Mensch sein können - 28. Mai 2015

Menschliche Nähe durch bessere Technik erzeugen

XING ist das führende ge­schäft­liche soziale Netz­werk in Deutsch­land. Darin sind zahl­reiche the­ma­tisch spe­zia­li­sierte Gruppen aktiv, da­runter auch „DATEV ver­bin­det“ für Steuer­be­rater. Die im nieder­rhei­nischen Haan an­säs­sige Steuer­be­ra­te­rin Evelyn Oettinger ist einer von drei Mo­de­ra­to­ren, die im Auftrag der DATEV die Gruppe seit Jah­res­an­fang mo­de­rie­ren. Der Wissens- und Er­fah­rungs­aus­tausch mit Kol­le­gen im ge­sam­ten Bundes­ge­biet ist für sie ein wichtiges Er­geb­nis dieser Tä­tig­keit. Auch über Face­book und mit einem selbst ver­fass­ten Kanz­lei­blog ist die 34-Jährige in den sozialen Medien sehr aktiv.

DATEV magazin: Frau Oettinger, was ist unter der XING-Gruppe „DATEV verbindet“ zu verstehen?

EVELYN OETTINGER: Diese Gruppe hat fast 4.000 Mitglieder aus Steuerkanzleien in ganz Deutschland. Wobei die Teilnahme erst nach einer Freischaltung durch einen der drei Mo­de­ra­to­ren möglich ist. Neben mir sind das die Steuerberater Wolfram Jaschke und Sven Ott. Gemeinsam planen wir Themenaspekte aus unserer Tätigkeit, die wir als Input ins Forum ein­brin­gen. So ging es kürzlich um das neue Umsatzsteuerabzugsverfahren über die kleine einzige Anlaufstelle (MOSS) oder um eher kanzleiorganisatorische Fragen wie ein Man­dan­ten­be­treu­ungs­kon­zept.

DATEV magazin: Können da Steuerberater und ihre Mitarbeiter parallel lesen und schreiben?

EVELYN OETTINGER: Die Zielgruppe sind eher Steuerberater, nicht deren Mitarbeiter. Es werden sehr oft eher Cheffragen wie beispielsweise Mandantenbetreuungskonzepte besprochen. Es ist ein Community-Prinzip auf Steuerberaterebene. Hier können sich Steuerberater untereinander auch über technische Fragen und Erfahrungen mit bestimmten Programmen gezielt austauschen und erhalten nicht selten per persönlicher Nachricht eine hilfreiche Antwort eines Kollegen.

DATEV magazin: Sind denn die Steuerberater bereit, sich aktiv an solchen Foren und Dis­kus­sio­nen zu beteiligen und auch eigenes Wissen einzubringen?

EVELYN OETTINGER: Zugegebenermaßen ist die breite Masse der Gruppenmitglieder eher passiv. Eine weitere größere Gruppe liest nur und beteiligt sich nicht an Diskussionen, geschweige denn, dass diese Nutzer eigene Beiträge schreiben. Motivierend ist der kleine Anteil der Aktiven, die rege mitdiskutieren und auch gerne ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit anderen teilen. Insbesondere jüngere Gruppenmitglieder haben längst keine Bedenken mehr, sie würden damit ihre ver­meint­lichen Konkurrenten schlauer machen. Ich sehe dies auch in einem von DATEV-Consulting moderierten Arbeitskreis von zehn Kollegen in einem 20-Kilometer-Radius. Es gibt zwei Ver­an­stal­tun­gen im Jahr, zuweilen treffen wir uns auch mal gerne abends privat. Unterei­nander geben wir uns gute Tipps und helfen uns gegenseitig. Wir können alle voneinander profitieren.

DATEV magazin: Sie sind nicht nur auf XING aktiv, sondern schreiben selbst in einem Kanzleiblog und auf Facebook über Aktuelles und neue Entwicklungen in Ihrer Kanzlei. Wie kommt das an?

EVELYN OETTINGER: Ein Steuerberater hat mir mal per Mail den Hinweis gegeben, dass mein „laxer Schreibstil nicht berufsstandsgemäß“ sei. Mir ist wichtiger, ich werde von Mandanten und (potenziellen) Mitarbeitern verstanden und ich baue zu ihnen über eine nachvollziehbare Sprache eine Beziehung auf oder vertiefe diese. Entscheidend ist, dass man erkennt, dass wir in der Kanzlei gerne zusammenarbeiten und Spaß daran haben. Von außen sieht das schon so aus wie auf dem Ponyhof. Neben all dem Spaß und der Lockerheit ist es natürlich selbstverständlich, dass die Kanzlei höchst professionell organisiert und geführt wird. Alle arbeiten hart – nur eben freund­licher und familiärer im Ton. Geritten werden muss also dennoch.

DATEV magazin: Gibt es konkrete Erfolge aus Ihrem Engagement in sozialen Medien?

EVELYN OETTINGER: Ja. Eine Mitarbeiterin, die ich zum 1. März eingestellt habe, hatte sich bereits im Jahr zuvor beworben, doch da hatte ich leider keinen Arbeitsplatz für sie. Sie hat auf Facebook unsere Bilder vom Betriebsausflug gelikt und hat unsere Mitteilungen über die Entwicklung von Persönlichkeitsprofilen aller Kanzleimitarbeiter gelesen, über die ich ebenfalls öffentlich schrieb. Sie hat unsere Kanzleientwicklung verfolgt und ist über Facebook Freundin der Kanzlei geblieben. Als sich gegen Ende 2014 abzeichnete, dass ich ihr jetzt eine Stelle anbieten könnte, hat sie bei ihrem neuen Arbeitgeber gekündigt und wechselte zu mir.

DATEV magazin: Ist Facebook für Personalakquise ein gut geeignetes Instrument?

EVELYN OETTINGER: Wenn Sie gerne mit jungen Leuten zusammenarbeiten, unbedingt. Sie verbringen heute viel Zeit darin und verfolgen aufmerksam Entwicklungen. Über meinen Blog, die Kanzlei-Facebook-Seite und meine Website kann ich viel transportieren, wie wir zu­sam­men­ar­bei­ten. Und nicht zuletzt poste ich da auch mal Meldungen für meine Mandanten, um sie zu unterstützen. Die sehen dann, dass sich ihr Steuerberater nicht nur um steuerliche Belange kümmert. Es bringt also etwas für die Kundenbindung und für die eigenen Mitarbeiter – auch für potenzielle.

DATEV magazin: Welches soziale Medium ist für Sie am wichtigsten?

EVELYN OETTINGER: Facebook, weil hier am meisten Traffic ist. Sowohl Mandanten, Mitarbeiter als auch potenzielle Angestellte verbringen hier viel Zeit und posten aktiv. Es dient sowohl der Kundenbindung als auch der Mitarbeitergewinnung. Danach kommt für mich XING. Hier schätze ich als Mehrwert den fachlichen Austausch mit Berufskollegen. Und wenn Sie gelernt haben, dass man auf Dauer nicht nur nehmen kann, sondern auch geben muss, dann funktioniert auch XING hervorragend. Über meine Website bekomme ich immer wieder neue Mandanten. Auf You­Tube sehen wir uns in der Kanzlei DATEV-Videos an. Wir planen zudem, eigene professionelle Er­klär­videos erstellen zu lassen. Google+ hat derzeit noch etwas wenig Traffic, wird sich aber sicherlich noch stärker entwickeln. Aufs Menschliche stelle ich auch beim Schreiben für meinen Kanzleiblog ab. Leider haben noch nicht viele meiner Mandanten dies wahrgenommen. Fachinformationen hingegen erhalten die Mandanten monatlich per E-Mail-Newsletter.

DATEV magazin: Sie schreiben selbst?

EVELYN OETTINGER: Ja, weil es mir einfach Spaß macht. Zudem stelle ich überwiegend eigene, mit meinem Smartphone gemachte Fotos von der Kanzlei ein. Die Postings könnte auch ein Mit­ar­bei­ter schreiben, der sich dafür interessiert und Lust am Kommunizieren hat. Doch klare Richt­linien sollte die Kanzlei schon erarbeiten.

DATEV magazin: Aufgefallen sind mir zum einen die Testimonials zufriedener Mandanten auf Ihrer Website und zum anderen auf ­Ihrer Facebook-Seite das Foto Ihrer Tastatur mit dem Post-it Ihrer Mitarbeiter, wo jemand draufgeschrieben hat, dass es schön ist, dass Sie wieder von der CeBIT zurück sind. Das kommt sehr sympathisch rüber.

EVELYN OETTINGER: Ja, weil ich mich selbst darüber gefreut habe, habe ich davon gleich ein Foto gemacht und dies ins Netz gestellt. Das macht den Reiz von Facebook und Co. aus. Ich kann die Kanzlei von ihrer menschlichen Seite darstellen. Das Fachliche interessiert die Mandanten ohnehin kaum, nicht einmal die Mitarbeiter, die ihre Infos ohnehin auf anderen Kanälen und Wegen erhalten. Wenn ich meinen Kunden bei seiner eigenen Personalsuche unterstütze, kommt das bei ihm gut an.

DATEV magazin: Ist denn Facebook auch für ältere Berufskollegen geeignet?

EVELYN OETTINGER: Ich meine, ja. Wer keine Lust dazu hat, selbst zu schreiben, der kann dies an jemanden aus seiner Kanzlei delegieren.

DATEV magazin: Frau Oettinger, vielen Dank für das spannende Gespräch.

Video: Kommunikation im Wandel

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Soziale Medien wie Facebook, Twitter und XING werden immer wichtiger – auch für Berater. Sie dienen der Mitarbeitergewinnung als auch der Mandantenaquise, weiß Steuerberaterin Evelyn Oettinger. Sie nutzt soziale Netzwerke sehr aktiv.

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Zu den Autoren

Evelyn Oettinger

Steuerberaterin in Haan. Ihre Kanz­lei betreut kleine und mitt­lere Unter­nehmen, Exis­tenz­gründer und Pri­vat­personen.
Referentin des CHEF-Seminars „Tatort Kasse“.

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Udo Reuß

Freier Steuer- und Wirtschaftsredakteur, www.udoreuss.de

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