Der Anwaltsmediator - 19. August 2013

Es geht auch ohne Richter

Aufgrund seiner Erfahrung und Vorbildung kann der Anwalt mit entsprechender Mediationsausbildung eine gute Empfehlung sein. Das sagt Dr. Hans Leitermeier, Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus Nürnberg.

DATEV magazin: Warum muss sich jetzt auch der klassische Anwalt mit dem Thema Mediation befassen?

Dr. Hans Leitermeier: Aufgrund der Neufassung des § 253 Abs. 3 Nr. 1 Zivilprozessordnung hat nun auch der überwiegend als Prozessanwalt tätige Kollege in seiner Klageschrift anzugeben, ob er vor Klageerhebung den Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung unternommen hat bzw. ob Gründe vorlagen, die einem solchen Verfahren entgegenstanden.

DATEV magazin: Die Norm ist aber doch eine reine Soll-Vorschrift?

Dr. Hans Leitermeier: Trotzdem dürfte in Zukunft eine nur floskelhafte Behandlung der Vorschrift nicht ausreichen. Und das ist gut so. Die im Konflikt befindlichen Parteien sind jetzt dazu angehalten, über andere Möglichkeiten der Konfliktlösung nachzudenken, anstatt einen nervenaufreibenden, zeitintensiven sowie kostspieligen Prozess anzufangen, dessen Ausgang zudem ungewiss ist und dessen Urteil von den Parteien in vielen Fällen alles andere als zufriedenstellend empfunden wird.

DATEV magazin: Der Anwalt als Konfliktmanager?

Dr. Hans Leitermeier: Man soll zumindest versuchen, den Konflikt auf alternativem Wege zu lösen, anstatt in einem streitigen Verfahren. Das erfordert sowohl ein Umdenken als auch ein Dazulernen. Der klassische Prozessanwalt muss sich mit dem Verfahren der Mediation vertraut machen und sich die hierzu erforderlichen Kenntnisse zumindest überschlagartig aneignen.

DATEV magazin: Was spricht für den Anwalt als Mediator?

Dr. Hans Leitermeier: Er hat Übung im juristischen Denken. Das fördert allgemein die Fähigkeit, Probleme zu strukturieren und darzustellen. Für eine Mediation ist das wichtig, sodass der Anwalt hier bereits über Ausbildungsvorteile gegenüber anderen Fachrichtungen verfügt.

DATEV magazin: Neben der Rechts- ist auch eine Feldkompetenz gefragt, was ist damit gemeint?

Dr. Hans Leitermeier: Rechtskompetenz besitzt der Anwalt aufgrund seiner Ausbildung. Unter Feldkompetenz versteht man das Wissen um die leitenden Vorstellungen, Denkweisen, Prinzipien sowie Zielsetzungen auf dem jeweiligen Gebiet, auf dem man sich bewegt. Daher muss der Anwalt die Vorteile, Risiken, aber auch die Praxis der Mediation kennen.

Gefragt sind auch die praktische Erfahrung sowie das Geschick bei der Lösung von Konfliktfällen.

DATEV magazin: Bloßes Verständnis allein reicht also nicht aus?

Dr. Hans Leitermeier: Nein, von zentraler Bedeutung ist die Methodik der Mediation, insbesondere deren Ablauf, die einzelnen Phasen sowie die konkrete Vorgehensweise. Allerdings kommt es nicht nur auf die Beherrschung einer formalen Technik an. Gefragt sind auch die praktische Erfahrung sowie das Geschick bei der Lösung von Konfliktfällen. Schließlich sind noch rechtliche Aspekte wie etwa der Mediationsvertrag oder die Kosten zu berücksichtigen.

DATEV magazin: Das scheint eine umfassende theoretische, aber auch praktische Ausbildung vorauszusetzen.

Dr. Hans Leitermeier: Der Anwalt muss sich intensiv mit den genannten Techniken und Methoden vertraut machen. Dabei ist entscheidend, die eigene Verhandlungstechnik zu verbessern und die Fähigkeit zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu steigern. Des Weiteren muss der Mandant beraten werden, ob für diesen eine Mediation überhaupt sinnvoll oder möglich ist.

DATEV magazin: Die rechtlichen Einsatzfelder sind jedenfalls vielschichtig?

Dr. Hans Leitermeier: Die Mediation bietet – Stand heute – schon auf diversen Gebieten Einsatz­möglich­keiten. Neben dem Wirtschafts- und Arbeitsrecht kommen für den Anwalt vor allem das Familien- und Gesellschaftsrecht, hier das Recht der Unternehmensnachfolge, sowie das Erbrecht in Betracht.

DATEV magazin: Ist die Vorbefangenheit ein Problem?

Dr. Hans Leitermeier: War der Anwalt in derselben Sache bereits für eine Mediationspartei tätig, muss er den Auftrag ablehnen. Anderenfalls verstößt er gegen den Grundsatz der Allparteilichkeit sowie gegen § 3 Abs. 2 Mediationsgesetz. Das gilt vor allem für den klassischen Hausanwalt, den langjährigen Rechtsberater einer Partei oder Familie. Weniger problematisch ist in diesem Zusammenhang der Kollege, der in der Vergangenheit mit einzelnen Fällen betraut wurde.

DATEV magazin: Bereitet der Abschluss der Mediationsvereinbarung weniger Schwierigkeiten?

Dr. Hans Leitermeier: Beinahe jede Mediation benötigt zu ihrem Abschluss eine Vereinbarung unter den Medianden. Diese kann der Anwalts­mediator all­parteilich formulieren, selbst wenn jede Partei von einem Anwalt begleitet wird. Der Anwalts­mediator hat in diesem Abschnitt des Ver­fahrens erhebliche Ver­ständnis­vor­teile gegenüber Nicht-Anwalts­mediatoren, weil er aufgrund seiner Rechts­kenntnisse auch bei Streitig­keiten um die richtige Mediations­vereinbarung mediatorisch wirken kann.

DATEV magazin: Was empfehlen Sie dem Kollegen, der sich erstmals, aber ausführlich mit dem Thema Mediation befassen will?

Dr. Hans Leitermeier: Die Lektüre der mittlerweile schon vielfältigen Literatur zu dieser Thematik. Ein guter Einstieg ist in jedem Fall das kürzlich im C.H. Beck Verlag in der Reihe NJW-Praxis erschienene Handbuch von Schmidt/Lapp/Monßen mit dem Titel „Mediation in der Praxis des Anwalts“.

Zu den Autoren

Dr. Hans Leitermeier

Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Nürnberg. Nach erfolgreich absolvierter Mediationsausbildung beabsichtigt er nunmehr ausschließlich als Mediator tätig zu sein.

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Robert Brütting

Rechtsanwalt in Nürnberg und Fachjournalist Recht sowie Redakteur beim DATEV magazin

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