Karriere­prä­fe­ren­zen - 25. Mai 2016

Geld ist nicht alles

Die Berufe Steuerberater und Wirtschaftsprüfer leiden unter einem starken Rückgang von Bewerbern. Welche Faktoren sind Studierenden wichtig, um diese Berufe zu ergreifen? Und was bedeutet das für mittelständische Praxen? Ein von der DATEV-Stiftung Zukunft gefördertes Forschungsprojekt an der Universität Bayreuth legt nahe, dass Geld allein keinen Nachwuchs gewinnt.

Fachkräftemangel, demografischer Wandel und Generation Y sind nur einige Schlagworte, die fallen, wenn über die Nachwuchssituation in Steuerberatung (StB) und Wirtschaftsprüfung (WP) gesprochen wird. Beide Berufsstände leiden unter einem starken Rückgang der Bewerberzahlen, sowohl bei Berufseinsteigern als auch Examenskandidaten. Beispielsweise sind die Teil­neh­mer­zahlen an beiden Berufsexamina in den letzten zehn Jahren um etwa 40 Prozent zu­rück­ge­gangen. Über die Gründe für diese Entwicklung und vor allem mögliche Auswege besonders für kleine und mittelständische Praxen ist indes nur wenig bekannt.

So ergeben sich einige Kernfragen:

  • Wie interessant sind Tätigkeiten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung für Studierende in Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung?
  • Wer plant mittelfristig, die Berufsexamina zu absolvieren?
  • Welche Anforderungen und Wünsche werden an die künftige Stelle und den Arbeitgeber gestellt?

Diesen und weiteren Fragen gehen wir im Rahmen unseres Forschungsprojekts „Karriere- und Studienentscheidungen in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung“ an der Universität Bayreuth nach. Dank der finanziellen Unterstützung durch die DATEV-Stiftung Zukunft ist es uns möglich, deutschlandweit Studierende zu ihren Studien- und Karriereplänen zu befragen. Erste Ergebnisse der Befragung liegen vor. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die potenzielle Tätigkeit bei kleinen und mittelständischen Praxen.

Erste empirische Erkenntnisse

Im Sommer 2015 haben wir 941 Stu­die­rende in ver­schie­de­nen Stu­dien­phasen an 14 deutschen Uni­ver­si­tä­ten be­fragt. Der Fokus lag dabei auf Stu­die­ren­den mit den Schwer­punk­ten Rech­nungs­wesen, Steuer­lehre und Wirt­schafts­prüfung. Hier zeigt sich er­freu­licher­weise ein relativ aus­ge­gliche­nes Ge­schlech­ter­ver­hältnis. Der ver­gleichs­weise ge­ringe An­teil an Master-Stu­die­ren­den sollte auf­grund der hohen Spe­zia­li­sierung in diesen Stu­dien­gänge nicht über­raschen (siehe Ab­bildung 1).

Generell kann sich etwa die Hälfte der Studierenden eine Tätigkeit in Steuerberatung und Wirtschaftsprü­fung vorstellen. Jedoch streben nur knapp 18 Prozent zumindest eines der Berufsexamina an. Das Interesse am Steuerberaterexamen ist gegenüber dem Wirt­schafts­prü­fungs­examen etwas ausgeprägter (siehe Abbildung 2). Eine Tätigkeit in kleinen oder mittelgroßen Praxen kommt für ungefähr 18 Prozent der von uns befragten Studierenden in Betracht. Die Big-Four-Gesellschaften werden von etwa 39 Prozent als potenzielle Arbeitgeber identifiziert. Dieses Ergebnis ist aufgrund der größeren Bekanntheit und Präsenz der großen Gesellschaften an Universitäten und Hoch­schulen wohl nicht überraschend.
Studierende, die sich für eine Tätigkeit in mittelständischen Kanzleien interessieren, zeigen hingegen ein größeres Interesse an den Berufsexamina, besonders dem Steuerberaterexamen (siehe Abbildung 3). Eine mögliche Erklärung könnte in der langfristigen Berufsperspektive liegen. Wer sich für eine Karriere im Mittelstand interessiert, möchte auch im Beruf verbleiben. Studierende, die ihre Tätigkeit bei den Big-Four-Gesellschaften aufnehmen, nutzen dies üb­licher­weise auch als Sprungbrett in Berufsbilder außerhalb von Steuerberatung und Wirt­schafts­prüfung.
Auch bei den Kriterien zur Berufs- und Arbeitsplatzwahl gibt es Unterschiede zwischen beiden Gruppen. So sind für die am Mittelstand interessierten Studierenden Freude an und Identifikation mit der Tätigkeit sowie gute Vorgesetzte und kompetente Kollegen relativ wichtig. Diese Faktoren sind aber auch bei den Studierenden, die sich für einen Berufseinstieg bei den Big Four in­te­res­sieren von hoher Bedeutung. Die Generation Y legt also tatsächlich mehr Wert auf Selbst­er­fül­lung und eine spannende Tätigkeit als auf monetäre Anreize. Ist dies gegeben, sind die Studierenden bereit, überdurchschnittlichen Einsatz zu zeigen und (leichte) Abstriche bei der Vergütung hinzunehmen.

Implikationen

Trotz der zahlenlastigen Materie menschelt es im Bereich der Steuerberatung und Wirt­schafts­prüfung. Ausschlaggebend für die Gewinnung von Berufseinsteigern ist es, zunächst grund­le­gen­des Interesse an der Tätigkeit zu wecken. Mittelständische Praxen sollten im per­sön­lichen Kon­takt (zum Beispiel über Praktika, Workshops an Hochschulen) überzeugen. Um die Bekanntheit des Berufs sowie der verschiedenen Beschäftigungsalternativen – gerade auch abseits der all­ge­gen­wärtigen Big-Four-Gesellschaften – zu fördern, würde es sich daher bei­spiels­weise an­bie­ten, die Präsenz am lokalen Campus auszuweiten. So kann es gelingen, nicht nur Be­rufs­ein­steiger, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch langfristig Mitarbeiter mit Interesse an den Berufs­exa­mina zu ge­win­nen. Die ersten Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass für zukünftige Berufseinsteiger Geld nicht alles, aber dennoch von gewisser Wichtigkeit ist. Für die Generation Y können positive Aspekte bei Tätigkeitsprofil, Kollegenkreis und Auf­stiegs­mög­lich­keiten gewisse finanzielle Nachteile ausgleichen. Berufsneulingen relativ früh Verantwortung zu übertragen und ein herausforderndes Arbeitsumfeld bei fördernder wie fordernder Atmosphäre zu schaffen, kann das entscheidende Plus für den Mittelstand sein (siehe Abbildung 4). Geld allein ist eben doch nicht genug.
Neben der derzeitigen Ausweitung unserer Studierendenbefragung werden wir uns in den nächsten Schritten auch an Berufsträger wenden. Wir planen eine Befragung der Beschäftigten in Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung zu ihren Karriereplänen. Darüber hinaus ist eine weiter­füh­ren­de Befragung zur Arbeitsmarktsituation aus Sicht der Praxen in Vorbereitung. Themengebiete werden unter anderem die Einschätzung der Bewerberlage und der Kon­kur­renz­si­tua­tion im lokalen Markt sein.

Empirische Untersuchung

Empirische Untersuchung

Befragung von 941 Studierenden mit den Schwerpunkten Rechnungswesen, Steuerlehre und Wirt­schafts­prüfung

Abbildung 1: Demografische Angaben

Abbildung 2: Angestrebte Berufsexamina der befragten Studierenden

Abbildung 3: Interesse an Berufsexamina nach Berufseinstieg

Abbildung 4: Kriterien zur Berufs- und Arbeitsplatzwahl

Zu den Autoren

Prof. Dr. Thomas Loy

Juniorprofessor für Wirtschaftsprüfung an der Universität Bayreuth. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen neben den dargestellten die ökonomische Analyse der Regulierung von Wirtschaftsprüfung und Rechnungslegung, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen.

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Marcus Bravidor

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Rechnungslegung (StB Prof. Dr. Rolf Uwe Fülbier) an der Universität Bayreuth, M.Sc.

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