Beschäftigungsdatenschutz - 15. April 2013

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Kaum ein Bereich des Unternehmensalltags ist derzeit so umstritten wie die Frage, was Arbeitgeber mit personenbezogenen Daten ihrer Mitarbeiter tun dürfen und was nicht.

Gerade ist zum wiederholten Male der Anlauf des Gesetzgebers gescheitert, durch ein umfassendes Regelwerk für Klarheit zu sorgen. Ein Ende Januar kurzfristig auf der Tagesordnung des Bundestages stehender Entwurf für eine Ergänzung des Bundesdatenschutzgesetzes hat die Bundesregierung nach heftiger Kritik von Unternehmer- und Gewerkschaftsseite ebenso rasch wieder zurückgezogen. Damit bleibt es dabei, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einer schwammigen Gesetzeslage und oft widersprüchlichen Aussagen der Gerichte herumschlagen müssen.

Erlaubnis oder Einwilligung

An sich gilt für den Datenschutz im Arbeitsverhältnis das gleiche Grundprinzip wie auch sonst im Datenschutzrecht: Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, wenn dies durch die Einwilligung des Betroffenen oder durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist. Allerdings ist gerade die Einwilligung im Arbeitsverhältnis meist keine tragfähige Grundlage. Da der Arbeitnehmer sich oft in einer faktischen Zwangssituation befindet, wenn er von seinem Vorgesetzten um Zustimmung zur Datenverarbeitung gebeten wird, steht die gesetzlich geforderte Freiwilligkeit und damit auch die Wirksamkeit der Einwilligung infrage.

Betriebsvereinbarungen

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah vor, die Zulässigkeit der Einwilligung im Arbeitsverhältnis auf einige besonders geregelte Ausnahmefälle zu beschränken. Angesichts dieser Unsicherheiten sollten Unternehmen die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten nur dann auf die Einwilligung der Betroffenen stützen, wenn eine Zwangslage der betroffenen Arbeitnehmer sicher ausgeschlossen werden kann. Vielfach ist der Umgang mit Mitarbeiterdaten Gegenstand von Betriebsvereinbarungen mit dem Betriebsrat. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich bei Betriebsvereinbarungen um Rechtsvorschriften im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes, die eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Datenverwendung bilden können. Umstritten ist seit jeher, ob und in welchem Umfang Betriebsvereinbarungen zulasten der Arbeitnehmer von den gesetzlichen Datenschutzstandards abweichen dürfen. Der jüngste Gesetzentwurf der Bundesregierung wollte dies ausdrücklich ausschließen. Für die Praxis empfiehlt es sich, Betriebsvereinbarungen als Instrument zur Konkretisierung der Regelungen der Datenschutzgesetze für die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens einzusetzen. Zur Aushebelung oder Umgehung von gesetzlichen Datenschutzstandards eignen sich Betriebsvereinbarungen allerdings nicht.

Gesetzlich erlaubte Datenverarbeitung

Unzulässig sind
Fragen, die den
höchst persönlichen
Lebensbereich
betreffen und/
oder diskriminierend
sind.

§ 32 BDSG erlaubt die Verwendung personenbezogener Daten, wenn das für die Begründung oder Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Der Arbeitgeber darf also nach dem Gesetz die Daten seiner Mitarbeiter erheben, verarbeiten und nutzen, um seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, etwa Gehaltszahlungen, Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen usw., nachzukommen und seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer durchzusetzen. Von Bewerbern darf der Arbeitgeber die Informationen erfragen, die er benötigt, um sich ein Bild von deren beruflicher Qualifikation und fachlicher Eignung zu machen. Unzulässig sind demgegenüber Fragen, die den höchst persönlichen Lebensbereich betreffen und/oder besonders diskriminierend sind, wie insbesondere Angaben zur rassischen oder ethnischen Herkunft, zu politischen, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.

Zugriff auf E-Mail-Accounts

Ein Dauerbrenner in der anwaltlichen Beratung ist die Frage, ob ein Zugriff des Arbeitgebers auf die E-Mail-Accounts der Mitarbeiter zulässig ist. Probleme treten hier insbesondere dann auf, wenn – wie in den meisten Unternehmen üblich – die Arbeitnehmer ihre dienstlichen E-Mail-Zugänge auch privat nutzen dürfen. Für das Unternehmen ergibt sich die Notwendigkeit, den E-Mail-Account eines Mitarbeiters einzusehen, etwa dann, wenn der Mitarbeiter erkrankt ist und dringende Kundenanfragen bearbeitet werden müssen. Heikler noch sind Fälle, in denen der Verdacht besteht, dass ausscheidende Mitarbeiter Betriebsgeheimnisse über ihren E-Mail-Account versenden, oder in denen die Unternehmenskorrespondenz geprüft werden muss, um Kartell- oder Korruptionsvorwürfen nachzugehen. Die Rechtslage ist hier weitgehend ungeklärt bis hin zu der Frage, ob der Arbeitgeber sich beim Zugriff auf privat genutzte E-Mail-Konten möglicherweise wegen einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses strafbar macht. Schon deshalb ist es für jedes Unternehmen ein Muss, die E-Mail-Nutzung durch den Arbeitnehmer sowie die Kontroll- und Zugriffsbefugnisse des Arbeitgebers klar und eindeutig – gegebenenfalls im Rahmen einer Betriebsvereinbarung – zu regeln. Dabei ist den Mitarbeitern unbedingt eine strikte und klar erkennbare Trennung privater und dienstlicher E-Mails vorzuschreiben.

Zulässigkeit von Videoüberwachung

Besonders umstritten war in dem inzwischen wieder auf Eis liegenden Gesetzgebungsverfahren die Frage des Einsatzes von optischen Beobachtungssystemen am Arbeitsplatz. Die Koalition wollte den Einsatz von Videokameras in Unternehmen ausdrücklich regeln und hat gerade damit heftige Proteste sowohl des Arbeitnehmer- als auch des Arbeitgeberlagers auf sich gezogen. Nach dem zumindest vorläufigen Scheitern der Reformbemühungen bleibt es bei der bisherigen Rechtslage, die allerdings mit vielen Unsicherheiten behaftet ist: Die aktuelle Fassung des Bundesdatenschutzgesetzes erlaubt in § 6 b den Einsatz von Videotechnik unter anderem zur Wahrung des Hausrechts in öffentlich zugänglichen Räumen, also zum Beispiel in Ladengeschäften oder anderen Betrieben mit Kundenverkehr. Die Beobachtungstechnik darf aber nicht zur (Dauer-) Überwachung der Arbeitnehmer eingesetzt werden. Kameras dürfen also nicht gezielt auf die Arbeitsplätze etwa von Kassiererinnen ausgerichtet werden.

Offene Videoüberwachung

Außerdem muss auf die Tatsache der Videoüberwachung durch entsprechende Schilder deutlich hingewiesen werden. Zum Einsatz von Videotechnik in nicht öffentlich zugänglichen Betriebsräumen sagt das Gesetz derzeit nichts. Die Rechtsprechung ist hier sehr restriktiv. Der Arbeitgeber muss, will er Videotechnik einsetzen, ein besonderes Sicherheitsinteresse nachweisen. Außerdem darf es weder zu einer (gefühlten) Dauerbeobachtung von Arbeitsplätzen noch zu einer Leistungskontrolle der Arbeitnehmer kommen. Die Eingänge zu Pausenräumen und erst recht die Umkleide- und Sanitäreinrichtungen sind für den Einsatz von Videokameras tabu.

Verdeckte Videoüberwachung

Den verdeckten Einsatz von Videokameras erlauben die Gerichte nur unter äußerst strengen Voraussetzungen als letztes Mittel, wenn sich ein konkreter Verdacht auf Straftaten oder schwere Pflichtverletzungen gegen einzelne Mitarbeiter anders nicht aufklären lässt. Auch in solchen Konstellationen sind Maßnahmen vorzusehen, um die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu sichern, etwa durch die Hinzuziehung des Betriebsrats. Auch hier gilt: Klare innerbetriebliche Regelungen zum Einsatz von Videoüberwachung schaffen im Ernstfall Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

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Zum Autor

Dr. Christian Hamann

Rechtsanwalt und Counsel bei Gleiss Lutz in Berlin. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsverwaltungsrecht, insbesondere im öffentlichen Bau- und Planungsrecht, im Umwelt- sowie im Datenschutzrecht.

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