Öffentliche Einrichtungen - 25. September 2014

Was prüfen wir heute?

Die Besonderheiten der Prüfung der öffentlichen Hand sind wesentlich von ihren Handlungsfeldern und ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Umfeld geprägt.

Die Umstellung der öffentlichen Haushalte von der Kameralistik auf die Doppik mit Beschluss der Innenministerkonferenz im Juni 1999 schuf die Grundlage für die Einführung der doppelten Buch­füh­rung und die res­sour­cen­orien­tier­te Darstellung in den Gebietskörperschaften. Die Umsetzung der Reform des kommunalen Haushaltsrechts unterlag allerdings den Bundesländern, und folglich unterscheiden sich heute die Vorschriften und die Aus­ge­stal­tun­gen der einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses von Bundesland zu Bundesland. 15 Jahre später ist die Umstellung immer noch nicht in allen Bundesländern vollzogen, und viele Kommunen sind noch nicht auf dem aktuellen Stand der Jahresabschlüsse.
Die Prüfung des Jahresabschlusses ist Aufgabe des jeweiligen Rech­nungs­prü­fungs­am­tes beziehungsweise der äquivalenten Instanz, welche den Landkreisen oder Gemeinden zugeordnet ist. In den meisten Bundesländern ist es den Rechnungsprüfungsämtern möglich, Dritte zur Prüfung hinzuziehen. Diese Aufgaben können dann beispielsweise Wirtschaftsprüfer übernehmen. In Anlehnung an § 264 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) ist es Ziel der Jahresabschlussprüfung festzustellen, ob der Abschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wiedergibt. Grundlage sind neben den gesetzlichen Vorschriften auch die ergänzenden Satzungen und sonstigen ortsrechtlichen Bestimmungen. Im Allgemeinen sind die Buchführung, die Inventur, das Inventar und die Übersicht über örtlich festgelegte Nutzungsdauern der Vermögensgegenstände in die Prüfung einzubeziehen. Abhängig von der jeweiligen Gesetzgebung der Bundesländer sind die Gegenstände der Prüfung allerdings unterschiedlich präzise formuliert. Grundsätzlich sind Bilanz oder Vermögensrechnung, Ergebnisrechnung, Finanzrechnung, weitere Anhangsangaben beziehungsweise Anlagen und der Lage- oder Rechenschaftsbericht Mindestbestandteile des Jahresabschlusses.
In vielen Ländern sind jedoch mit der Prüfung des Jahresabschlusses weitere Aufgaben verbunden, die sich aus den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ergeben. Dazu gehört beispielsweise die Ordnungsmäßigkeit der Haushaltswirtschaft.
Die kommunalen Bilanzvorschriften sind in allen Bundesländern im Grundsatz stark an das Handelsrecht angelehnt, sodass es auf den ersten Blick kaum Differenzen zu geben scheint. Dennoch ist die Prüfung einer Kommune oder einer öffentlichen Einrichtung immer mit Besonderheiten gegenüber einer Prüfung eines handelsrechtlichen Unternehmens verbunden.

Wirtschaftliches und rechtliches Umfeld

Zunächst ist das Handlungsfeld der öffentlichen Hand ein grundlegend anderes als das der meisten privatrechtlichen Gesellschaften. Gebietskörperschaften übernehmen zum großen Teil hoheitliche Aufgaben, die sie durch das Grundgesetz und andere gesetzliche Grundlagen zugewiesen bekommen. Beispiele für derartige Aufgaben sind Ordnungsrecht und Meldewesen. Darüber hinaus müssen sich Gebietskörperschaften allerdings auch um die Abwasserbeseitigung, Schulverwaltung, Kindergärten und kulturellen Einrichtungen sowie die Sport- und Jugendvereine kümmern. Dieses vielfältige Auf­ga­ben­spek­trum hat wesentliche Auswirkungen auf die kom­mu­na­le Aufwands- und Ertragsstruktur. Im Rahmen einer Jahresabschlussprüfung hat sich die Prüfung mit diesen Themenfeldern im Rahmen des wirtschaftlichen und rechtlichen Umfelds zu beschäftigen, um ordnungsmäßige Prüfungsleistungen zu erbringen.
Daneben ist die Ertragslage der Gebietskörperschaft stark von der wirtschaftlichen Lage der Region und des Landes geprägt. Die Steuern stellen einen wesentlichen Ertragsposten der Kommune dar. Hierbei handelt es sich vor allem um die Gewerbesteuer, die abhängig von der Konjunktur und der Ertragslage der angesiedelten Unternehmen ist.
Gebietskörperschaften haben sich aber generell heute auch mit unter­schied­lichs­ten Chancen und Risiken zu befassen, die Auswirkungen auf die Jahresabschlussprüfung haben. Dies sind zum einen der demografische Wandel, der zu hohen Abwanderungen in den Kommunen führt und somit Leerstand und eine starke Alterung der Bevölkerung verursacht, zum anderen aber auch die starke Überschuldung, die heute schon viele Kommunen trifft und ihre Handlungsfähigkeit einschränkt. Zusammen sind Bund, Länder und Kommunen heute mit über zwei Billionen Euro verschuldet. Im Rahmen der Lageberichts- beziehungsweise Rechenschaftsberichtsprüfung haben die Thematiken einen besonderen Stellenwert.

Aufwands- und Ertragsstruktur

Grundsätzlich kann die Gebietskörperschaft für ihre Leistungen öffentlich-recht­li­che oder privatrechtliche Leistungsentgelte erheben. Zur Deckung ihrer Aufwendungen reicht dies in den meisten Fällen aber nicht aus. Daher stehen den Gemeinden sowohl Steuererträge als auch Zuwendungen von Land und Bund zu. Diese Transfererträge, also Erträge ohne Gegenleistungen, bringen diverse Ab­gren­zungs- und Zu­rech­nungs­prob­le­me mit sich. Prüfungen des Internen Kontrollsystems, beispielsweise im Bereich der Steuerveranlagung und -vereinnahmung, sind vorzunehmen, um die sogenannten Prüfungsrisiken zu minimieren. Diese Prozessaufnahme schließt dann nicht nur die Veranlagung mit ein, sondern umfasst auch das gesamte For­de­rungs­ma­na­ge­ment. Auch bei Forderungen kann die Ausfallquote relevant sein, sodass beispielsweise eine effektive Vollstreckung seitens der Kommune gefragt ist. Auf der Aufwandsseite ist die Ergebnisrechnung zu einem großen Teil ebenfalls von Transferaufwendungen geprägt. Diese beinhalten unter anderem Zuwendungen an bestimmte Einrichtungen, Kreisumlagen, Gewerbesteuerumlagen an das Land oder Leistungen an Sozialhifeempfänger. Auch das Prüffeld Personal spielt eine wichtige Rolle. Gerade durch die Beschäftigung von Beamten entstehen zusätzlich Pensionsaufwendungen in nicht unerheblichen Maßen. Diese sind bilanziell in Form von Pensionsrückstellungen abzubilden. Durch den hohen Anteil an Anlagevermögen in der gemeindlichen Bilanz entstehen außerdem vermehrte Fragestellungen zu Aktivierungen und Abschreibungen.

Finanzausgleichsmechanismus

Wie bereits erwähnt, erhalten die Kommunen zu einem großen Teil Zuwendungen vom Land. Neben dem horizontalen Finanzausgleich, der Beteiligung der Kommunen an den Steuererträgen des Landes, gibt es auch den vertikalen Finanzausgleich. Die Gesetzgebung des Landes ist darauf ausgerichtet, die Mittel im Land möglichst gerecht zu verteilen. Dazu gibt es verschiedene Maßnahmen, wie beispielsweise die Einheitslastenabrechnung, den Stärkungspakt sowie die Solidaritätsumlage, bei denen die Kommunen sich untereinander unterstützen und somit einige Kommunen Zahler und andere Empfänger der Mittel sind. Diese Mechanismen sind zum großen Teil in den Finanzausgleichs- und Gemeindefinanzierungsgesetzen geregelt. Daher ist die kommunale Ertrags- und Aufwandsstruktur stark von der Entwicklung dieser Gesetze abhängig.

Prüfung der ordnungsmäßigen Haushaltswirtschaft

In vielen Bundesländern ist mit der Jahresabschlussprüfung die Prüfung der Haushaltswirtschaft verbunden. Ähnlich wie die Prüfung nach § 53 des Haushaltsgrundsätzegesetz sind ent­sprechende Prüfungshandlungen vorzunehmen. Dabei geht es vor allen Dingen um die in den gemeindlichen Vorschriften kodifizierten Haushaltsbewirtschaftungsgrundsätze. Haupt­be­stand­teile der Haushaltswirtschaft sind die Erstellung einer Haushaltssatzung und eines Haus­halts­plans, die Organisation und Durchführung der Verwaltungsaufgaben sowie die Abrechnung nach den vorgegebenen Strukturen und Kriterien. Diese Aufgaben müssen ordnungsmäßig ausgeführt werden. Dies bedeutet, dass sie zum einen rechtskonform und zum anderen zweckmäßig ausgeübt werden müssen.

Fazit

Die Prüfung der öffentlichen Hand stellt besondere Anforderungen an den Abschlussprüfer. Obwohl sich die eigentlichen Prüfungsleistungen nur unwesentlich unterscheiden, beeinflussen Handlungsfelder sowie das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld den Jahresabschluss vieler Gebietskörperschaften im wesentlichen Maße. Der Prüfer dieser Abschlüsse muss in jedem Fall Kenntnisse über die Rahmenbedingungen haben, um die Ertrags- und Aufwandsstruktur sowie diverse Sachverhalte beurteilen zu können. Darüber hinaus erweitert sich die Prüfung häufig um die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Haushaltswirtschaft.

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Zum Autor

Andreas Jürgens

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer der Concunia Wirtschaftsprüfungsgesell­schaft/­Steu­erberatungs­ge­sell­schaft, Münster. Schwerpunkte sind die Prüfung und Beratung von öffentlichen Ver­wal­tun­gen und deren Unternehmen.

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