Attraktiver Arbeitgeber - 28. August 2014

Profil schärfen

In der gesamten Republik herrscht Fachkräftemangel. Vor allem Kanzleien kämpfen nicht nur um die besten Köpfe, sondern um Bewerber überhaupt. Markus Meister arbeitet mit Kanzleien an ihrer Arbeitgebermarke und hilft ihnen, am Markt wettbewerbsfähig zu sein.

DATEV magazin: Viele Kanzleien haben derzeit Schwierigkeiten, geeignete Bewerber zu finden. Warum ist das so schwer?

MARKUS MEISTER: Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Der demografische Wandel macht auch vor Steuerberatern nicht halt. Viele bekommen das schmerzhaft zu spüren, wenn sie auf ihre Stellenausschreibung nur sehr wenige oder gar keine Bewerbungen erhalten. Das ist mittlerweile keine Ausnahme mehr, sondern wird viele Kanzleien in den nächsten Jahren beschäftigen.

DATEV magazin: Müssen sich Kanzleien künftig darauf einstellen, keine Bewerbungen mehr zu erhalten?

MARKUS MEISTER: Das ist eine sehr resignierende Interpretation. Wichtiger aus meiner Sicht ist es aber, dass sich Kanzleien auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellen. Sie können nicht mehr davon ausgehen, Personal auf die gleiche Art und Weise wie in den vergangenen Jahrzehnten zu finden. Dass Fachkräfte mittlerweile begehrt sind und sich nicht mehr in ein Heer von vielen Arbeitssuchenden einreihen, ist ihnen bewusst. Daher treten sie auch selbstbewusster im Bewerbungsprozess auf und haben klare Vorstellungen davon, wie ihr künftiger Arbeitgeber aussehen und was er ihnen bieten soll.

DATEV magazin: Wie sollten Kanzleien darauf reagieren?

MARKUS MEISTER: Die Kanzleien sollten sich auf diese Veränderungen bestmöglich einstellen. Hierbei geht es nicht nur um neue Wege des Personalmarketings, es ist vielmehr ein ganzheitlicher Ansatz, der verfolgt werden sollte. Vor dem Hintergrund der Diskussion überrascht mich zum Beispiel, dass die Neuabschlüsse der Ausbildungsverträge der Steuerfachangestellten von 1993 bis 2010 um etwa 40 Prozent zurückgegangen sind.

DATEV magazin: Es reicht also nicht aus, eine schöne Anzeige zu schalten und auf viele Bewerbungen zu warten?

MARKUS MEISTER: Die Außendarstellung ist immer nur eine Seite und die sollte man richtig beleuchten. Ich rate immer, nach außen nichts zu versprechen, was nicht auch gehalten werden kann. Es ist wichtig, dem Bewerber klar aufzuzeigen, wie das Arbeiten in der Kanzlei ist. Die Attraktivität als Arbeitgeber entsteht immer von innen nach außen. Wenn in der Kanzlei ein gutes Arbeitsklima herrscht, die Mitarbeiter eigenverantwortlich arbeiten und das gesamte Umfeld stimmt, werden Bewerber auch leichter davon überzeugt sein.

DATEV magazin: Gibt es Unterschiede, beispielsweise zwischen Stadt und Land, zwischen kleinen und großen Kanzleien?

MARKUS MEISTER: Natürlich ist es ein Unterschied, ob ich in einer großen oder in einer kleinen Kanzlei arbeite. Es ist auch ein Unterschied, ob ich in München oder in den bayerischen Voralpen arbeite. Daher müssen auch die Bemühungen der Kanzleien um Bewerber, je nach Standort und Kanzleigröße, anders ausfallen. Dennoch ist festzuhalten, dass einige Kanzleien, auch im selben Umfeld, leichter Personal finden als andere.

DATEV magazin: Woran liegt das?

MARKUS MEISTER: Es fällt deutlich auf, dass Kanzleien, die leichter Personal bekommen, sich mit dem Thema Arbeitgeberattraktivität aktiv beschäftigt haben. Das heißt, diese Kanzleien haben das Thema als Erfolgsfaktor für sich identifiziert und machen sich Gedanken darüber, welche Mitarbeiter zu ihnen passen und wie sie diese für sich gewinnen können.

Ich muss mich in den Bewerber hineinversetzen und für mich die Frage beantworten, warum soll ich in meiner Kanzlei arbeiten und nicht in der nebenan.

DATEV magazin: Welche ersten Schritte können Kanzleien gehen?

MARKUS MEISTER: Ich muss mich einmal in den Bewerber hineinversetzen und für mich die Frage beantworten, warum soll ich in meiner Kanzlei arbeiten und nicht in der Kanzlei nebenan. Auf den ersten Blick sehen viele Kanzleien gleich aus. Wenn ich mich mit der Frage aber intensiv beschäftige, zeigen sich schnell Unterschiede. So kann ich beispielsweise in der einen Kanzlei eigenständig die mir zugeordneten Mandanten betreuen, in der anderen Kanzlei bin ich nur für einen kleinen und festgelegten Bereich zuständig. Wichtig ist auch immer das Führungsverhalten der Kanzleileitung. Wie viel Vertrauen und wie viele Freiräume gestehe ich meinen Mitarbeitern zu? Wie arbeite ich selbst als Führungskraft und schaffe ich es, meine Mitarbeiter für meine eigene Kanzlei zu begeistern?

DATEV magazin: Das heißt, wenn ich eine gut aufgestellte Kanzlei habe, brauche ich mir um Bewerber keine Sorgen zu machen?

MARKUS MEISTER: Dann ist schon viel geschafft. Dennoch sollte das, was gut läuft, auch nach außen wirken. Denn die potenziellen Bewerber kennen die Kanzlei und ihre Kultur unter Umständen nicht, noch nicht einmal vom Hörensagen. Gerade wenn Kanzleien erfahrene Mitarbeiter suchen, muss ihnen bewusst sein, dass zum Beispiel ein Steuerfachwirt mit aktuellem IT-Know-how und profundem Wissen über Steuergesetze nicht an der nächsten Straßenecke steht und auf einen neuen Arbeitgeber wartet. Vielmehr wird er in einer anderen Stadt, in einer anderen Kanzlei oder in einem Industrieunternehmen tätig sein. Möglicherweise sucht dieser Kandidat bereits seit Monaten einen neuen Job. Die Wechselgründe können sehr vielschichtig sein. Vielleicht kann er sich beim jetzigen Arbeitgeber beruflich nicht weiterentwickeln oder das Arbeitsklima ist schlecht, der Weg zur Arbeit zu weit, der Wunsch nach einer örtlichen Veränderung groß. Deshalb ist es so wichtig, dass der potenzielle Bewerber erst einmal auf seinen möglichen künftigen Arbeitgeber aufmerksam wird. Dann wird er auch nähere Erkundigungen einholen. Denn er wird sich fragen, ob gerade diese Kanzlei der richtige Arbeitgeber für ihn ist. Verbessert er sich oder kommt er vom Regen in die Traufe? Damit darüber erst gar keine Unsicherheit entsteht, sollte im Außenauftritt der Kanzlei schon ganz klar ein geschärftes Profil zu erkennen sein.

DATEV magazin: Wie entscheidend ist die Gehaltshöhe?

MARKUS MEISTER: Viele Untersuchungen zeigen, dass das Gehalt nur ein Kriterium von vielen weiteren ist. Oftmals wird gesagt, dass die Gehaltshöhe nur kurzfristig motivierend wirkt. Sicherlich ist es entscheidend, was monatlich aufs Konto kommt, aber eben nicht nur. Die Entscheidung für einen Arbeitgeber hängt von vielen Faktoren ab. Allerdings entscheidet das Gesamtbild einer Kanzlei über deren Attraktivität. Wie begehrt ein Arbeitgeber für den Jobsuchenden gerade ist, wird natürlich auch von seinen aktuellen Lebensumständen beeinflusst. Zahlt er gerade den Kredit für sein Eigenheim ab, hat ein sicherer Arbeitsplatz eine andere Bedeutung als für einen Bewerber, der gerade seine erste Stelle nach dem Studium antritt. Beide Seiten müssen sich finden und zueinander passen. Attraktivität liegt daher auch immer im Auge des Betrachters.

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Wenn auch Sie Ihre Arbeitgebermarke entwickeln wollen, lassen Sie sich beraten www.datev.de/consulting | Personal

Weitere Informationen und Unterstützungsmaterial zum Thema „Die Kanzlei als Arbeitgeber“ finden Sie unter www.datev.de/arbeitgeber-stb

Auch in der IT-Branche ist ein Fachkräftemangel zu verzeichnen. Daher hat DATEV viel Wert auf den Aufbau einer Arbeitgebermarke gelegt.

Vieles ist dabei auch auf Kanzleien anwendbar: ­ go.datev.de/arbeitgebermarke

Hier spricht auch Prof. Kathrin Möslein im Video darüber, wie sich die demografische Entwicklung künftig auf den Arbeitsmarkt ­auswirken wird und wie Arbeitgeber darauf reagieren können.

Zur Autorin

Claudia Eichinger

Kommunikationsreferentin bei DATEV

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