Wechsel im Vorstand - 26. Juni 2014

Stabübergabe

Zum 1. Juli 2014 über­nimmt Dr. Peter Krug die Leitung der Produkt­ent­wicklung bei DATEV. Er wird damit zum Nach­folger von Wolfgang Stegmann, der 18 Jahre diese Position innehatte.

DATEV magazin: Herr Dr. Krug, Sie übernehmen von Herrn Stegmann den Stab. Wie fühlen Sie sich dabei?

Dr. Peter Krug: Das ist eine Mischung aus Freude und Respekt. Freude, weil mir das Vertrauen entgegengebracht wurde – Respekt, weil ich sehr wohl weiß, welche herausfordernden Aufgaben mich in den nächsten Jahren erwarten.

DATEV magazin: Sie standen fünf Jahre an der Spitze des Außendienstes. Waren also immer sehr nah am Kunden. Was – meinen Sie – erwarten die Kunden jetzt von Ihnen?

Dr. Peter Krug: Beim Begriff „die Kunden“ sehen Sie mich schmunzeln. Wir haben eine extreme Bandbreite unterschiedlichster Kundenbedürfnisse und bedienen diese heute in der Regel mit drei Standardprodukten: compact, classic und comfort. Leider lassen sich unsere Kunden nicht so ohne Weiteres in diese drei Kategorien einteilen. Was aber alle Kundengruppen gemeinsam haben, ist der Wunsch nach performanten, (möglichst) fehlerfreien, stabilen und intuitiven Lösungen.
Wenn wir also Veränderungen in Form von neuen Versionen in die Kanzleien oder zu den Unternehmen bringen, sollten diese ziemlich schnell erkennbaren Mehrwert bringen. Neben den gesetzlichen Anpassungen sind das spürbar schnellere Bearbeitungszeiten.
Damit meine ich nicht nur das Thema Performance der Software. Mühsames Suchen von Funktionen, unklare Handlungsanweisungen in den Hilfemedien oder unterschiedliche Begrifflichkeiten für identische Sachverhalte wirken extrem hinderlich und bremsen das Bearbeitungstempo. Es sind oft gar nicht bestimmte fehlende Funktionen, sondern die vielen kleinen Stolperfallen in der täglichen Arbeit.
Der Wunsch, solche Stolperfallen zu beseitigen und damit die Bearbeitungsgeschwindigkeit und die Zufriedenheit zu erhöhen, begegnet mir in den letzten Monaten wohl am häufigsten in allen Kundenschichten. Wenn wir hier nur zehn Prozent besser werden, steigt automatisch auch die Erreichbarkeit im Service wieder an.

DATEV magazin: Helfen Ihnen die Erfahrungen, die Sie im Vertrieb gewonnen haben, in der Produktentwicklung?

Dr. Peter Krug: Natürlich! Der erneute Wechsel dieser beiden Perspektiven ist so ziemlich das Spannendste, was ich je erleben durfte. Vieles, was auch ich früher als Entwickler für besonders wichtig hielt, bewertet der Markt völlig anders.
Ein neues Thema oder eine neue Funktion in mehreren Stufen zu entwickeln und freizugeben, führt beispielsweise dazu, dass Tausende von Anwendern Prozesse mehrfach neu lernen müssen. Entwickelt man hingegen die Lösung von Anfang an möglichst „rund“ und testet dies bei den unterschiedlichen Nutzergruppen ausreichend lange, bedeutet das zwar eine viel spätere Freigabe, aber es schafft Zufriedenheit, weil die Anwender sich nicht permanent mit den Änderungen der zweiten oder dritten Stufe auseinandersetzen müssen.
Bei den Produkten der Leistungserbringung, also Steuern, Fibu, Jahresabschluss oder Lohn, wird das aufgrund der gesetzlichen Änderungsgeschwindigkeit nicht immer möglich sein. Aber bei neuen Themen oder der Eigenorganisation ist das deutlich anders.
Der Kundeneinbezug in frühen Entwicklungsphasen ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Nachträgliches Nachbessern ist aufwendig und teuer. Deshalb sind künftig Vertreter aller Nutzergruppen sehr früh in die jeweiligen Konzeptionsphasen einzubinden. Die Besonderheiten größerer Kanzleien und größerer Unternehmen kamen in der Vergangenheit manchmal etwas zu kurz. Das müssen wir ändern, ohne die übrigen zu vernachlässigen.

DATEV magazin: Die DATEV-Produktwelt ist sehr stark gewachsen. 280 Produkte zeugen von der Komplexität der heutigen Ent­wick­lungs­land­schaft. Welche Heraus­forde­rungen sehen Sie in den nächsten Jahren in der Programmentwicklung?

Dr. Peter Krug: Zunächst einmal drücken 280 Produkte auch eine sehr große Funktionsbreite aus. Als Vollsortimenter decken wir nahezu alle Bereiche ab und erfüllen so unseren Genossenschaftsauftrag. Aber das ist natürlich auch mit Abstand die größte Herausforderung. „Komplexitätsreduzierung“ ist das Zauberwort. Nur leider gibt es keine Musterlösung dafür, wie man das erreicht.
In den letzten Jahren haben wir uns bei unseren Lösungen zu oft von einem „Sowohl-als-auch“, statt einem „Entweder-oder“ treiben lassen. Statt sich auf einfache und klare Benutzerführungen zu konzentrieren und diese zu standardisieren, haben wir eine Fülle an Optionen geschaffen, damit jeder Anwender seinen optimalen Weg findet. Prinzipiell ist das positiv, nur irgendwann kippt diese gute Absicht. Jede zusätzliche Option verhindert schlanke und schnelle Lösungen. Das Problem ist, wenn diese Optionen erst mal existieren, bekommen Sie sie schlecht wieder weg. Wenn wir über Produktbereinigungen sprechen und unser Angebot straffen wollen, erleben Sie immer wieder das Phänomen, dass der höchste Beliebtheitsgrad eines Produkts kurz vor seiner Ablösung ist. Das war beim Umstieg von DOS auf Windows so und auch beim Umstieg von Windows auf die Pro-Linie. Und heute, im Zeitalter des Buchens mit digitalen Belegen, kämpfen wir damit, ein Produkt wie NESY vom Markt zu nehmen. Hier müssen wir alle gemeinsam konsequenter werden. Entscheiden heißt verzichten!

DATEV magazin: Gibt es weitere Einflussfaktoren?

Dr. Peter Krug: Die Abhängigkeit von Komponenten anderer Hersteller und deren Release-Politik ist wohl die größte Herausforderung für die gesamte IT-Welt. Nicht mehr unterstützte Microsoft-Versionen beispielsweise zwingen Software-Hersteller auf der ganzen Welt dazu, ihre Software anzupassen und sich an die Release-Zyklen anzupassen. Alles selbst zu machen, um sich davon zu befreien, ist aber auch keine realistische Lösung. Betriebssystem, Office, Security-Komponenten, Druckertreiber oder veraltete und unsichere Programmierumgebungen sind Beiwerk des Geschäfts, dem sich alle stellen müssen.
Viele dieser Einflussfaktoren sind ein Zeitgeist- und kein DATEV-Thema. An den anderen werden wir konsequent arbeiten. Weil die IT-Welt immer komplexer wird, ist es umso wichtiger, bei Bedarf Ressourcen flexibel einsetzen zu können, um reaktionsfähig zu sein – und die Prioritäten richtig zu setzen, um sich nicht zu verzetteln.

Fast zwei Jahrzehnte den Wandel mitgeprägt

 

18 Jahre der fast 50-jährigen Geschichte der DATEV gestaltete Wolfgang Stegmann als Vorstand mit. Ende Juni ist der Steuerberater und Diplom-Kaufmann nun aus dem Unternehmen ausgeschieden. In seiner Amtszeit verantwortete Stegmann den Übergang der DOS-Produktpalette zu Windows bis hin zu den Pro-Produkten, den Einstieg in die Internet- (später Cloud-)Welt sowie die Entwicklung der ersten mobilen Anwendungen – von der Diskette über die CD und die DVD bis hin zur Auslieferung über das World Wide Web.
Im Verlauf der 18 Jahre entwickelte sich das Unter­nehmen vom Anbieter von Produkten und Dienst­leis­tungen für Steuer­be­rater hin zu einem Anbieter auch für Rechts­an­wälte und Wirt­schafts­prüfer sowie Unter­nehmen und Kommunen. Als Verantwortlicher des Ge­schäfts­felds Wirt­schafts­prüfung (WP) knüpfte Wolfgang Stegmann viel­fältige Kontakte zu nationalen und inter­nationalen WP-Berufs­organi­sa­tionen. Die Betreuung der Kunden­gruppen im oberen Kunden­segment, ins­be­sondere mit WP-Produkten, führte ihn in viele Regionen und auf viele Kontinente der Erde. So konnte er die Idee DATEV einem internationalen Publikum vorstellen. Neben diesen Veränderungen der Märkte war seine Amtszeit auch von starken technologischen Wandlungen geprägt. Der Anstieg von rund 80 Produkten mit einer relativ eingeschränkten Funktionalität bis hin zu heute über 280 Produkten gibt einen Einblick in die Komplexität der heutigen Ent­wick­lungs­land­schaft. Der Umzug in den DATEV IT-Campus 111, der unter der Regie von Wolfgang Stegmann begann, trägt auch der immer stärker werdenden Integration der Produktwelten Rechnung.
Ganz zieht sich Wolfgang Stegmann nicht auf das „Altenteil“ zurück. Er wird Jungunternehmern bei ihrem Start helfen und sein Wissen als „Business-Angel“ anbieten. Schon viele Jahrzehnte liegen Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung Wolfgang Stegmann sehr am Herzen. Insbesondere im Bereich der Datenanalyse und der mathematisch-statistischen Stichprobenverfahren will er sich intensiv einsetzen, damit diese Berufsgruppen in Sachen Effizienz Fortschritte erzielen. Wenn es seine Zeit zulässt, widmet er sich im Ruhestand natürlich auch seinen vielfältigen privaten Interessen wie dem Reisen oder Golfen, was in den letzten Jahren etwas zu kurz gekommen ist. Für Golfer: Das einstellige HCP ist derzeit nicht Ziel von Wolfgang Stegmann.

Zum Autor

HF
Herbert Fritschka

Redaktion DATEV magazin

Weitere Artikel des Autors