
  2. Dient der Link zur Vervollständigung des eigenen Angebots, begründet dies ebenfalls eine Haftung des verlinkenden Website-Betreibers. Gleiches gilt, wenn die Inhalte der verlinkten Seite so in den eigenen Internetauftritt eingebettet sind, dass sie für das Verständnis der Inhalte der verlinkenden Seite erkennbar von Bedeutung sind, insbesondere also wenn Inhalte mit der Framing-Technik eingebunden werden.
  3. Erfolgt eine Verlinkung auf die Unterseite einer anderen Website (Deep-Link), auf der wettbewerbswidrige Aussagen enthalten sind, dann geht der BGH von einer Haftung des verlinkenden Website-Betreibers aus. Wer auf eine konkrete Unterseite verlinkt, muss vorab prüfen, dass die Seite keinen rechtswidrigen Inhalt hat. Es bedarf dabei nicht einer um­fas­sen­den Über­prüfung durch einen Juristen, sondern die Prüfpflichten sind auf grobe und unschwer zu erkennende Rechtsverstöße beschränkt.
  4. Liegt keiner der vorgenannten Fälle vor, dann trifft den Website-Betreiber, der nur auf die Startseite eines anderen Internetauftritts verlinkt (Surface-Link), keine Haftung, sofern die wettbewerbswidrigen Äußerungen erst auf Unterseiten enthalten sind. Erhält der Website-Betreiber später jedoch den Hinweis, dass sich auf der verlinkten Website rechtswidrige Inhalte befinden, so ist er verpflichtet, zu prüfen, ob die beanstandete Äußerung in dem verlinkten Internetauftritt tatsächlich rechtswidrig ist. Dieser Hinweis ist noch keine Abmahnung, deren Kosten vom Verlinkenden zu erstatten wären. Eine aktive Über­wachungs­pflicht besteht nicht. Ist die beanstandete Äußerung tatsächlich rechtswidrig, muss der Link entfernt werden, um eine Haftung zu vermeiden. Die Prüfung ist dabei nicht auf klar erkennbare Rechtsverletzungen beschränkt. Hier empfiehlt es sich, einen spezialisierten Anwalt mit der Prüfung zu beauftragen. Entfernt der Website-Betreiber den Link auf die wettbewerbsverletzenden Inhalte nicht, so trifft ihn nach dem Hinweis die volle Haftung. Erst dann kann er auch kostenpflichtig ab­ge­mahnt werden. Diese von der Rechtsprechung postulierte umfassende Prüfpflicht nach ent­sprechen­dem Hinweis führt in der Praxis meist dazu, dass der Linksetzer den Link ohne eingehende Prüfung entfernt (sogenannte Notice-and-take-down-Verfahren), um das mit einer un­zu­tref­fenden Be­ur­tei­lung der Rechts­lage ver­bun­dene Haftungsrisiko auszuschließen.

Kein Haftungsausschluss durch Disclaimer

Bereits seit Ende der 1990er-Jahre hält sich bei Website-Betreibern der Mythos, dass die Haftung für verlinkte Inhalte durch einen Disclaimer ausgeschlossen werden kann. Noch heute liest man auf manchen Websites den Hinweis: „Mit Urteil vom 12. Mai 1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite ge­ge­ben­en­falls mit zu verantworten hat. Dies kann – so das Landgericht Hamburg – nur dadurch ver­hin­dert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben auf dieser Seite Links zu anderen Seiten im Internet gesetzt. Für all diese Links gilt: Wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten auf dieser Homepage und machen uns ihre Inhalte nicht zu eigen. Diese Erklärung gilt für alle auf unserer Homepage ausgebrachten Links!“
Durch einen solchen Hinweis kann die Haftung für Hyperlinks aber nicht ausgeschlossen werden. Das damalige Urteil des Landgericht Hamburg wurde von denjenigen, die einen solchen Dis­claimer erfunden haben, falsch verstanden. Das Gericht hatte damals nämlich entschieden, dass trotz eines Disclaimers, man distanziere sich von den Äußerungen auf der verlinkten Website, gehaftet wird. Wenn also die vorstehenden von der Rechtsprechung entwickelten Voraus­set­zungen für eine Haftung des Website-Betreibers vorliegen, ist ein Dis­claimer wirkungslos.

Folgen der Haftung

Sind die Voraussetzungen für eine Haftung des Website-Betreibers für verlinkte Inhalte gegeben, so haftet der Betreiber dem Verletzten gegenüber auf Unterlassung und Beseitigung des Links zu den rechtswidrigen Inhalten. Der Unterlassungsanspruch kann dabei nur durch eine vertrags­straf­be­wehrte Unterlassungserklärung gesichert werden. Das bloße Entfernen des Links ist nicht ausreichend. Erfolgt eine anwaltliche Abmahnung des Verletzten, so kann dieser die Erstattung seiner Anwaltskosten beanspruchen. Hat der Website-Betreiber fahrlässig oder gar vorsätzlich gehandelt, kann von ihm auch Schadensersatz gefordert werden.

Praxistipp

Bei der Verlinkung von Webseiten ist also einiges zu beachten, um eine Haftung zu vermeiden: Vor einer Verlinkung auf konkrete Inhalte im Internetangebot eines Dritten sollte geprüft werden, ob auf der Seite unzulässige Inhalte vorhanden sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn auf der verlinkten Seite für das eigene Produkt- und Dienstleistungsangebot geworben wird oder der verlinkte Inhalt eigenen Inhalt ersetzt. Sind auf der verlinkten Seite keine rechtswidrigen Inhalte zu erkennen, dann empfiehlt es sich, die verlinkte Seite im Zeitpunkt der Linksetzung zu sichern (zum Beispiel durch Ausdrucken), um gegebenenfalls später nachweisen zu können, dass dort keine rechtswidrigen Inhalte veröffentlicht waren, sondern erst später dort eingestellt wurden. Wird von einem Dritten darauf hingewiesen, dass der gesetzte Link zu (jetzt) rechtswidrigen Inhalten führt, sollte dieser Hinweis ernst genommen und die Inhalte geprüft werden. Ist die Beanstandung zutreffend, so empfiehlt es sich, den Link zu entfernen. Erfolgte die Verlinkung nicht nur zur allgemeinen Information, sollte zur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens auch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden.

Aktuelle EuGH-Rechtsprechung

Auf europäischer Ebene äußerte sich der EuGH zu­letzt in seinem Urteil vom 8. September 2016 (Az. C-160/15 – GS Media) zu der Frage einer Haftung für das Setzen von Hyperlinks. In einem niederländischen Verfahren hatten die dortigen Gerichte zu ent­schei­den, ob das Verlinken mit einer Seite, auf der ur­heber­recht­lich geschützte Inhalte ohne Zu­stim­mung des Nut­zungs­rechts­in­habers wieder­ge­geben sind, eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Das nieder­län­dische Gericht hatte hierzu den EuGH angerufen. Der EuGH differenzierte danach, ob die Seite, von der aus verlinkt wird, mit Gewinnerzielungsabsicht be­trie­ben wird oder nicht. Wird die Seite mit Gewinn­er­zie­lungs­ab­sicht genutzt, dann muss der den Link setzende nachprüfen, ob die auf der verlinkten Seite eingestellten urheberrechtlichen geschützten Werke mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht wurden. Wird die Seite hingegen ohne Ge­winn­er­zie­lungs­ab­sicht genutzt, ist keine Prüfung erforderlich. Den Betreibern geschäftlich genutzter Internetseiten werden damit erhebliche Prüfpflichten und Haftungsrisiken auferlegt. In Deutschland wurde diese Entscheidung bereits im LG Hamburg in seinem Beschluss vom 18. November 2016 (Az. 310 O 402/16) angewandt und einem Website-Betreiber die Verlinkung auf eine andere Internetseite mit urheberrechtlichen Abbildungen untersagt.

Fotos: bulentgultek, RUSSELLTATEdotCOM / Getty Images

Zur Autorin

RK
Dr. Renate Kropp

ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz. Sie ist Partner bei Cöster & Partner Rechtsanwälte in Nürnberg sowie Lehrbeauftragte für Presse- und Medienrecht im Studiengang Technikjournalismus an der technischen Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg.

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