Patente, Marken und Urheberrechte - 14. März 2013

Wohlstandsfaktor unserer Gesellschaft

Der Schutz geistigen Eigentums ist in Deutschland besonders hoch entwickelt. Durch die digitale Informationstechnologie wird dieser Schutz jedoch herausgefordert. Wie reagiert darauf der Gesetzgeber?

Das geistige Eigentum ist durch Artikel 14 des Grundgesetzes geschützt. Es schützt damit den Urheber wie auch den Inhaber von Patent- und Markenrechten. Nach geistigen Gütern, gleich welcher Art, besteht in unserer informationsgesteuerten Gesellschaft eine hohe Nachfrage – sei es für den Konsum, wobei vor allem das Urheberrecht betroffen ist, oder um neue, andere Werke herzustellen.
Geistige Schöpfungen und technische Erfindungen sind Wohlstandsfaktoren der modernen Gesellschaft. Zwischen Nutzer und Schöpfer stehen – oft mehrere – Vermittler mit ganz eigenen Interessen. Das bislang austarierte System wird durch die Informationstechnologie in vielfältiger Weise herausgefordert. In diesem vielschichtigen Interessengeflecht muss der Gesetzgeber Wertentscheidungen treffen. Dabei muss er ausgewogen die Interessen von Ur­hebern, Vermittlern und Nutzern in Einklang bringen.

Schrittweiser Prozess

Es gibt keine schlichten Antworten auf komplexe Fragen. Weder darf der Gesetzgeber zulassen, dass das Urheberrecht faktisch abgeschafft wird und freibeuterische Fantasien aus der Internet-Urzeit Realität werden. Der Gesetzgeber darf aber auch nicht ausschließlich in Kategorien der Repression denken, wenn man Urheberrechtsverletzungen dauerhaft in den Griff bekommen will. Extrempositionen in Fragen des Urheberrechts setzen sich nicht durch.
Das Bundesjustizministerium hat deshalb wiederholt Gespräche mit Vertretern der unterschiedlichen Interessengruppen geführt. Zuletzt wurden die teils sehr kontroversen Meinungen beim „Zukunftsforum Urheberrecht“ in einem offenen Austausch ventiliert. Es hat sich gezeigt: Derzeit ist es nicht möglich, das Urheberrecht komplett umzustrukturieren. Vielmehr werden die Herausforderungen der digitalen Welt durch einen schrittweisen Prozess beantwortet.

Das Urheberrecht muss angepasst werden, aber schrittweise, nicht mit einem Paukenschlag.

Kein Anlass für Kulturpessimismus

Die neuesten Zahlen der Musikindustrie zeigen, dass es auch im Internet möglich ist, mit guten Inhalten und durchdachten Angeboten Geld zu verdienen. Die – legalen – Downloads von Songs und Alben sind demnach um 22,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Internetnutzer sind nicht samt und sonders einer gewissenlosen Gratismentalität verfallen – sie können durch gute Angebote zu fairen Preisen verführt werden.
Ich sehe keinen Anlass für Kulturpessimismus. Das Schutzniveau für geistiges Eigentum in Deutschland ist hoch. Es ist in der Vergangenheit zum Schutz von Urheberrechten, Marken und Patenten mehrfach angehoben worden. Zugleich eröffnen uns die neuen Technologien neue Möglichkeiten der Werknutzung. Deshalb wird künftig die Nutzung verwaister Werke vereinfacht.

Schrittweise Anpassung

Das Urheberrecht muss angepasst werden, aber schrittweise, nicht mit einem Paukenschlag. Dabei kann eine Anpassung zugunsten von Rechteinhabern geboten sein, wenn ein fairer Interessenausgleich anders nicht möglich scheint. So hatte die Koalition das Bundesjustizministerium damit beauftragt, einen Gesetzentwurf für ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage zu erarbeiten.
Die nun entwickelte Regelung ist schlank und betrifft nur Anbieter von Suchmaschinen und Aggregatoren – also Dienste, die systematisch auf Presseinhalte zugreifen, um das eigene Angebot attraktiver zu gestalten.

Unseriöse Praktiken bekämpfen

Die Schaffung eines Auskunftsanspruchs gegen Unbeteiligte etwa hat zu einem Auswuchs an unseriösen anwaltlichen Abmahnungen geführt. Damit wird ein in unserer Rechtsordnung an sich fest etabliertes Rechtsinstrument zum Dukatenesel degradiert. Das schadet auch der Akzeptanz des Urheberrechts. Hier wird die Koalition zum Schutz der Verbraucher gegensteuern müssen. Mit dem Gesetzentwurf gegen unseriöse Geschäftspraktiken liegt ein guter Vorschlag auf dem Tisch.
Die Einbeziehung von Dritten in die Bekämpfung von Piraterie ist allerdings nicht auf den Auskunftsanspruch beschränkt. Immer wieder wird gefordert, dass andere Vermittler, unter anderem Anbieter von Internetzugängen, in die Jagd nach Raubkopierern eingespannt werden. Ich habe das stets abgelehnt.
Gerade hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil betont, wie fundamental wichtig der Internetzugang ist. Der Staat soll demnach den Bürgern helfen, Schadenersatzansprüche wegen fehlenden Internetzugangs durchzusetzen – und ihm nicht diesen entscheidenden Zugang als Bestrafung für illegale Downloads kappen oder drosseln, wie es sich die Kreativindustrie wünscht, zumal diese sogenannten Warnhinweismodelle auch auf eine Überwachung des Internetverkehrs hinauslaufen.

Patentreform

Auch das Geschmacks­muster­recht soll an die praktischen Bedürfnisse des Design­schutzes angepasst werden.

Wenn man genau hinsieht, so ist auch das Patentrecht gezeichnet von technischem Fortschritt und dem Bedürfnis der Konsumenten nach immer leistungsfähigerer Technik. Der internationale Wettbewerb ist hart. Deshalb ist es so wichtig, dass die europäische Patentreform nun nach 40 Jahren intensiver Gespräche beschlossen ist. Teure Übersetzungen und Regis­trierungen in verschiedenen Ländern sind nun überflüssig. Streitigkeiten können nun für alle beteiligten Staaten einheitlich geklärt werden durch ein Verfahren vor dem europäischen Patentgericht. Das ist gut für Europa.
Profitieren werden aber auch mittelständische Unternehmen in Deutschland. Denn die vielen innovativen kleinen und mittleren Unternehmen Deutschlands können nun erschwinglich und unbürokratisch europaweite Patente anmelden.
Auf nationaler Ebene ist es wichtig, dass das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) personell vernünftig ausgestattet ist. Mit der Patentrechtsnovelle wird das Verfahren vor dem DPMA flexibler und kostengünstiger gestaltet. Die Neuregelung ermöglicht außerdem den leichteren elektronischen Zugang zu Patenten.
Das Bundesjustizministerium hat damit unmittelbar auf praktische Erfordernisse und Vorschläge aus der Wirtschaft reagiert. Auch das Geschmacksmusterrecht soll den praktischen Bedürfnissen des Designschutzes angepasst werden.

Fazit

Das Recht am geistigen Eigentum ist durch die digitale Revolution und eine technisierte Generation von einem Rechtsgebiet für Spezialisten zu einem hochpolitischen Breitenthema aufgerückt. Es ist eines der großen Rechtsgebiete und bestimmt darüber, wer welche Information besitzen, nutzen und verteilen darf. Es wirft in der Informationsgesellschaft naturgemäß ebenso viele Fragen auf wie etwa das Datenschutzrecht.
Die Fragen nach dem Schutz des geistigen Eigentums lassen sich daher nicht eindimensional beantworten, sondern nur in Abwägung mit dem Recht auf Information der Bürgerinnen und Bürger und den Bedürfnissen der Wissensgesellschaft.

Zur Autorin

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Die FDP-Politikerin ist seit 2009 Bundesministerin der Justiz. Dieses Amt übte sie auch schon von 1992 bis 1996 aus.
Nach ihrem Jurastudium in Göttingen und Bielefeld und dem zweiten Staatsexamen war sie zunächst beim Deutschen Patentamt in München tätig, bevor sie 1990 in den Deutschen Bundestag gewählt wurde.
Sie gehört dem Freiburger Kreis und damit dem linksliberalen Flügel ihrer Partei an. Seit 13 Jahren ist sie auch Landesvorsitzende der FDP in Bayern.

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