Websites & Onlineshops 2.0 - 15. April 2013

Grenzenlos shoppen

Wer seine wirtschaftlichen Aktivitäten im Internet auf andere europäische Staaten ausdehnen will, muss eine Reihe von Besonderheiten beachten.

Der Frühjahrsbericht des Consumer Conditions Scoreboard aus dem Jahr 2011 setzte sich mit den Interessen der Konsumenten im gemeinsamen Binnenmarkt auseinander. Wie die Studie der EU-Kommission zeigt, haben sowohl Unternehmen als auch Konsumenten den Online-Handel inzwischen akzeptiert – und sie profitieren auch davon. Allerdings hat der Handel über die Landesgrenzen hinaus noch nicht die erforderliche Akzeptanz gefunden. So haben 2010 lediglich 30 Prozent der Verbraucher im Internet grenzüberschreitend eingekauft. Dass E-Commerce nur in den heimischen Märkten kontinuierlich anstieg, hatte vielschichtige Gründe. Beim grenzüberschreitenden Online-Handel überwog oft die Angst der Verbraucher vor fehlerhafter oder ausbleibender Lieferung, aber auch vor den Konsequenzen bei auftretenden Problemen. Wie die Studie zeigt, fallen derartige Beweggründe aber kaum mehr ins Gewicht, wenn erst einmal die Angstschwelle überschritten ist.

Aktive Verbraucherpolitik

Daher bestehen insbesondere für die Händler große Expansionschancen und weitergehende Gewinnmöglichkeiten. Deutschland ist mit 59 Prozent der Verkäufe über das Internet im europäischen Vergleich bereits weit oben angesiedelt. Vor diesem Hintergrund wird die Marktentwicklung nun speziell auch von der EU gefördert. „Die Europäer sollen nicht vom grenzüberschreitenden Kauf abgehalten werden dadurch, dass sie denken, dass sie ihre Rechte nicht richtig wahrnehmen können. Daher brauchen wir eine aktive Verbraucherpolitik, um den Verbrauchern das Vertrauen zu geben, vollständig am Binnenmarkt teilzunehmen“, wie EU-Kommissionspräsident José Barroso ausführte.

Anwendung ausländischen Rechts

Die für die Mitgliedstaaten beschlossene Harmonisierung der Vorschriften über das Widerrufsrecht hilft nur bedingt.

Hinsichtlich des eigenen Internetauftritts auf nationaler (heimischer) Ebene sind die Händler inzwischen mehrheitlich gut informiert. Sie kennen die einschlägigen Rechtsvorschriften für Webseiten, Onlineshops und über das Internet abgeschlossene Verträge (Datenschutz, Impressum, Regelungen in den AGB, Widerrufsbelehrungen usw.) und die damit verbundenen Gefahren. In den allerwenigsten Fällen jedoch haben sie auch konkrete Kenntnis von den entsprechenden rechtlichen Regelungen, die in anderen Ländern zwingend einzuhalten sind. Ohne jegliches Problem- beziehungsweise Gefahrenbewusstsein wird auf Händlerseite oft noch nicht einmal in Erwägung gezogen, dass im Ausland möglicherweise ganz andere gesetzliche Vorgaben einzuhalten sind.
Die zwischenzeitlich für die europäischen Mitgliedstaaten beschlossene Harmonisierung der Vorschriften über die Verbraucherrechte hilft nur bedingt. Zwar gibt es nun einheitliche Regelungen, die bis 13. Dezember 2013 in das jeweilige nationale Recht umzusetzen sind, aber davon betroffen ist nur ein Teil der Vorschriften (zum Beispiel Widerrufsrecht und Informationspflichten), die im Fernabsatzrecht anzuwenden sind.

Top-Level-Domain

In den seltensten Fällen reicht eine herkömmliche Webseite aus. Auch genügt es nicht, die bisherigen Inhalte nur zu übersetzen und komplett auf eine ausländische Homepage zu übernehmen. Vielmehr sollte man für die Länder, in denen man seine Produkte vertreiben will, eine gesonderte Webseite unter der jeweiligen Top-Level-Domain einrichten. Das erleichtert den Kunden den grenzüberschreitenden Einkauf, da infolge der landesspezifischen Domain-Endung tatsächliche Hemmnisse abgebaut und subjektive Hemmschwellen überwunden werden.
Als Top-Level-Domain (TLD) bezeichnet man die erste Ebene einer Internetadresse von rechts nach links gelesen; im Falle von www.mustermann.de ist die TLD „.de“. Dabei unterscheidet man zwischen generischen (beschreibenden) und länderspezifischen TLDs. Zu den generischen TLDs zählen etwa „.com“ (als Abkürzung für „commercial“), „.net“ oder „.org“. Beispiele für länderspezifische TLDs sind „.de“ (Deutschland), „.es“ (Spanien) oder „.fr“ (Frankreich).

Haftungsfallen

Auch sollte man bedenken, dass bestimmte Waren in manchen Staaten vom Verkauf ausgeschlossen sind. Nicht alle Produkte, die man in Deutschland vertreiben darf, können etwa auch in Frankreich verkauft werden und umgekehrt. Um sich spätere, teils hohe Bußgelder zu ersparen, empfiehlt es sich, die jeweiligen Länderwebseiten im Voraus juristisch, insbesondere auf Datenschutz, Impressum und AGB hin, zu überprüfen. Das setzt allerdings genaue Kenntnisse der landesspezifischen Vorschriften voraus. Im Zweifel sollte daher ein entsprechend fachlich qualifizierter Rechtsbeistand aufgesucht werden.

Zur Autorin

Claudia Martini

Rechtsanwältin in der Kanzlei WAGNER Rechtsanwälte webvocat, Saarbrücken. Sie berät Firmen bei Online-Auftritten. Ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist das IT-Recht (Domain-, Datenschutz- sowie
Telekommunikationsrecht).

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