Insolvenz­fremd­anträge - 20. Dezember 2013

Forderungen begleichen

Sind sämtliche gericht­liche und außer­gericht­liche Möglichkeiten, wie Mahnung, Mahn- und Voll­streckungs­bescheid oder Pfändung eines Unter­nehmens zur Reali­sierung von Forde­rungen aus­ge­schöpft, bleibt nur noch der Insolvenz­fremd­antrag.

Die Insolvenzordnung (InsO) legt die Rechtsgrundlagen für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens fest. Demnach ist zum einen Ziel des Verfahrens, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem sein Vermögen verwendet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Zum anderen dient das Verfahren dem Zweck, dem redlichen Schuldner die Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.
Der Insolvenzantrag eines Gläubigers ist dann zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und in seiner Forderung der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht wird. Ist der Antrag zulässig, so ist das Insolvenzgericht verpflichtet, den Schuldner zu hören.

Eröffnung des Verfahrens

Das Insolvenzrecht kennt drei Gründe für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens:

a) drohende Zahlungsunfähigkeit
b) Zahlungsunfähigkeit
c) Überschuldung

Ob dieser finale Weg eingeschlagen werden sollte, sollten Unternehmer immer gewissenhaft prüfen, denn das Insolvenzverfahren kann zur Liquidation des schuldnerischen Unternehmens führen und oft ist es auch unwahrscheinlich, dass die gesamte Forderung realisiert werden kann, da auch noch andere Gläubiger befriedigt werden müssen. Und selbst im Falle einer Fortführung des Unternehmens ist mit Forderungs­abschlägen zu rechnen.
Ein sorgfältig vorbereiteter Insolvenzantrag gegen den Schuldner kann allerdings auch die positive Wirkung haben, dass der Schuldner zum Zwecke der Abwendung des Verfahrens doch noch zahlt. Das ist sogar ein nicht unübliches Verhalten schwarzer Schafe.

Berufsgläubiger

In der Praxis stellen sogenannte Berufsgläubiger, wie etwa Sozialversicherungsträger, Krankenkassen, Finanzämter und Berufsgenossenschaften, häufig sehr zeitnah einen Insolvenzfremdantrag, wenn das Schuldnerunternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt.
Berufsgläubiger genießen immer noch einen inoffiziellen Sonderstatus, trotz diverser Bemühungen in den letzten Jahren, die Rechtsformen zu ändern. Jedenfalls stellt sich bei ihnen die Forderungsbeitreibung wesentlich unkomplizierter dar als bei anderen Gläubigern: Kommt ein Schuldner mit mehr als zwei Monatsbeiträgen in Verzug, wird sofort gemahnt, zwangsvollstreckt und gegebenenfalls Insolvenzfremdantrag gestellt. Da der Schuldner gesetzlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet ist, sind Bemühungen, diesen Vollzug zu stoppen, in der Regel nicht sonderlich vielversprechend bis nahezu aussichtslos.
Zu erwähnen ist, dass Berufsgläubiger diese Sonderstellung vor einigen Jahren noch übertrieben häufig als Druckmittel nutzten.

Rücknahme des Insolvenzantrags

Nur ein Ausgleich der offenen Beiträge wird Berufs­gläubiger dazu bewegen, ihren In­sol­venz­fremd­antrag zurück­zu­ziehen.

Aktuelle Statistiken zeigen zwar, dass auf­fällig früh­zeitige Insolvenz­fremd­anträge durch Berufs­gläubiger in den letzten Jahren rück­läufig sind, gleich­wohl wird derartige Gläubiger nur ein Ausgleich der offenen Beiträge dazu bewegen, den Insol­venz­antrag zurück­zu­nehmen bzw. für erledigt zu erklären.
Dies aber auch aus­schließlich beim ersten Mal. Denn gemäß § 14 InsO wird der In­sol­venz­antrag nach Forderungs­­ausgleich nicht un­zulässig, wenn bereits im Zeitraum von zwei Jahren vor Antrag­stellung ein früherer In­sol­venz­fremd­antrag über das Vermögen des Schuldners gestellt wurde.

Rückforderung geleisteter Zahlungen

Berufsgläubiger würden aber auch so schon keinen zweiten Antrag für erledigt erklären, gleichwohl die Forderung bedient wurde. Denn sie werden – wie die anderen Gläubiger auch – schon aus Selbstschutz in derartigen Fällen einen neutralen Gutachter befürworten. Denn, selbst wenn eine Zahlung bereits im Vorfeld geleistet worden ist, muss das noch lange kein Beleg für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners sein.
Hat der Schuldner seine Außenstände allerdings lediglich umverteilt und kommt es kurz darauf dann dennoch zu einem Insolvenzverfahren, kann der zu diesem Zeitpunkt eingesetzte Insolvenzverwalter die bereits geleisteten Zahlungen gegebenenfalls auch von einem Berufsgläubiger in Form der Anfechtung gemäß § 130 InsO ff. zurückfordern.

Fazit

Mit einem Gläubiger aus Lieferung und Leistung wird immer wesentlich einfacher über einen Ausgleich bestehender Schulden verhandelt werden können. Außerdem stehen einem solchen Schuldner verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die drohende Eröffnung des Insolvenzverfahrens zumindest zu verzögern (Widerspruch, Aufrechnung, Vergleich).
Diese Möglichkeiten existieren in dieser Form bei den Verhandlungen mit Berufsgläubigern in der Regel nicht. Daher sollte man Berufsgläubiger weiterhin bevorzugt behandeln, auch wenn ihnen offiziell keine Sonderstellung in Form der alten Konkursordnung mehr zugesprochen wird.

Zum Autor

Thomas Uppenbrink

Ge­schäfts­führer der Thomas Uppen­brink & Collegen GmbH in ­Hagen. Schwer­punkt seiner Tätig­keit ist die Unter­nehmens­sanierung und -re­struk­tu­rierung mit dem Ziel, In­sol­venzen zu ver­meiden. Seit 1990 ist er in den Bereichen Sanierung und Restrukturierung tätig sowie spezialisiert auf Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung.

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