Haftungs­be­schränkung - 27. August 2015

Gefahr minimieren

Eine Vereinbarung mit dem Mandanten zur Haf­tungs­be­­schrän­kung, ergänzt um einen an­ge­mes­se­nen Ver­siche­rungs­schutz, kann das Ri­si­ko­ma­na­ge­ment der Be­ra­tungs­berufe wirksam unterstützen.

Eine Haftungsbeschränkung durch Wahl der Rechtsform des Unternehmens auf der einen Seite und eine Haftungsbeschränkung durch Vereinbarung mit dem Mandanten auf der Ebene des einzelnen Mandats auf der anderen Seite haben jeweils ihre konkrete Funktion und können gerade im Zusammenspiel beider Maßnahmen, ergänzt um einen angemessenen Ver­si­che­rungs­schutz, ein geeignetes Konzept zum Risikomanagement der Beratungsberufe darstellen. Die Wahl beispielsweise der PartG mbB als Rechtsform des Unternehmens macht die Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung mit den Mandanten schon deshalb nicht entbehrlich, weil sonst bei jedem großen Haftungsfall, der die Deckung der Haftpflichtversicherung über­schrei­tet, das Unter­neh­men in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet sein kann.

Steuerberatungsgesetz

In der Praxis kann eine Haftungsbeschränkung im Einzelfall nicht rechtssicher ab­ge­schlossen werden.

Die Zulässigkeit einer ver­trag­lichen Ver­ein­ba­rung zwischen Steuer­be­rater und Mandant über eine Haf­tungs­be­schrän­kung ist in § 67a Steuer­be­ra­tungs­ge­setz (StBerG) geregelt. Dort sind zwei ver­schie­dene Mög­lich­keiten einer be­trags­mäßigen Be­gren­zung der Haftung vor­ge­sehen: Zum einen kann die Haftung des Steuer­be­ra­ters „durch schrift­liche Ver­ein­ba­rung im Ein­zel­fall“ auf den Betrag der Min­dest­ver­siche­rungs­summe von 250.000 Euro beschränkt werden (§ 67a Abs. 1 Nr. 1 StBerG). Zum anderen kann die Haftung „durch vorformulierte Vertragsbedingungen“ auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme (also auf eine Million Euro) beschränkt werden, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht (§ 67a Abs. 1 Nr. 2 StBerG).
Die Anforderungen an eine Vereinbarung im Einzelfall, die mit dem Mandanten ausgehandelt werden muss und daher auch eine konkrete Risikoberatung des Mandanten voraussetzt, werden durch eine solche Vereinbarung vom Steuerberater auf den Mandanten verlagert und sind sehr hoch. In der Praxis kann eine solche Vereinbarung nicht rechtssicher abgeschlossen werden. Praktikabel ist allein die Verwendung Allgemeiner Auftragsbedingungen in einer Form, die durchgehend und ohne große Modifikationen (und vor allem ohne große Erläuterungen und Diskussionen mit dem Mandanten) für neue Mandate zugrunde gelegt werden kann. Gesetzliche Regelungen zur Vereinbarung einer Haftungsbeschränkung mit dem Mandanten durch vo­for­mu­lierte Vertragsbedingungen bestehen auch für Wirtschaftsprüfer (in § 54a Abs. 1 Wirt­schafts­prü­fer­ord­nung [WPO]) und für Rechtsanwälte (in § 51a Abs. 1 Bundes­rechts­an­walts­ord­nung, BRAO). Diese Regelungen weichen aber von den gesetzlichen Be­stim­mun­gen für Steuerberater in § 67a StBerG in Einzelheiten ab.

Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte

Für Wirtschaftsprüfer ist eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Min­dest­ver­siche­rungs­summe von einer Million Euro vorgeschrieben, die ohne Beschränkung der Jahreshöchstleistung (also unmaximiert) zur Verfügung stehen muss (§ 54 Abs. 1 Satz 2 WPO i.V.m. § 323 Abs. 2 Satz 1 Handelsgesetzbuch [HGB]). Wirtschaftsprüfer können ­daher ihre Haftung durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf vier Millionen Euro beschränken. Gleiches gilt für vereidigte Buchprüfer (§ 130 Abs. 1 Satz 1 WPO).
Für Rechtsanwälte ist wie für Steuerberater eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Min­dest­ver­siche­rungs­summe von 250.000 Euro vorgeschrieben (§ 51 Abs. 4 Satz 1 BRAO). Rechtsanwälte können daher ebenso wie Steuerberater ihre Haftung durch vorformulierte Vertragsbedingungen auf eine Million Euro beschränken. Für Rechtsanwälte gilt die weitere Besonderheit, dass eine Haftungsbeschränkung durch vorformulierte Vertragsbedingungen nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit zulässig ist (§ 51a Abs. 1 Nr. 2 BRAO). Dementsprechend darf die Formulierung der Haftungsbeschränkung in Allgemeinen Auftragsbedingungen (Man­dats­be­din­gun­gen) von Rechtsanwälten sich nur auf Fälle einfacher Fahrlässigkeit beziehen. In allen Fällen muss in Höhe der Haftungsbeschränkung, die mit dem Mandanten vereinbart werden soll, Versicherungsschutz bestehen.

Sozietät und Partnerschaft

Die Sozietät oder Partnerschaft, in der Berufsträger unterschiedlicher Professionen ihren Beruf gemeinsam ausüben, muss die gesetzlichen Voraussetzungen aller betroffenen Berufsordnungen einhalten, wenn sie wirksame Haftungsbeschränkungen mit ihren Mandanten vereinbaren will. Dies bedeutet, dass sie in jeder Hinsicht die jeweils strengste Regelung aller betroffenen Be­rufs­ord­nun­gen einhalten muss. So kann eine Sozietät, in der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte gemeinsam ihre Mandanten beraten, eine Haftungsbeschränkung im Wege Allgemeiner Auftragsbedingungen nur dann wirksam vereinbaren, wenn eine Beschränkung der Haftung auf nicht weniger als vier Millionen Euro (von der die erste Million unmaximiert zur Verfügung stehen muss) vorgenommen wird (und hierfür auch Versicherungsdeckung besteht), die auch nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit vereinbart wird. Für eine Sozietät von Steuer­be­ra­tern und Wirtschaftsprüfern (ohne Rechtsanwälte) kann diese Haftungsbeschränkung auf alle Fälle von Fahrlässigkeit ausgedehnt werden. Für eine Sozietät von Steuer­be­ra­tern und Rechts­an­wälten (ohne Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer) kann die Haftung auf eine Million Euro beschränkt werden, aber wiederum nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit.

Partnerschaftsgesellschaft

Strenger sind die Anforderungen bei der Partnerschaftsgesellschaft mbB: Diese muss bei Steuerberatern und/oder Wirtschaftsprüfern als Partner eine Versicherung mit einer Min­dest­ver­siche­rungs­summe von einer Million Euro unterhalten. In diesem Fall kann durch Allgemeine Auftragsbedingungen eine Beschränkung der Haftung auf vier Millionen Euro vereinbart werden. Bei Beteiligung von Rechtsanwälten als Partner muss die PartG mbB eine Versicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 2,5 Millionen Euro unterhalten. In diesem Fall kann durch Allgemeine Auftragsbedingungen eine Beschränkung der Haftung auf zehn Millionen Euro vereinbart werden, allerdings nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit. Die entsprechende Ver­siche­rung muss wegen der Beteiligung von Rechtsanwälten auch wissentliche Pflicht­ver­let­zun­gen abdecken. Die Beteiligung von Rechtsanwälten an einer Sozietät oder Partnerschaft führt zu einer nicht unwesentlichen materiellen Verschlechterung der Mög­lich­kei­ten zur Haf­tungs­be­schrän­kung, und zwar für alle Berater, die in der Gesellschaft ihren Beruf ausüben. Denn nach den Vorgaben des anwaltlichen Berufsrechts, die in diesem Fall für die gesamte Sozietät oder Partnerschaft gelten, kann auch für die beruflichen Leistungen der Steuerberater und Wirt­schafts­prüfer eine Haftungsbeschränkung durch Allgemeine Auf­trags­be­din­gun­gen nur noch für Fälle einfacher Fahrlässigkeit vereinbart werden. Dies führt zum einen dazu, dass für eine objektiv als grobe Fahrlässigkeit zu wertende Pflichtverletzung des Steuer­be­raters oder Wirt­schafts­prü­fers keine Haftungsbeschränkung besteht, zum anderen gibt es dem Mandanten im Haftungsprozess die Möglichkeit, über die Frage einer groben Fahr­läs­sig­keit eine erhebliche Unsicherheit in die rechtliche Beurteilung des Haftungsfalls hineinzutragen.

Unerkannt unwirksame Haftungsvereinbarungen

Eine Vereinbarung mit dem Mandanten zur Haftungsbeschränkung ist nur dann rechtswirksam, wenn alle im konkreten Fall maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben ohne Einschränkung ein­ge­hal­ten werden. Ist dies auch nur in einer Hinsicht nicht der Fall, ist die Haf­tungs­be­schrän­kung nicht wirksam vereinbart. Der Berater beziehungsweise die Gesellschaft haftet dann ohne be­trags­mäßige Begrenzung für den Schaden des Mandanten. Dies ist deshalb besonders ge­fähr­lich, weil der Berater es im Vertrauen auf die mit dem Mandanten ab­ge­schlos­sene Ver­ein­ba­rung unter­las­sen hat, durch anderweitige Maßnahmen (insbesondere eine höhere Ver­si­che­rungs­deckung) Vorsorge für mögliche höhere Haftungsfälle zu treffen. Das Risiko aus einer solchen un­zu­tref­fen­den rechtlichen Einschätzung kann bis hin zur Bedrohung der wirt­schaft­lichen Existenz der Kanzlei gehen.
Die besondere Problematik besteht in diesen Fällen auch darin, dass, anders als bei den formellen Voraussetzungen einer Partnerschaftsgesellschaft mbB, weder eine Berufskammer noch ein Partnerschaftsregister dem Berater einen Hinweis darauf geben wird, dass die Anforderungen an eine wirksame Beschränkung der Haftung im Einzelfall noch nicht erfüllt sind und eine Nach­bes­se­rung erforderlich ist. Vermutlich schlummern in den Akten der deutschen Beraterschaft, gerade auch in Fällen einer interprofessionellen Zusammenarbeit, zahlreiche Zeitbomben in der Form unerkannt unwirksamer Haftungsvereinbarungen, die erst dann, wenn tatsächlich ein Haf­tungs­fall in entsprechender Höhe eingetreten ist (und es für ergänzende Maßnahmen zur Verringerung des Risikos zu spät ist), näher überprüft werden.

IDW-Muster bei RA-Beteiligung unwirksam

Nach den vorstehend erläuterten Grundsätzen darf eine Sozietät oder Partnerschaft aus Steuer­be­ra­tern und Wirtschaftsprüfern bereits dann, wenn in der Gesellschaft auch nur ein Rechtsanwalt seinen Beruf ausübt, nicht mehr die Allgemeinen Auftragsbedingungen aus dem IDW-Verlag für eine formularmäßige Beschränkung der Haftung verwenden. Denn die Be­schrän­kung der Haftung darf bei Rechtsanwälten nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit erfolgen, und deshalb ist die in diesen Allgemeinen Auftragsbedingungen in Nr. 9 Abs. 2 geregelte Haf­tungs­be­schrän­kung insgesamt unwirksam, wenn an der Gesellschaft auch ein Rechtsanwalt beteiligt ist. Dies gilt ebenso auch für die PartG mbB mit Beteiligung eines Rechtsanwalts. Hier ist die formularmäßige Beschränkung der Haftung nicht nur wegen des Grades der Fahrlässigkeit (nur für Fälle einfacher Fahrlässigkeit), sondern auch wegen der Höhe der Haftungsbeschränkung (zulässig nur mit zehn Millionen Euro) unwirksam. In diesen Fällen muss daher die formularmäßige Regelung der Haftungsbeschränkung in diesen Allgemeinen Auftragsbedingungen um ent­sprechende For­mu­lie­rungen ergänzt werden, um die Wirksamkeit der Haftungsbeschränkung zu erreichen.

Fazit

Unabhängig von dem durch die Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft (PartG mbB) oder einer Steuerberatungs-GmbH erreichten Ausschluss der persönlichen Haftung der Partner für Schäden aus fehlerhafter Berufsausübung ist unbedingt der Abschluss von Vereinbarungen zur betragsmäßigen Haftungsbeschränkung mit den Mandanten zu empfehlen, am besten unter Verwendung Allgemeiner Auftragsbedingungen. Diese müssen rechtssicher in das Man­dats­ver­hält­nis einbezogen werden, indem das ausdrückliche schriftliche Einverständnis des Mandanten mit der Geltung dieser Auftragsbedingungen für das Mandatsverhältnis eingeholt wird.

Video

Hinweis

Mit der Bestätigung auf OK wird ein Video von YouTube eingebunden und abgespielt. Damit werden die Standarddaten an Google übertragen. Im Einzelnen können hier die IP-Adresse, die spezifische Adresse der bei uns aufgerufenen Seite, ggf. die Seite, von der Sie uns erreicht haben (Linkquelle), die übertragene Kennung des Browsers sowie Systemdatum und -zeit des Aufrufes übertragen werden. Möglicherweise erhält Google weitere Daten über bereits gespeicherte Cookies. Für diese Daten ist Google verantwortlich. Ohne die Bestätigung auf OK werden keine Daten an YouTube bzw. Google übertragen


abbrechen
OK




MEHR DAZU

MEHR DAZU

Online-Fachseminar

Rechtsformwahl bei Anwälten: PartG mbB, AG, GmbH & Co.

Referent: RA Prof. Dr. Volker Römermann

Fachbuch: Recht der Sozietäten;

Autor: RA Hans Ferdinand Groß

Weitere Infos & Bestellung unter www.telelex.de

Zum Autor

NH
Dr. Norbert H. Hölscheidt

ist als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in eigener Kanzlei tätig. Tätigkeitsschwerpunkt: Abwehr von Haftungsansprüchen, Beratung zur Haftungsprävention

Weitere Artikel des Autors