Ruhestand - 25. August 2016

Gut geplant ist halb gewonnen

Karl-Heinz Holzheimer hat es im zweiten Anlauf geschafft: Seine Steuer­be­ra­tungs­kanzlei ist in guten Händen, und er kann seinen wohl­ver­dien­ten Ruhe­stand ge­nießen. Doch wie hat er das ge­macht? Das erzählt er im Interview.

DATEV magazin: Bevor es um das Ende Ihrer beruflichen Laufbahn geht, kehren wir erst mal an den Anfang zurück. Wie verlief Ihr Weg zu einer eigenen Kanzlei?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Ich habe mit 16 Jahren eine 3,5-jährige Ausbildung gemacht. Nach zehn Jahren habe ich die Beraterprüfung abgelegt und war bei einer Kanzlei angestellt. Als ich 25 Jahre alt war, ist der Kanzleiinhaber gestorben. Die Erben traten an mich heran und fragten mich, ob ich die Kanzlei übernehmen möchte. In dem Alter macht man sich noch nicht so viele Gedanken, da macht man so was einfach, ohne alle Konsequenzen zu kennen und zu bedenken. Also war ich mit Mitte 20 bereits Inhaber einer Kanzlei. Diese Kanzlei habe ich 35 Jahre alleine geleitet.

DATEV magazin: Sie haben ja auch schon Seminare für DATEV zum Thema Nachfolge gehalten. Was raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen: Wann ist der beste Zeitpunkt dafür, sich mit der Nachfolge für die eigene Kanzlei zu beschäftigen?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Ich rate allen Kanzleiinhabern, sich möglichst früh mit diesem Thema zu beschäftigen. Sich rechtzeitig Gedanken über den Zeitpunkt und über die Form zu machen, ist wichtig. Auch sollte man für sich selbst festlegen, ob man vorerst noch weiter in der Kanzlei mitarbeiten will. Das sind Entscheidungen, die frühzeitig getroffen werden müssen. Aufschieben bringt leider nichts.

Ich finde es besonders wichtig, einen Zeitpunkt festzulegen, damit man ein Ziel hat, auf das man hinarbeitet.

DATEV magazin: Wann haben Sie selbst an­ge­fangen, sich mit der Nachfolge für Ihre Kanzlei zu beschäftigen?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Im Alter von 45 Jahren habe ich erste Überlegungen angestellt, wie und wann ich meine Kanzlei übergeben möchte. Ich habe in meiner eigenen Finanzbuchhaltung ein System eingeführt, mit dem ich meinen Kanzleiwert aktuell ablesen konnte. Mit 55 Jahren legte ich fest, dass ich mit 60 Jahren aufhören will. Seit diesem Zeitpunkt habe ich mich darum gekümmert, dass es bis dahin klappt. Ich finde es besonders wichtig, einen Zeitpunkt festzulegen, damit man ein Ziel hat, auf das man hinarbeitet. Man agiert dann konsequenter, als wenn man sich nur an einem groben Zeitrahmen orientiert. Ich kenne viele, die zwei Jahre vor dem Verkauf anfangen, sich mit dem Thema Kanzleinachfolge zu beschäftigen. Aber das ist viel zu spät, und man kann dann auch nicht mehr alles schaffen, was auf einen zukommt. Die Technik beispielsweise sollte auf dem neusten Stand sein, und auch die Mitarbeiter sollten sich regelmäßig weitergebildet haben. Ich habe meine Kanzlei 35 Jahre lang immer aktuell gehalten, darum musste ich keine Maßnahmen zur Kanzleiwertsteigerung treffen. Wenn man dies aber tun muss, ist es dafür zwei Jahre vor Übergabe der Kanzlei viel zu spät.

DATEV magazin: Wann haben Sie den Beschluss gefasst, welche Form der Kanzleiübergabe für Sie die beste ist? Welche Gründe hatten Sie, sich für diese Form zu entscheiden?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Da es keinen Nachfolger innerhalb der Familie gab und auch keinen Mitarbeiter in meiner Kanzlei, der meine Nachfolge hätte antreten können, schieden diese beiden Nachfolgeformen von vornherein aus. Ich hatte mich ursprünglich für einen Verkauf entschieden, wobei für mich feststand, dass ich eine Übergangsphase von drei bis fünf Jahren haben will, in der ich weiterhin in der Kanzlei arbeiten möchte.

DATEV magazin: Wie haben Sie Ihren Nachfolger gesucht?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Ich habe zuerst eine strategische Unternehmensberatung für mich selbst durchgeführt. Ich habe versucht, die Kanzlei neutral ohne Emotionen von außen zu betrachten und zu bewerten, habe Familie und Freunde befragt. Danach habe ich mir viele Gedanken gemacht, wen ich mir als Nachfolger wünsche: welches Alter, ob eine oder mehrere Personen, ob der Nachfolger aus der Gegend stammen soll und so weiter. Dies habe ich für mich aufgeschrieben und immer wieder aktualisiert. Dadurch hatte ich genaue Vorstellungen. Daraufhin habe ich Anzeigen in einschlägigen Zeitungen geschaltet, Bekannte informiert, dass ich einen Nach­folger suche und auch die Kanzleibörse genutzt. Auf meine erste Anzeige hin haben sich rund 30 Bewerber gemeldet. Von diesen blieben lediglich fünf übrig, weil bei den anderen zum Beispiel die Form der Bewerbung ein Ausschlusskriterium für mich war.
Die Gespräche habe ich alleine geführt. Ebenso habe ich die wesentlichen Punkte auf einer DIN-A4-Seite festgehalten: die Mandantenstruktur, Umsatzstruktur, Kaufpreisermittlung, meine Übergangszeit und so weiter. Dieses Papier habe ich auch mit in die Gespräche genommen, damit der Bewerber die Eckpunkte zusammengefasst sieht. Ich hatte eigentlich schon die Wahl getroffen und mich entschieden, wer meine Kanzlei übernehmen soll. Aber nach einem Gespräch mit einem Freund habe ich mich letztendlich umentschieden, weil dieser Bewerber doch nicht zu 100 Prozent gepasst hatte.

DATEV magazin: Und so begann die Suche für Sie wieder von vorne?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Ja, ich habe dadurch etwa zwei Jahre verloren und musste mit der Suche wieder von vorne beginnen. Hier hat es sich ausgezahlt, dass ich frühzeitig begonnen hatte, einen Nachfolger zu suchen. Durch Zufall traf ich dann meinen Nachfolger Herrn Weber in einer Veranstaltung von DATEV. Wir sollten gemeinsam einen Vortrag halten und haben uns in der Vorbereitung darauf besser kennengelernt. So kamen wir auf das Thema, dass ich einen Nach­folger suche. Herr Weber führte bereits eine eigene Kanzlei zusammen mit Frau Helmig. Wir haben eine ähnliche Art sowie Ansichten und auch unsere Kanzleien hatten ähnliche Strukturen. So lag eine Fusion nahe.

DATEV magazin: Über welchen Zeitraum hat sich die Fusion erstreckt, und wann haben Sie Ihre Mitarbeiter informiert?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Die Verhandlungen und die gesamten Vorbereitungen zur Fusion haben ein halbes Jahr gedauert. Das ist aber wirklich der Idealfall. Wir hatten die gleichen Vorstellungen und Ziele. Dies hat den Prozess erheblich beschleunigt.
Die Mitarbeiter wurden zwar nicht direkt in den Entscheidungsprozess eingebunden, wurden aber schon sehr früh über meine Pläne informiert, dass ich mit 60 Jahren aufhören will. Sobald fest­stand, wer meine Nachfolger werden, habe ich meine Mitarbeiter benachrichtigt. Ich hielt sie auch während der Übergangsphase ständig auf dem Laufenden. Jede Kanzlei hatte seine eigenen gewachsenen Strukturen und Systeme, die zusammengeführt werden mussten. In dieser Phase waren die Mitarbeiter beider Kanzleien sehr wichtig, weil sie noch Tipps geben konnten. Bei der Zusammenführung der Datenbestände hat DATEV uns mit Mitarbeitern vor Ort unterstützt.

DATEV magazin: Wann und wie haben Sie Ihre Mandanten von der Fusion in Kenntnis gesetzt?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Frau Helmig, Herr Weber und ich haben uns darauf geeinigt, unsere Mandanten nicht im Vorfeld zu informieren. Wir schrieben zum Jahreswechsel einen Brief, in dem wir die Fusion mitgeteilt haben. Bis auf einen behielten wir auch alle Mandanten. Wichtig ist, sich vorab Gedanken zu machen, seine Mandanten einzuschätzen und wohlüberlegt die Entscheidung in Bezug auf Zeitpunkt und Art der Information zu treffen.

DATEV magazin: War es für Sie schwierig, loszulassen und Ihr Lebenswerk in andere Hände zu geben?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Dadurch, dass ich mich so frühzeitig mit dem Thema Nachfolge beschäftigt habe, fiel es mir relativ leicht. Aber das hängt auch damit zusammen, dass ich noch vier, fünf Jahre in der Kanzlei weiterarbeitete. Ich habe eine sehr lange Zeit die Verantwortung alleine getragen und war froh, dass sich diese nach der Fusion auf mehrere Schultern verteilte. Darum war die Fusion für mich sogar eine Erleichterung. Ich bin noch heute Seniorpartner, ohne ins Tagesgeschäft eingebunden zu sein. Es ist be­ru­hi­gend zu wissen und zu erleben, dass mein Lebens­werk in guten Händen ist. Darum ist eine stimmige Auswahl der Nachfolger so wichtig, und das gelingt nur, wenn man sich rechtzeitig mit seiner Nachfolge beschäftigt und gut plant – dann fällt der Abschied auch nicht so schwer.

DATEV magazin: Welche Pläne haben Sie jetzt? Genießen Sie Ihren Ruhestand?

KARL-HEINZ HOLZHEIMER: Ich genieße es, nicht mehr die Verantwortung zu haben, eine Kanzlei zu führen, aber mir ist nicht langweilig. Ich halte beispielsweise für DATEV Seminare zum Thema Kanzleinachfolge und für die Steuerakademie Hessen Excel-Seminare. Außerdem habe nun endlich mehr Zeit für meine ehrenamtlichen Engagements.

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Zur Autorin

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Wiebke Föllmer

Redaktion DATEV magazin

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