Rechnungs­legung - 27. Oktober 2016

Einfach besser machen

Der Anhang ist der Dauerbrenner für die er­stel­len­den Berater und für die Ab­schluss­prüfer. Der Grund: Er ist der erste Be­ur­tei­lungs­maßstab für die fach­liche Qua­li­tät der Er­stel­lungs­arbeit. Prof. Dr. Win­fried Schwarz­mann gibt Tipps und Hin­weise für die Praxis, um die ge­stie­ge­nen An­for­de­run­gen auch auf­grund des Bilanz­richt­linie-Um­set­zungs­ge­setzes zu erfüllen.

„Im Anhang geht es nicht nur um Formalien.“

Für den fachkundigen externen Jahres­ab­schluss­adres­saten ist gerade der Anhang der erste Be­ur­tei­lungs­maß­stab für die fachliche Qualität der Er­stel­lungs­ar­beit. Ver­ein­facht ge­sprochen: Aus einem of­fen­ge­legten Jahres­ab­schluss ist nicht er­sicht­lich, dass bei­spiels­weise die For­de­run­gen un­zu­tref­fend be­wertet sind oder dass Rück­stel­lungen für Über­stunden feh­len. Un­mit­tel­bar erkennbar ist aber, wenn gesetzlich vorgeschriebene Anhangangaben fehlen (Pensionsrückstellungen, Berufsbezeichnungen der Organe etc.).
Die Abschlussprüfer sind aufgrund der Abschlussdurchsicht der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) für diesen Aspekt besonders sensibilisiert. Die WPK sichtet veröffentlichte und geprüfte Unternehmensabschlüsse und klärt gegebenenfalls auftretende Fragen mit den Abschlussprüfern. Fehlende Angaben können zu Nachfragen führen. Gerade die Anhangangaben sind durch gesetzliche Neuerungen (aktuell durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG)) in den letzten Jahren umfangreicher und anspruchsvoller geworden. Im Anhang geht es nicht nur um Formalien. Fehlende oder fehlerhafte Angaben zu Bewertungseinheiten, Derivaten, außer­bi­lan­ziellen Geschäften, Sicherheiten oder Haftungsverhältnissen können gravierende materielle Auswirkungen nach sich ziehen. Gesetzliche Neuerungen sind dabei eine häufige Fehlerquelle, wenn im Anhang lediglich die Zahlen des Vorjahrs aktualisiert werden.Im Fokus stehen auf der anderen Seite natürlich die Effizienz der Erstellungsarbeiten und die Er­war­tungs­hal­tung des mittelständischen Mandanten. Die Anforderung an den erstellenden Berufskollegen ist, die gesetzlichen Vorgaben effizient umzusetzen – ansonsten ist der Anhang als Berichtsinstrument für den mittelständischen Unternehmer häufig nur von untergeordnetem Interesse.

Zentrale aktuelle Neuerungen

Die Vorschriften des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes sind erstmals anzuwenden in Jahres­ab­schlüssen für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen (vergleiche im Detail Art. 75 EGHGB). Durch das BilRUG sind nicht nur neue beziehungsweise geänderte An­hang­an­gaben hin­zu­ge­kommen, es haben sich auch die Befreiungsvorschriften für kleine und mittelgroße Gesellschaften in § 288 HGB geändert. Insofern wird die Ab­schluss­er­stel­lung für das Ge­schäfts­jahr 2016 anspruchsvoll und bedarf einer strukturieren Vorbereitung.

Materiell sind für den Anhang insbesondere folgende neue Aspekte aufgrund des BilRUG hervorzuheben (siehe Tabelle unten).

Im Anhang ist der Pflichtinhalt abhängig von der Rechtsform und der Größenklasse des Unter­nehmens. Ohne entsprechend konzipierte Checklisten oder Musterformulierungen ist eine effiziente Erstellung schwerlich möglich (Gleiches gilt natürlich auch für die Prüfung des Anhangs). Durch das BilRUG ändern sich auch die Befreiungsvorschriften in § 288 HGB. So gibt es für kleine Kapitalgesellschaften einige neue Befreiungen (unter anderem hinsichtlich der Erläuterungen zum Anteilsbesitz oder zu den Pensionsrückstellungen) – es ist aber auch auf den Wegfall von Befreiungen zu achten (das heißt zusätzliche Angaben zu den sonstigen finanziellen Ver­pflich­tun­gen und zur Beschäftigtenzahl). Unerfreulich für mittelgroße Kapitalgesellschaften ist, dass künftig alle mittelgroßen Gesellschaften (und nicht mehr nur wie bisher die Ak­tien­ge­sell­schaften) An­ga­be­pflich­ten zu den nicht zu marktüblichen Konditionen zustande gekommenen Geschäften mit bestimmten nahe stehenden Personen (insbesondere Gesellschafter, Beteiligungen, Organmitglieder) beachten müssen.

Fazit

„Der Anhang ist ein Dauerbrenner für die erstellenden Berater.“

Der Anhang ist ein Dauerbrenner für die erstellenden Berater und die Abschlussprüfer. Aufgrund des BilRUG gilt dies für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2016 in besonderem Maße. Erforderlich sind eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit den Änderungen und eine strukturierte Vorbereitung der Umsetzung. Der Berater und Prüfer muss in seiner Kanzlei Regeln einführen, die gewährleisten, dass bei der Auftragsabwicklung einschließlich der Berichterstattung die gesetzlichen Vorschriften und fachlichen Regeln beachtet werden – gerade beim Anhang 2016 ergeben sich hier gestiegene Anforderungen. Mustervorlagen und Checklisten sind wichtige Bausteine, um die Anforderungen auf effiziente­ Weise zu berücksichtigen und Haftungsrisiken zu vermeiden.

Gesetzliche Grundlage Erläuterung
Struktur des Anhangs
Die zu den einzelnen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) vor­ge­schrie­benen Angaben sind in der Reihen­folge der einzelnen Posten der Bilanz und der GuV darzustellen. § 284 Abs. 1 S. 1 HGB Gesetzlich vor­ge­schrie­bene Rei­hen­folge der Angaben (im All­ge­meinen bereits bis­lang übliche Praxis)
Erstanwendung BilRUG – Umsatzerlöse
Bei erstmaliger Anwendung der §§ 267, 267a Abs. 1, 277 Abs. 1 HGB in der Fassung des BilRUG ist im Anhang auf die fehlende Vergleichbarkeit der Umsatzerlöse hinzuweisen und unter nach­richt­licher Darstellung des Vorjahresbetrags, der sich nach dem BilRUG ergeben hätte, zu erläutern. Art. 75 Abs. 2 S. 3 EGHGB Hintergrund ist die Neu­de­fi­ni­tion der Um­satz­er­löse nach ­§ 277 Abs. 1 HGB (Aus­wei­tung der hie­run­ter zu sub­su­mie­ren­den Ge­schäfts­vorfälle)
Erläuterungen zu Bilanz und GuV/Haftungsverhältnisse und sonstige finanzielle Verpflichtungen
Im Anhang ist jeweils eine Erläuterung des Zeit­raums, über den ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird, anzugeben. § 285 Nr. 13 HGB Künftig in allen Fällen An­gabe des Ab­schrei­bungs­zeit­raums ent­gelt­lich er­wor­bener Geschäfts- oder Firmenwerte

Sofern in die Herstellungskosten Zinsen für Fremdkapital einbezogen worden sind: Angabe für jeden Posten des Anlagevermögens, welcher Betrag an Zinsen im Geschäftsjahr aktiviert worden ist.

Bei in der Bilanz angesetzten latenten Steuer­schulden: Angabe der latenten Steuerschulden am Ende des Geschäftsjahrs und der im Laufe des Geschäftsjahrs erfolgten Änderungen dieser Salden.

§ 284 Abs. 3 S. 4 HGB

§ 285 Nr. 30 HGB

Neue Angabe im Zu­sam­men­hang mit dem An­lagen­spiegel

Befreiung kleiner Kapital­gesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB)

Für die in § 251 HGB bezeichneten Haf­tungs­verhältnisse sind:

Angaben zu nicht auf der Passivseite aus­zu­wei­sen­den Verbindlichkeiten und Haf­tungs­ver­hält­nissen im Anhang zu machen,

dabei die Haftungsverhältnisse gesondert unter Angabe der gewährten Pfandrechte und sonstigen Sicherheiten anzugeben,

Verpflichtungen betreffend Altersversorgung und Verpflichtungen, die gegenüber ver­bun­de­nen oder assoziierten Unternehmen bestehen, jeweils gesondert anzugeben.

§ 268 Abs. 7 HGB Pflichtausweis der Angaben im Anhang, zudem neue Pflicht­an­gaben (Alters­ver­sor­gung und assoziierte Unter­nehmen)

Im Anhang sind anzugeben:

Art und Zweck sowie Risiken, Vorteile und fi­nan­zielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz ent­hal­tenen Geschäften, soweit die Risiken und Vorteile wesentlich sind und die Offenlegung für die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens erforderlich ist;

§ 285 Nr. 3 HGB

Ergänzung um finanzielle Auswirkungen

Befreiung kleiner Kapital­gesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB)

der Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz enthalten sind und die nicht nach § 268 Absatz 7 oder Nummer 3 anzugeben sind, sofern diese Angabe für die Beurteilung der Finanzlage von Bedeutung ist; davon sind Verpflichtungen betreffend die Alters­ver­sorgung und Verpflichtungen ge­gen­über ver­bun­denen oder assoziierten Unternehmen jeweils gesondert anzugeben. § 285 Nr. 3 HGB Ergänzung um Alters­ver­sorgung sowie assozi­ierte Unternehmen

In Anhang sind anzugeben:

das Bestehen von Genussscheinen, Genuss­rechten, Wandel­schuld­ver­schrei­bungen, Optionsscheinen, Optionen, Besserungsscheinen und vergleichbaren Wertpapieren oder Rechten unter Angabe der Anzahl und der Rechte, die sie verbriefen.

§ 285 Nr. 15a HGB Verlagerung der bis­he­ri­gen An­ga­ben aus § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG in das HGB, damit für alle Rechts­for­men re­­le­­vant. Be­freiung kleiner Kapi­tal­ge­sell­schaften (§ 288 Abs. 1 HGB)
Angabe jeweils des Betrags und der Art der einzelnen Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind. § 285 Nr. 31 HGB Ausschließliche und er­wei­ter­te Angabe im An­hang (kein GuV-Ausweis mehr). Darstellung der einzelnen Posten erforderlich
Erläuterung der einzelnen Erträge und Auf­wen­dungen hinsichtlich ihres Betrags und ihrer Art, die einem anderen Geschäftsjahr zuzurechnen sind, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind. § 285 Nr. 32 HGB Verlagerung des bis­he­ri­gen § 277 Abs. 4 S. 3 HGB a.F.; Befreiung für kleine und mittelgroße Kapi­tal­ge­sell­schaften (§ 288 Abs. 1 und 2 HGB)
Ergebnisverwendungsvorschlag
Angabe des Ergebnisverwendungsvorschlags oder – sofern dieser zum Aufstellungszeitpunkt schon vorliegt – des Ergebnisverwendungsbeschlusses. § 285 Nr. 34 HGB Befreiung für kleine Kapi­tal­gesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB)
Nachtragsbericht
Angabe der Vorgänge von besonderer Be­deu­tung, die nach dem Schluss des Ge­schäfts­jahrs ein­ge­treten und weder in der Gewinn- und Ver­lust­rechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind, unter Angabe ihrer Art und ihrer fi­nan­ziellen Auswirkungen. § 285 Nr. 33 HGB

Verlagerung der Angabe aus dem Lagebericht in den Anhang (jetzt mit ex­pli­ziter Angabe von Art und fi­nan­zieller Auswirkung)

Befreiung kleiner Kapital­gesellschaften (§ 288 Abs. 1 HGB)

Foto: David Arky / Getty Images

Praxistipp

Die Erstellung des ersten BilRUG-Abschlusses erfordert einen strukturierten Fahrplan. Neben den Kern­themen der neuen Größenklassen und der erweiterten Definition der Umsatzerlöse steht der Anhang im Fokus. Ein Fortschreiben der Vorjahresdatei ist nicht ausreichend beziehungsweise wäre ineffizient. Wichtig und hilf­reich sind der Einsatz von Checklisten sowie die Verwendung von Vorlagen mit Muster­formulie­rungen.

MEHR DAZU

finden Sie unter Kompaktwissen für Berater:

Das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG), Print Art.-Nr. 36627

Weitere Informationen unter www.datev.de/bilrug

Mit der DVD 10.1 (Januar 2017), also rechtzeitig zum Start der Jahresabschlusssaison 2016, steht Anwendern von Bilanzbericht, Abschlussprüfung und Kanzlei-Rechnungswesen eine Dokumentvorlage für einen Anhang nach BilRUG zur Verfügung. Auch die Dokumentvorlagen für Erstellungsberichte nach BStBK 4/2010 be­zie­hungs­weise IDW S7 werden zum gleichen Zeitpunkt an das BilRUG angepasst.

Kontakt:

Fragen zum Programm Bilanzbericht beantwortet der Programmservice Bilanzbericht

Telefon +49 911 319 34735
E-Mail: bilanzbericht@service.datev.de

Fragen zum Programm Abschlussprüfung beantwortet der Programmservice Abschlussprüfung

Telefon: +49 911 37891
E-Mail: abschlusspruefung@service.datev.de

Gern können Sie sich bei unserem Seminar „Sichere Umstellung der Berichtsschreibung mit Bilanzbericht/ Abschlussprüfung auf BilRUG“ über das Thema informieren (Art.-Nr. 73961).

Kontakt, Anmeldung und weitere Informationen unter Tel.: +49 911 319-40867
E-Mail: apveranstaltungen@service.datev.de

Zum Autor

Prof. Dr. Winfried Schwarzmann

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, Professor für Rechnungswesen und Controlling an der Hochschule München,

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