Das Recht der Geschmacksmuster - 25. September 2014

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Gestaltungen ästhetischer Natur sind vom Patent- und Gebrauchsmusterschutz ausgenommen. Hier hilft das neue Designrecht und sein europäisches Pendant, die anstelle des bisherigen Geschmacksmustergesetzes zur Anwendung kommen.

Zum Jahresanfang trat das Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (DesignG) in Kraft. Es hat das bisherige Geschmacksmustergesetz abgelöst. Dies ist Anlass, um die Rechte am Design vorzustellen, wie sie durch das DesignG und dessen europäische Schwester, die Ge­mein­schafts­ge­schmacks­mus­ter­ve­rord­nung (RL 98/71 EG/GGV),
gewährt werden.  Hierzu betrachten wir zunächst das nachfolgende Fallbeispiel.

Ausgangsfall

Ein Mandant und Entwerfer berichtet seinem Berater, dass er eine neue Geschäftsidee hat, nämlich die Produktion und den Verkauf neuartiger Terrassenöfen. Er habe bereits einen Prototypen entwickelt, der sich hinsichtlich seines Designs von allen bislang bekannten Öfen unterscheidet. Er befürchte aber, dass bei seinem Auftauchen auf dem Markt sofort Nachahmer die Gestaltung übernehmen. Der Berater empfiehlt, vor Beginn der Produktion und von Vertriebsmaßnahmen die Eintragung eines Designs zu prüfen.

Das Geschmacksmuster

Bereits ein neues prä­gendes Merkmal kann zu einem Schutz als Design führen.

Das geschützte Design (Geschmacksmuster) ist die zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich ins­be­son­dere aus den Merkmalen der Linien, Kon­tu­ren, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt, soweit es neu ist und Eigenart hat.
Neu ist ein Design, wenn vor der Anmeldung oder bei einem nicht eingetragenen Design vor der erstmaligen Präsentation in der Öffentlichkeit kein identisches oder sich nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheidendes Geschmacksmuster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Das Design wird mit dem vorbekannten Formenschatz verglichen. Bereits ein neues prägendes Merkmal kann zu einem Schutz als Design führen.
Eigenart weist ein Design auf, wenn sich der Gesamteindruck bei einem informierten Benutzer von dem Gesamteindruck anderer Designs oder Geschmacksmuster unterscheidet, und zwar vor dem Prioritätstag. Der Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers wird dabei berücksichtigt. Von einer Eigenart spricht man dann, wenn sich die Gestaltung von dem vorbekannten Formenschatz abhebt, also anders ist. Ein bestimmter Grad ist dabei nicht erforderlich.

Potenzielle Schutzgüter

Als Design können grundsätzlich alle nicht technisch oder durch den Gebrauchszweck bedingte Gestaltungen von Gebrauchsgegenständen geschützt werden, wenn sich der Gesamteindruck der Gestaltung von anderen bekannten gleichartigen Erzeugnissen unterscheidet. Dem Schutz können also unterfallen: Elektro- und Küchengeräte, Haushaltsgegenstände, Bürogeräte, Maschinen, Fahrzeuge, Modeerzeugnisse und Teile davon.
Der Berater wird in unserem Fallbeispiel daher dem Entwerfer empfehlen, ein Designrecht zu erwerben, bevor er die Produktions- und Vertriebsmöglichkeiten weiter auslotet.

Verfahren

Das europäische Geschmacksmuster kann als eingetragenes oder als nicht eingetragenes Geschmacksmuster erworben werden. Das deutsche Designrecht kann nur durch Eintragung erworben werden.
Es kommt darauf an, dass die Neuheit und die Eigenart beim einzutragenden Geschmacksmuster beziehungsweise beim Design am Tag der Anmeldung beim Europäischen Harmonisierungsamt (HABM) oder beim Deutschen Patentamt (DPMA) oder am Tag der ersten öffentlichen Vorstellung bei nicht eingetragenen europäischen Geschmacksmustern vorliegen.
Zwar kann eine Anmeldung noch innerhalb von zwölf Monaten nach der Präsentation des Designs durch den Entwerfer erfolgen, ohne dass die eigene Entwicklung neuheitsschädlich ist, aber fremde identische Entwicklungen könnten den eigenen Schutz unterlaufen beziehungsweise von anderen, deren Entwicklung in der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden.
Die Folge solch fremder identischer Entwicklungen oder Veröffentlichungen wäre, dass kein Schutz für die eigene Entwicklung bestünde.  Zwar könnten die Entwicklungen auf bestimmten Messen präsentiert werden, wenn die Anmeldung innerhalb von sechs Monaten erfolgt, aber auch da besteht das Risiko, dass Nachahmer sich durch eine rasche Produktion ein Vor­be­nut­zungs­recht verschaffen.
In unserem Fall wird der Berater weiterhin fragen, ob sein Mandant ein großes Risiko der schnellen Nachahmung seiner Entwicklung oder nur einen sehr kurzen zeitlichen Erfolg sieht und auf welchen Märkten er sich eine Chance für den Vertrieb seines Terrassenofens erhofft.

Das nicht eingetragene Geschmacksmuster

Bestehen keine großen Risiken der schnellen Nachahmung oder erwartet der Mandant, dass seine Entwicklung, wie in der Mode, nur eine Saison lang besondere Früchte trägt, könnte er sich mit einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster zufriedengeben. Dieses nicht eingetragene Geschmacksmuster schützt aber nur gegen den vorsätzlichen Nachbau, nicht jedoch gegen unbewusste Nachahmungen oder Parallelentwicklungen. In jedem Fall ist eine be­weis­si­che­re Dokumentation der Veröffentlichung erforderlich, um den Tag, an dem die Ent­wick­lung erstmals der Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, festzuhalten. Bei der Prüfung der Schutzfähigkeit werden nur Gestaltungen berücksichtigt, die an diesem Tag den in der Eu­ro­pä­ischen Gemeinschaft in dem betreffenden Fachkreis Tätigen bekannt sein konnten. Der Schutz des nicht eingetragenen Geschmacksmusters endet drei Jahre nach der erstmaligen Veröffentlichung. Das Design oder das Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird auch durch Entwicklungen, die parallel erfolgten, verletzt. Der Schutz dauert zunächst fünf Jahre und kann bis zu 25 Jahre verlängert werden.

Das deutsche Design

Will der Entwerfer zuerst am deutschen Markt starten und dann in anderen Ländern aktiv werden, kann er zunächst ein deutsches Design beantragen und spätestens nach sechs Monaten den Schutz durch die Beantragung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters auf Europa ausdehnen sowie durch eine weitere internationale Anmeldung innerhalb der sechs Monate ab dem An­mel­de­tag den Schutz auf alle wesentlichen Länder erstrecken.
In unserem Fall wird der Berater seinen Mandanten bitten, aussagekräftige Fotos oder Zeich­nun­gen seines Terrassenofens für die Anmeldung zur Verfügung zu stellen.

Rechte der Design-Inhaber

Inhaber des Designs oder des Geschmacksmusters ist der Entwerfer oder dessen Rechtsnachfolger, also beispielsweise der Unternehmer, der den Entwerfer oder Mitarbeiter mit der Entwicklung beauftragt hat.Das Design (Geschmacksmuster) gewährt dem Inhaber das alleinige Recht, das Design zu benutzen und anderen die Benutzung zu verbieten. Das schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr sowie die Ausfuhr beziehungsweise die Benutzung eines Erzeugnisses ein, in dem das Design aufgenommen wurde.
Bei einem Verstoß gegen seine Rechte kann der Entwerfer unter anderem Unterlassung – dies auch im Wege der einstweiligen Verfügung – und ferner Schadensersatz, Vernichtung und weitere Ansprüche geltend machen. Entscheidend kommt es dabei auf die im Register eingetragene Abbildung des Designs an. Nur und allein solche Erzeugnisse verstoßen gegen das Design, die keinen anderen Gesamteindruck erwecken, als er durch die eingetragenen Merkmale her­vor­ge­ru­fen wird. Die Kunst der Anmeldung besteht darin, das neue prägende Merkmal in der Abbildung deutlich erkennbar zu machen.

Rechte des Anspruchgegner

Ein möglicher Verletzer kann, wie jedermann sonst auch, beantragen, das Design oder das Geschmacksmuster für nichtig zu erklären, weil das Design oder Geschmacksmuster nicht neu war und/oder weil es keine Eigenart aufweist. Er kann aber auch behaupten, dass er die Nutzung im privaten, nicht gewerblichen Umfeld vorgenommen habe oder dass er nur zu Versuchszwecken handelte.

Mehrfachanmeldungen

Hat der Entwerfer mehrere Entwicklungen geschaffen, die er gleichzeitig als Design anmelden will, so kann er bis zu 100 Designs zu einer Anmeldung beim DPMA und/oder HABM zu­sam­men­fas­sen und auch später wieder teilen. Voraussetzung dafür ist nur, dass die Ge­gen­stän­de der Entwicklung einer Klasse der internationalen Klassifikation, also derselben Wa­ren­gruppe, angehören.

Schutz ohne Bekanntgabe

Falls der Entwerfer seine Entwicklung zwar schützen, aber noch nicht bekannt geben will, muss er dies bei der Registeranmeldung beantragen. Normalerweise wird die Eintragung des Designs oder des Geschmacksmusters in das Register anschließend bekannt gemacht. Mit der Anmeldung kann aber beantragt werden, dass die Bekanntmachung einer Wiedergabe des Designs oder des Geschmacksmusters um bis zu 30 Monate ab dem Anmeldetag hinausgeschoben wird. Damit kann zwar der Schutz in Anspruch genommen werden, aber die konkrete Gestaltung des betroffenen Designs beziehungsweise des Geschmacksmusters bleibt vorläufig noch im Dunkeln.

Alternatives Schutzrecht

Wurde die Eintragung eines Designs versäumt oder unterlassen, so kann der Schutz in vielen Fällen auch auf der Grundlage des Urheberrechts erreicht werden, da nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 13.11.2013, Az. I ZR 143/12) auch Werke der angewandten Kunst, also Gebrauchsgegenstände, geschützt sein können, wenn sie eine künstlerische Leistung darstellen, ohne die Durchschnittsgestaltung deutlich zu überragen.

Zum Autor

Prof. Dr. Peter Lutz

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Partner bei SNP | Schlawien Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer in München. Er berät und vertritt vorwiegend Mandanten im Marken- und Wettbewerbsrecht sowie Urheber- und Designrecht.

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